Leipzigs Wirtschaft kann sich dem Trend nicht entziehen. Nachdem die regionalen Unternehmen noch im Frühjahr der um sich greifenden Konjunkturflaute erfolgreich trotzten, gibt die Stimmung nun auch im IHK-Bezirk Leipzig nach. Sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen trüben sich ein. Der daraus resultierende IHK-Geschäftsklima-Index sinkt um sieben auf 129 Punkte und geht damit in etwa auf das Niveau von 2016 zurück.

2016? Das ist noch positiver Bereich. So sieht es auch Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig: „Die schwächelnde Weltkonjunktur schlägt nun auch auf die regionale Wirtschaft durch. Vor allem die Industrie gerät mehr und mehr unter Druck, was auch zunehmend Folgewirkung in anderen Branchen zeigt“, sagt Kristian Kirpal.

„Schwarzmalerei ist dennoch nicht angebracht. In vielen Wirtschaftsbereichen ist die Geschäftslage nach wie vor gut und trotz gedämpfter Erwartungen bleiben die Aussichten verhalten optimistisch. Wichtig ist jetzt jedoch, für die Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen zur effektiven Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zu schaffen. Insbesondere muss sich in Sachsen nach der Landtagswahl am 1. September rasch eine handlungsfähige Regierung bilden, die drängende Aufgaben anpackt und dadurch ein Signal des Aufbruchs setzt. Bürokratieabbau, Fachkräftesicherung, Digitalisierung und Breitbandausbau, Beseitigung des Lehrermangels und Stärkung der Oberschulen … gerade auf Landesebene gibt es viele Stellschrauben für eine aktive Wirtschaftspolitik, die zur nachhaltigen Stärkung des Industrie- und Wirtschaftsstandortes beiträgt.“

An der aktuellen Konjunkturbefragung der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig im Herbst 2019 beteiligten sich 643 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit insgesamt mehr als 43.000 Beschäftigten.

Aber warum trübt sich die aktuelle Geschäftslage der Unternehmen so merklich ein?

Aus Sicht der IHK ist es eindeutig die gedämpfte Entwicklung der Weltwirtschaft. „Ob die explosive Lage am Persischen Golf, der anhaltend protektionistische Kurs der USA und die unabsehbare Entwicklung beim Brexit: Die Unwägbarkeiten im außenwirtschaftlichen Umfeld bremsen das Exportgeschäft und damit auch die Dynamik der deutschen Wirtschaft insgesamt.“

Was sich gerade bei der exportorientierten Industrie schon jetzt zeigt. Auch in Sachsen. Denn gegenüber dem Vorjahr sind die Umsätze der Industrie schon um 250 Millionen Euro gesunken – was insgesamt ein Minus von 2 Prozent macht. Und die Auftragseingänge sind nicht berauschend.

Kristian Kirpal: „Insbesondere die Exporterwartungen der Industrie sind im Keller.“

Und so etwas hat Folgen. Zuerst dämpft es die Geschäftserwartungen im Großhandel, der damit deutlich weniger Güter umsetzt. Dann folgen sofort die Logistiker, die weniger Transporte verbuchen können. Und dann trifft es die Zulieferer und den Bereich der wirtschaftsnahen Dienstleistungen.

Das ist nicht die gesamte Wirtschaft. Das weiß man auch bei der IHK. Denn andere Branchen melden zwar gedämpfte Erwartungen. Aber z. B. in der Bauwirtschaft sind die gedämpften Erwartungen vor allem saisonbedingt: Der Winter steht vor der Tür.

Aber allein in diesem Jahr hat das Baugewerbe in Sachsen seine Umsätze um 110 Millionen Euro steigern können, das ist ein Plus von 13 Prozent. Per August steckten auch schon Aufträge von 100 Millionen Euro mehr als im Vorjahr in den Auftragsbüchern. Der Bau hat also kein Auftragsproblem.

Und auch im riesigen Dienstleistungsbereich wird eher nach Personal gesucht und will man sogar in weiten Teilen noch weiter aufbauen.

Was dann ein etwas durchwachsenes Bild gibt. Mit den Worten der IHK: „Abgesehen vom Dienstleistungsgewerbe verschlechtert sich die Lage in allen Wirtschaftsbereichen. Insgesamt fällt der Saldo der Lage-Beurteilungen nach der Bestmarke im Frühjahr um sechs auf +51 Punkte. Die Gesamtsituation ist damit aber immer noch positiv. Eine Mehrheit von 57 Prozent der Unternehmen bewertet die Geschäftslage weiterhin als gut, nur sechs Prozent als schlecht.“

Wenn Kirpal auf die Lageeinschätzung schaut, dann ist das ungefähr dieselbe Einschätzung wie 2016. Und da hatte Leipzig gerade sechs Jahre guter Konjunktur hinter sich. Weshalb Kirpal für Sachsen lieber von einer gedämpften Entwicklung spricht. „Von einer Rezession kann noch keine Rede sein.“

