Dass auch auf Leipziger Stadtgebiet Landwirtschaft nicht mehr so betrieben werden kann wie bisher, das haben die trockenen und heißen Jahre seit 2018 deutlich gezeigt. Weshalb der Stadtrat die Verwaltung im Jahr 2020 beauftragte, ein neues Vergabeverfahren für die landwirtschaftlichen Flächen der Stadt zu entwickeln, in dem Interessenten mit ökologischen und regionalen Konzepten bevorzugt werden. Das Liegenschaftsamt hat das Konzept jetzt vorgelegt.
„Seit 2019 gibt es zahlreiche Anträge zur Förderung der Biolandwirtschaft im Stadtgebiet von Leipzig. Nach verwaltungsseitiger Prüfung und Abstimmung zu den gestellten Anträgen wurde unter Bezugnahme auf die in den Anträgen enthaltenen und zusätzlicher Themen die Erarbeitung einer Gesamtkonzeption unter dem Titel ‚Landwirtschaft im Stadtgebiet von Leipzig‘ vorgeschlagen. Die Beschlussfassung hierzu erfolgte in der Ratsversammlung am 22.01.2020“, geht das Liegenschaftsamt auf die gestellte Aufgabe ein, die schon im Vorfeld – wie es scheint – eine Menge Arbeit machte.
Denn die Kriterien sollten ja nachvollziehbar sein und möglichen Interessenten einen Leitfaden geben, welche Art Landwirtschaft in Leipzig besonders erwünscht ist. So gibt es für Betriebe mit ökologischer Wirtschaftsweise ebenso mehr Bewertungspunkte wie für „Solidarische, ökologische Landwirtschaft“, die Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auf allen Flächen und die regionale Vermarktung der Produkte.
Sorge um die Bodenfruchtbarkeit
Besonders berücksichtigt wird auch eine Sorge aus der SPD-Fraktion, die den zunehmenden Verlust der Bodenfruchtbarkeit zum Thema hatte.
Eine Sorge, die das Liegenschaftsamt im Juni versuchte zu entkräften, als es der SPD-Fraktion auf Nachfrage antwortete: „Die Beurteilungen von materiellen und ökologischen Wertverlusten sind auf der derzeitigen Datengrundlage nicht darstellbar bzw. messbar. Grundsätzlich wird von einer ordnungsgemäßen Flächenbewirtschaftung der Vertragspartner, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und Cross Compliance Regelungen, ausgegangen. Dies beinhaltet auch, dass mit den genannten gepachteten Landwirtschaftsflächen sorgsam umgegangen wird.
Es sollte jedoch damit gerechnet werden, dass während der nur um 1 Jahr verlängerten Vertragslaufzeit keine kostenintensiven und langfristig angelegten Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit durch die Pächter durchgeführt werden. Somit können materielle und ökologische Wertverluste grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.
Für die Einschätzung und Auswertung der Bodenzusammensetzung und Bodenfruchtbarkeit fehlt derzeitig ein flächendeckendes Monitoringverfahren der verpachteten Landwirtschaftsflächen, bei welchem bspw. zu Beginn der Verpachtung und in regelmäßigen Abständen relevante Bodenkennwerte und Mineralstoffgehalte erfasst, dokumentiert und ausgewertet werden können. Ein entsprechendes Monitoringverfahren soll im Rahmen der Neuvergabe von landwirtschaftlichen Nutzflächen im Eigentum der Stadt Leipzig etabliert werden.“
Diese Durchführung einer Bodenuntersuchung zu Beginn und alle sechs Jahre steht denn auch drin im neuen Vergabekonzept, in dem das Verbot des Einsatzes von Klärschlamm genauso geregelt ist wie das Verbot des Einsatzes von gentechnisch modifiziertem Saatgut sowie Tierfutter.
