"Konjunkturmaschine Deutschland dreht auf", meldete das "Manager Magazin" am 14. Februar, "Geringere Staatseinnahmen: Winterdelle verursacht Steuerminus" titelt es am 23. Februar. Der Bundesfinanzminister hatte ausgeplaudert, dass die Steuereinnahmen erstmals seit 17 Monaten nicht gestiegen sind. Was bedeutet das? Die von den Medien verbreitete Oweiowei-Stimmung? - Wohl eher nicht.

Es ist nicht einmal die Hoffnung von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden auf ein anhaltendes Wachstum, das hier ins Zittern verfällt. Es ist der jämmerliche Zustand der deutschen Wirtschaftsberichterstattung, die zwischen Hosianna und Horror keine Schattierungen mehr kennt. Unternehmer, die nicht wegen Phantom-Schrecknissen vom Stuhl fallen wollen, lesen all diese Magazine und Junkie-Portale nicht mehr. Die warten lieber, bis die IHK den halbjährlichen Fragebogen schickt und tragen dann ein, was in ihren Büchern Fakt ist – Auftragslage, Geschäftslage, Investitionspläne, Personalpläne. Die harten Fakten, aus denen Unternehmertum eben besteht.

Das ergibt dann, wenn die Kammer die eintreffenden Ergebnisse zusammenrechnet, den aktuellen Index. Und während die Möchtegern-Wirtschaftsexperten in den Redaktionen schon wieder Blasendrücken bekommen, lautet die Nachricht aus der Leipziger Wirtschaft: “Die regionale Wirtschaft präsentiert sich zum Jahresbeginn 2012 in einer überaus guten Verfassung.”

Zu diesem Fazit kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig. Ungeachtet einer schwächeren Erwartungshaltung im Herbst 2011 stieg die Geschäftslage in der gewerblichen Wirtschaft nochmals leicht an und erreicht das beste Ergebnis seit Beginn der IHK-Konjunkturbefragung im Jahre 1991. Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate sind gegenüber der vorherigen Umfrage zwar leicht gesunken, es überwiegen aber nach wie vor die zuversichtlichen Stimmen.

“Das Ergebnis ist erfreulich. Wie die Umfrage zeigt, hat die Eurokrise die Realwirtschaft bisher noch nicht erreicht. Dennoch besitzt sie nach wie vor ein hohes Unsicherheitspotenzial für die hiesigen Unternehmen”, erklärt Wolfgang Topf, Präsident der IHK zu Leipzig. “Ein hohes Risiko geht auch von den weiter steigenden Energie- und Kraftstoffpreisen aus. Sie sind für viele Unternehmen ein Kostentreiber, der die Ertragslage schmälert und die Wettbewerbs- und Wachstumsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt. Die Bundesregierung muss dieser Entwicklung endlich Einhalt gebieten, zumal der Strompreis mittlerweile aus rund 46 Prozent Steuern, Abgaben und sonstigen vom Staat veranlassten Belastungen besteht. Angesichts der rasant steigenden Kraftstoffpreise ist auch eine Senkung der Mineralölsteuer angezeigt.”

An der Konjunkturbefragung zum Jahresbeginn 2012 im Kammerbezirk Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreis Nordsachsen, Landkreis Leipzig) beteiligten sich 733 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit mehr als 34.000 Beschäftigten.

Die konjunkturelle Erholung im Jahre 2010 entwickelte sich 2011 zu einem breiten wirtschaftlichen Aufschwung, an dem alle Wirtschaftsbereiche partizipieren konnten, resümiert die IHK.

Die Geschäftserwartungen der gewerblichen Wirtschaft fallen gegenüber der vorherigen Umfrage zwar etwas verhaltener aus. Mit einem Saldo von + 10 Punkten überwiegen jedoch auch weiterhin die positiven Stimmen. Das Ergebnis lässt eine leichte Abschwächung des wirtschaftlichen Wachstums erwarten, eine Stagnation oder gar eine Rezession ist anhand des aktuellen Stimmungsbildes jedoch nicht abzuleiten. Die regionale Wirtschaft sollte somit auch 2012 moderat wachsen. Darauf deuten insbesondere die nach wie vor guten Personal- und Investitionsplanungen der Unternehmen hin.

