Wenn das stimmen sollte, was die Leipziger Linksfraktion jetzt ans Tageslicht gebracht hat, dann dürfte das eine ganze Menge Ärger für die Geschäftsführung der Leipziger Stadtwerke bedeuten. Und zwar nicht nur aus Klimaschutzgründen. Und auch nicht nur, weil Leipzig 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat. Es gibt da auch noch einen kleinen Beigeschmack, der auch den Werbespruch „Ziemlich beste Energie für Privatkunden“ etwas anders deutbar macht.
Aber ärgerlich ist das Ganze natürlich auch aus Klimaschutzgründen: „Mit dem Leipziger Klimanotstand hat die Stadt im Oktober 2019 beschlossen, dem Klimaschutz oberste Priorität zuzuweisen und damit eine Vorreiterrolle einzunehmen. Dafür wurden der Verwaltung und den städtischen Unternehmen auch die Anschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren untersagt. Mitarbeiter/-innen sollen nach Möglichkeit keine Wege mehr mit fossilen Verkehrsmitteln zurücklegen. Wenn doch, müssen diese durch die Einzahlung in den Klimaschutzfond kompensiert werden“, stellt die Linksfraktion in Bezug auf eine nun schon etwas zurückliegende Kollision der Leipziger Gruppe mit dem Stadtrat fest.Dieser und andere Klimabeschlüsse werden allerdings immer wieder übergangen, wie eine Anfrage der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat aufdeckte.
Das war dann irgendwie schon wie „Wasser predigen und Wein trinken“. Denn die so aufgedeckte Anschaffung neuer Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren verstieß eindeutig gegen den Stadtratsbeschluss und erzählte eben auch davon, dass gerade die Geschäftsleitungen der städtischen Betriebe nicht wirklich Verkehrswende leben.
Nun erreichten aber die Linksfraktion dieser Tage auch Nachrichten, die Leipziger Stadtwerke würden Tankstellengutscheine über 25 Euro an ihre Geschäftskund/-innen verschicken. In einem Brief an ihre Geschäftskunden verschenken die Stadtwerke Leipzig Tankgutscheine in Wert von 25 Euro beim Tankstellenbetreiber Aral, um die Wirtschaft nach Corona zu stärken. Dieser wiederum gehört zum BP-Konzern, der einer der großen Klimasünder ist. Das Verhalten der Stadtwerke konterkariert damit die oben aufgeführten Ziele und Bemühungen der Stadt Leipzig zum Klimaschutz.
Mit einer Stadtratsanfrage will sie nun versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen.
Michael Neuhaus, Sprecher für Umwelt, versucht den Hergang zu erläutern: „Der Tankstellenbetreiber Aral gehört zum Mineralkonzern BP, der als einer der größten Klimasünder überhaupt gilt. Die Stadt Leipzig soll eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnehmen und nicht fossile Konzerne subventionieren. Es wäre an Absurdität kaum zu überbieten, sollte sich herausstellen, dass die Stadt einerseits Geld als Kompensation für Dienstreisen mit Verbrennungsmotoren in einen Klimaschutzfond einzahlt und andererseits Geld in Mineralkonzerne investiert.“
Der Vorgang ist ein völlig falsches Signal, findet die Linksfraktion: „Die Verteilung städtischer Gelder an milliardenschwere Konzerne ist eine Verteilung von unten nach oben. Die Lohnabhängigen schauen in die Röhre und zahlen mit ihren Stromrechnungen Gutscheine für die Unternehmen! Auch wenn die Gutscheine regionale Unternehmen unterstützen sollen, fließt das Geld am Ende in den BP-Konzern. Sollte sich unsere Vermutung bestätigten, wäre die Aktion ein politischer Skandal ohne gleichen.“
„Die fossile Verkehrsindustrie ist nicht nur nicht systemrelevant, sondern befeuert als riesige CO2-Schleuder die Klimakrise“, ergänzt Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität.
„Unverständlich ist uns auch, warum die L-Gruppe nicht auf Gutscheine aus ihrem eigenen Konzern, z. B. für die LVB, zurückgegriffen hat. Die Energiewende muss endlich zu einer Mobilitätswende werden. Sollen wirklich die Leidtragenden der Krise unterstützt werden, müsste das Geld an die Lohnabhängigen gehen, die durch das Kurzarbeitergeld vielerorts an den Rand ihrer Existenz gedrängt wurden. Mit dem Geld, das nun an BP gehen soll, könnte stattdessen der ÖPNV gestärkt werden, damit nachhaltige Mobilität für alle erschwinglich wird!“
Dabei bleibt noch ein ganz anderes Problem, denn was ist das eigentlich, was die Stadtwerke da treiben? Ein Werbegeschenk im klassischen Sinn ist es nicht. Ein Bonus ebenfalls nicht. Die rechtliche Frage dieser Tankgutscheine dürfte durchaus auch für das Rechtsamt der Stadt interessant werden.
Freilich auch die Frage, aus welchem Budget die Tankgutscheine eigentlich bezahlt werden oder ob das die sonstigen Kunden der Stadtwerke einfach mitbezahlen, weil das aus den wolkigen Höhen einer gut bezahlten Geschäftsführung wie „Peanuts“ aussieht?
Die Frage interessiert die Linksfraktion ebenfalls: „Welche Finanzmittel wurden dafür insgesamt aufgewendet und von wem werden diese bereitgestellt?“
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