Pächter als Landschaftspfleger
Auch die Umsetzung bzw. Berücksichtigung naturschutzfachlicher und wasserwirtschaftlicher Vorgaben steht in den Bedingungen. Denn so, wie die meisten Felder heute da liegen, können sie nicht bleiben. Es braucht wieder besseren Wasserrückhalt, Baumstreifen gegen Winderosion und die Anlage artenreicher Randstreifen, Wiesen und Gehölze. Bauern sind im 21. Jahrhundert von Natur aus auch wieder Landschaftspfleger.
2022 hat die Stadt mit Pachtverträgen 355.000 Euro eingenommen. Aber da die neuen Pächter größtenteils erst einmal auf Bio-Landwirtschaft umstellen müssen, rechnet die Stadt zunächst mit weniger Einnahmen. Andererseits hat sie mit dem Vergabekonzept jetzt ein Instrument in der Hand, wenigstens auf stadteigenen Flächen nach und nach eine nachhaltige, klima- und umweltschonende Landwirtschaft zu bekommen.
Nicht alle städtischen Flächen stehen sofort zur Neuverpachtung zur Verfügung.
„Die Stadtgüter Mölkau und Graßdorf wurden im Jahr 2002 durch die Stadt Leipzig verkauft“, stellt das Liegenschaftsamt fest. „Dabei umfasste der Verkauf die Grundstücke und den Gebäudebestand der beiden Stadtgüter, jedoch keine Landwirtschaftsflächen. Die für die wirtschaftliche Betreibung der Stadtgüter erforderlichen Landwirtschaftsflächen wurden von Seiten des Liegenschaftsamtes durch den Abschluss von jeweils einem Landpachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren (Laufzeitende 2032 bzw. 2033) bereitgestellt.
Für das Schloss Gundorf und seinen Pferdehof wurde im Jahr 1995 von Seiten der Stadt Leipzig ein Erbbaurecht für die Dauer von 99 Jahre bestellt. Auch hier umfasst der Erbbaurechtsvertrag lediglich den Gebäudebestand. Die für die Führung und Betreibung des Pferdehofes erforderlichen und direkt an das Schloss Gundorf angrenzenden Weideflächen und Wiesen sind durch die Stadt Leipzig an den Erbbaurechtsnehmer für 30 Jahre bis zum Jahr 2025 verpachtet.
Das Fortbestehen und die weitere wirtschaftliche Betreibung der Stadtgüter Mölkau und Graßdorf sowie des Schlosses Gundorf mit Pferdehof hängen im Wesentlichen von der langfristigen Verfügbarkeit der verpachteten Flächen der Stadt Leipzig ab. Daher soll die weitere Verpachtung jeweils als Ausnahme vom zukünftigen Regelverfahren ohne öffentliche Ausschreibung erfolgen.“
Ausschreibungen erfolgen nach und nach
Wie die neu zu verpachtenden Flächen verteilt werden sollen, beschreibt die Vorlage so: „Die Ausschreibung von Flächenlosen erfolgt in einem Zeitraum von 6 Wochen und wird auf www.leipzig.de/landwirtschaft sowie im Amtsblatt veröffentlicht. Nach Ende der Ausschreibungsfrist schließt sich die Auswertung eingegangener Pachtangebote auf Grundlage des Kriteriensatzes zur Vergabe von landwirtschaftlichen Nutzflächen und unter Bezugnahme auf die jeweilige Standorteinschätzung hinsichtlich Bewirtschaftungsfähigkeit, Naturschutz und ggf. Gewässerschutz durch das Sachverständigengremium an.
Mit den jeweilig Erstplatzierten werden Vertragsverhandlungen durchgeführt. Ab dem Pachtjahr 2024/2025 finden die Ausschreibungskriterien zur Bereitstellung von stadteigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen Anwendung.
Aus zeitlichen, organisatorischen und personellen Gründen können die Flächen aus ausgelaufenen Landpachtverträgen jedoch nur nach und nach zur öffentlichen Ausschreibung gebracht werden. Für eine Vielzahl auslaufender bzw. bereits ausgelaufener Landpachtverträge wird daher eine Verlängerung von 1 Jahr erforderlich sein.“
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