Der 19. November wurde erstmals im Jahre 2001 als Welttoilettentag ausgerufen. Von den Vereinten Nationen wird der Vorschlag für einen regelmäßigen Jahrestag mitgetragen. Ziel ist, die Bedeutung der Sanitärversorgung der Menschheit in der Öffentlichkeit zu stärken und Lösungen zu erzielen. Die Leipziger Wasserwerke stellten aus diesem Anlass fünf Dixi-Klos auf den Augustusplatz.

“Nur für diesen einen Tag”, erklärt KWL-Sprecherin Katja Gläß. Auch wenn die Aktion sicher ein paar Tage mehr wert wäre. “Da überlegen wir noch”, sagt Gläß. “Für nur einmal Zeigen ist die Ausstellung wirklich zu kostbar.”

Wer den Weg auf den Augustusplatz fand, durfte Türen öffnen. Und Deckel. Denn auch sechs Klosettschüsseln luden ein zum Hineinschauen. Am tiefen Grund gab’s was zu sehen und zu lernen. In den Dixi-Klosetts übrigens auch. Die Leipziger Wasserwerker, die sich auch um die Leipziger Abwässer kümmern müssen, hatten sich was einfallen lassen und die sonst so langweilig nützlichen Toilettenkabinen austapeziert und ausgestellt. Auch mit Schreckmoment. Das Skurrile Klo dürfte so manchen Zeitgenossen daran erinnert haben, wie wenig sorgsam seine Mitmenschen mit dem stillen Örtchen oft umgehen.

Das Wohn-Klo zeigte gediegene Gemütlichkeit in Plüsch, die Leipzig-Latrine gab den Türöffnern einen kleinen Einblick in das, was sich unter den Straßen der Stadt befindet – zum Teil 100, 120 Jahre alte Wölbleitungen, in denen alles abgeführt wird Richtung Klärwerk, was von oben reinläuft. Dann und wann zeigt so ein altes Mauerwerk dann doch seine Baufälligkeit und erschreckt die Erdlinge, weil sich auf einmal ein Loch in der Straße auftut. Dann wird auch eher arglosen Zeitgenossen wieder einmal anschaulich, dass Infrastrukturen auch altern und nach einer gewissen Zeit saniert werden müssen.

Ein Klo-Bal gab es noch, dass den Blick auf jenen Teil der Welt öffnete, in denen es bis heute keine ordentliche Sanitärinfrastrukturen gibt. Und Historisches gab es dann im fünften Dixi-Häuschen zu sehen.

“Man kann kurz darüber schmunzeln, sollte das Thema aber ernst nehmen. Ein Alltag ohne Toilette ist für uns in Deutschland nicht vorstellbar, aber rund 42 Prozent der Menschen weltweit leben ohne angemessene Sanitäreinrichtungen”, betont der Technische Geschäftsführer der Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL), Dr. Ulrich Meyer. Die Ausbreitung von Krankheiten, eine erhöhte Sterblichkeit und Umweltverschmutzung durch ungereinigte Abwässer sind die Folgen.

“Wir wollen den Welttoilettentag zum Anlass nehmen, auf die weltweit unterschiedlichen sanitären Situationen aufmerksam zu machen. Eine moderne Abwasserentsorgung wie wir sie in Leipzig leisten, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern akribische Arbeit”, sagt Meyer. “Latrine, Lokus, Donnerbalken” hat die KWL die ungewöhnliche Schau benannt, die zwischen Antike und Neuzeit, Busch-Klo und HighTech-Toilette das stille Örtchen thematisiert.An welchem Ort jemand die Zeitung liest, ist eine ziemlich indiskrete Frage und sicher in Statistiken belegt. Ein Mensch im westeuropäischen Kulturkreis geht heute, statistisch gesehen, sechs Mal am Tag auf die Toilette. Im Laufe seines Lebens verbringt er dadurch etwa drei Jahre auf dem “Stillen Örtchen”, sorgt dort für 2.900 Kilogramm Ausscheidungen und nutzt 3.651 Rollen Toilettenpapier.