Auch wenn jetzt gerade Industrie, Verkehrsgewerbe und Großhandel mit sehr gedämpften Erwartungen ins neue Jahr gehen: „Der Saldo der Geschäftsaussichten verringert sich um sieben auf +elf Punkte. Vor allem in der Industrie und im Verkehrsgewerbe gehen die Auftragseingänge aktuell zurück, was die Erwartungen für die kommenden Monate spürbar dämpft. Besonders schlecht ist es um die Exportaussichten bestellt. Der entsprechende Saldo fällt gegenüber den bereits schwachen Frühjahrsaussichten nochmals um neun Punkte auf gerade noch +zwei Punkte ab. Das sind die schlechtesten Exporterwartungen seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2009. Das nach wie vor hohe globale Konfliktpotenzial beeinträchtigt den Außenhandel nachhaltig. Zusätzlich verunsichern die strukturellen Produktionsanpassungen im Automobilbereich vor allem die Automobilzulieferer und -dienstleister.“

Was dann auch dazu führt, dass die Investitionsplanungen in einigen Unternehmen deutlich zurückgefahren werden: „So plant jeder fünfte Betrieb mit steigenden Investitionsausgaben, im Frühjahr war es noch etwa jeder vierte. Der Investitionssaldo verringert sich um fünf auf + neun Punkte und liegt nunmehr zehn Punkte unter dem Vorjahreswert. Besonders im Industrie- und Verkehrsbereich geht die Investitionsneigung zurück.“

Und was heißt das für die Beschäftigung?

Das ist das Erstaunliche dabei: Die meisten Unternehmen planen nach wie vor Personaleinstellungen. „So planen 23 Prozent der Unternehmen mit einer steigenden und nur neun Prozent mit einer sinkenden Mitarbeiterzahl. Der Saldo von +14 Punkten ist gegenüber der vorherigen Umfrage zwar um fünf Punkte gesunken, zeugt aber weiterhin von insgesamt eher günstigen Beschäftigungsperspektiven in der gewerblichen Wirtschaft.“

Überblick zu den einzelnen Wirtschaftsbereichen

Die regionale Industrie zeigte sich noch bis Frühjahr 2019 vom globalen Konjunkturabschwung unbeeindruckt. Das ändert sich nun. Die Firmen beurteilen ihre Geschäftslage um neun Punkte schlechter als zuletzt. Die Geschäftserwartungen fallen sogar um 15 Punkte ab. Neben rückläufigen Auslandsgeschäften kommt auch die Inlandsnachfrage zunehmend ins Stocken. Erstmals seit 2012 könnte der Jahresumsatz im hiesigen Industriesektor im Vorjahresvergleich wieder zurückgehen.

Das Baugewerbe kann auch im Herbst 2019 auf die mit Abstand beste Lagebeurteilung aller Wirtschaftsbereiche verweisen. Fast drei Viertel der Betriebe melden eine gute Geschäftslage und nur ein Prozent ist unzufrieden. Die Geschäftserwartungen geben mit Blick auf das umsatzschwächere Winterhalbjahr vor allem saisonbedingt nach.

Das Dienstleistungsgewerbe erweist sich weiterhin als Stabilitätsanker gegen die konjunkturelle Abkühlung. 64 Prozent der Betriebe beurteilen ihre Lage als gut. Zudem blicken die Dienstleister von allen Wirtschaftsbereichen am optimistischsten voraus, wenngleich auch die Dienstleister ihre Geschäftsaussichten etwas nach unten korrigieren.

Der Einzelhandel zeigt sich in seinen Bewertungen der Geschäftslage und Aussichten gegenüber der Frühjahrsumfrage deutlich verhaltener, und das trotz weiterhin günstigem Konsumklima und verbesserter Umsatz- und Ertragsentwicklung. Die Geschäftslage wird dennoch um zwölf Punkte schlechter bewertet als zuletzt und auch die Prognosen gehen um acht Punkte zurück.

Im Großhandel, der stark von der Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe und im Außenhandel abhängt, hat sich die Situation in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Die Bewertung der Geschäftslage sinkt im Vergleich zum Frühjahr um ganze 23 Punkte. Mit einer Verbesserung ist so schnell nicht zu rechnen: Die Geschäftsaussichten liegen mit -zwei Punkten erstmals seit Frühjahr 2015 wieder im negativen Bereich.

Auch im Verkehrs- und Logistikgewerbe sind die Anzeichen der aktuellen Konjunkturschwäche nicht zu übersehen, aufgrund der sehr guten Ausgangslage halten sich die Auswirkungen aber noch in Grenzen. Die Geschäftslage wird mit +47 zwar um sieben Punkte schlechter bewertet als im Frühjahr, immer noch meldet aber über die Hälfte der Betriebe gute Geschäfte. Auch die Geschäftsaussichten fallen um zehn Punkte schlechter aus als zuletzt. Mit einem Saldo von +14 überwiegen aber optimistische Einschätzungen weiterhin gegenüber pessimistischen.

Die Situation im Gast- und Tourismusgewerbe hat sich gegenüber der Frühjahrsumfrage kaum verändert. Über 40 Prozent der Unternehmen melden eine gute und sieben Prozent eine schlechte Geschäftslage. Mit Blick auf das wichtige Adventsgeschäft bleiben die Unternehmen auch für das vierte Quartal 2019 verhalten optimistisch. Die Geschäftserwartungen legen um einen auf +fünf Punkte zu und übertreffen damit das Vorjahresniveau von -acht Punkten deutlich.

Lageeintrübung in der sächsischen Industrie macht auch Großhandel und Verkehrsgewerbe nervös

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