Und was heißt das für die Wasserwerke Leipzig? – Jede Menge Arbeit, sagt Meyer. Und jede Menge Geld. Denn in den vergangenen 20 Jahren haben die KWL vor allem auf die notwendige Erweiterung des Netzes gesetzt. Ganze Gemeinden wurden angeschlossen, die vorher noch nicht die Segnungen eines zentralen Wasser- und Abwassersystems kannten. “Rund 1.100 Kilometer neues Netz haben wir gebaut”, sagt Meyer. “Jetzt aber sei der Paradigmenwechsel fällig. Jetzt müsse verstärkt in die Sanierung des Abwassernetzes investiert werden. Ein entsprechendes Sanierungskonzept gibt es schon und soll in den nächsten 20 Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden. Kostenpunkt: Ungefähr 15 bis 16 Millionen Euro pro Jahr, die in die Sanierung und Erneuerung von Abwasserkanälen gesteckt werden müssen.

Dabei sind Großprojekte, bei denen sich die Wasserwerke an die anderen Bauherren der Stadt andockt, die ein grundhaftes Straßenprojekt wie aktuell in der Wurzner Straße oder ab 2014 in der Karl-Liebknecht-Straße angehen. Zuweilen sorgt die mürbe Bausubstanz auch unverhofft für einen schnell notwendigen Eingriff. Rund 300 Baustellen haben die KWL jedes Jahr zu bewältigen. Doch die Parameter werden eingehalten. Die Abwässer laufen nicht ungeklärt in die Weiße Elster.

Dafür haben die KWL 25 leistungsstarke Kläranlagen in Betrieb. Die größte davon befindet sich am tiefsten Punkt in Leipzig im Rosental. Das Klärwerk dort kann am Tag bis zu 110.000 Kubikmeter Abwasser aufnehmen. In drei Stufen wird es dann mechanisch, chemisch und biologisch gereinigt – und dann wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgegeben.Das Abfallprodukt der Abwasserbehandlung, den Klärschlamm, nutzen die Wasserwerke seit einigen Jahren sogar zur Energieerzeugung. Durch die Verbrennung der in den Faultürmen entstehenden Faulgase gewinnt das Unternehmen Wärme und Strom. Schon heute kann die KWL den Wärmebedarf des Klärwerkes vollständig aus eigener Kraft decken. Das ist immerhin 60 Prozent der Strommenge, die die Wasserwerke braucht.

Aber der Welttoilettentag zielt ja vor allem auf jene 42 Prozent der Menschheit, die nicht über ein funktionierendes Sanitärsystem verfügen. 90 Prozent der Abwässer in Entwicklungsländern gelangen ungeklärt oder nicht ausreichend gereinigt in die Gewässer. 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben jährlich an Durchfallerkrankungen. 88 Prozent davon werden auf eine mangelhafte sanitäre Grundversorgung zurückgeführt.

“Deshalb muss die Technologie, über die wir verfügen, auch in die Länder der dritten Welt exportiert werden”, sagt Meyer. Damit beschäftige sich ein Tochterunternehmen der KWL, die Sachsen Wasser GmbH. Dieses Unternehmen unterstützt Kommunen und Firmen weltweit in Fragen der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung darunter in Ländern im mittleren Osten, Asien, Afrika und Lateinamerika. Die Sachsen Wasser GmbH schulte so beispielsweise Fachleute aus Brasilien, Jordanien, Syrien, Jemen, in Palästinensischen Gebieten und dem Sudan und begleitete die Verbesserung von technischen, kaufmännischen und finanziellen Leistungen von Wasserversorgern etwa auf dem Balkan.

“Dass wir mit Leipziger Wissen dort für bessere Bedingungen sorgen können, trägt zu einem kleinen Teil zur Verbesserung der weltweiten Situation bei”, unterstreicht Meyer.

Wer die kleine blaue Ausstellung auf dem Augustusplatz verpasst hat, wird vielleicht bei einer späteren Aktion der Wasserwerke Gelegenheit haben, sie noch einmal zu sehen.

www.wasser-leipzig.de

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