Nur das Baugewerbe sieht derzeit etwas skeptischer in die Zukunft. Dabei kann das Baugewerbe auf ein äußerst positives Geschäftsjahr 2011 zurückblicken. Aufgrund der hohen Baunachfrage konnten die meisten Unternehmen ihre geschäftliche Situation verbessern. Aktuell schätzen 55 Prozent der Firmen ihre Geschäftslage mit gut und nur 7 Prozent mit schlecht ein. Dies stellt auch im Branchenvergleich die momentan beste Lagebeurteilung aller Wirtschaftsbereiche dar.

Aber siehe da: Der harte Winter haut ins Kontor. Neben dem festzustellenden Auftragsrückgang im vierten Quartal dämpft er die Geschäftsaussichten der Baubranche momentan deutlich. So rechnen derzeit nur 12 Prozent der Bauunternehmen mit einer positiven, jedoch 23 Prozent mit einer schwächeren Geschäftsentwicklung für 2012. Womit die Branche aktuell aus dem Rahmen fällt.Das eigentliche Zugpferd – die Industrie – hat wieder volle Auftragsbücher. Die Industrieunternehmen der Region konnten 2011 nahtlos an das rasante Wachstumstempo des Vorjahres anknüpfen, so die IHK. Nahezu alle Industriebranchen steigerten ihren Umsatz gegenüber 2010, so dass auch der Gesamtumsatz der Industrie mit mehr als 10,3 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert erreicht. 54 Prozent beurteilen ihre Geschäftslage mit gut und nur 7 Prozent mit schlecht. Der Saldo der Geschäftslage stieg somit auf + 47 Punkte und liegt damit um 14 Punkte höher als vor einem Jahr.

Nachdem sich die Geschäftsaussichten infolge der durch die Euro-Schuldenkrise hervorgerufenen Verunsicherungen im Herbst stark eingetrübt hatten, ist nunmehr eine deutliche Stabilisierung der Situation zu erkennen. Der Saldo der Geschäftserwartungen ist sogar wieder leicht von + 9 auf + 11 Punkte gestiegen. Insgesamt dürfte sich 2012 die Wachstumsdynamik gegenüber 2011 zwar verlangsamen, der insgesamt positive Entwicklungstrend sollte sich jedoch fortsetzen.

Wenn der Motor brummt, folgen die anderen in der Regel.

Das Dienstleistungsgewerbe fährt sein drittes Rekordergebnis in Folge ein. Mit einem Saldo von nunmehr + 42 Punkten erreicht die Verlaufskurve zur aktuellen Lage zum dritten Mal hintereinander einen neuen Höchststand. Die positiven Geschäftsaussichten im Dienstleistungsgewerbe bleiben auch mit Blick auf die kommenden zwölf Monate ungetrübt.

Eine stabile Geschäftsentwicklung erwartet auch der Einzelhandel. Nicht nur das gute Weihnachtsgeschäft, auch die gestiegenen Konsumausgaben der privaten Verbraucher trugen zu einer verbesserten Jahresbilanz im Einzelhandel bei. So konnten 2011 immerhin 46 Prozent der Einzelhändler ihre Umsätze gegenüber 2010 erhöhen. Aktuell beurteilen 39 Prozent ihre Geschäftslage mit gut und der Saldo aus guten bzw. schlechten Urteilen liegt mit +25 Punkten deutlich über dem Vorjahresstand von gerade einmal +6 Punkten. Nur die Geschäftsaussichten für 2012 bleiben eher zurückhaltend – man weiß ja nicht wirklich, wofür die Leute ihr Geld ausgeben.

Auch der Großhandel schrieb seine seit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2009 andauernde Erfolgsgeschichte 2011 fort. Aufgrund der stabilen Nachfrageentwicklung hat sich die Geschäftslage seit der Jahresmitte 2009 stetig verbessert und erreicht nunmehr mit einem Saldo von +39 Punkten einen neuen Höchststand. Mit 48 Prozent schätzt aktuell fast die Hälfte der befragten Großhändler ihre Geschäftslage mit gut ein. Auch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate lassen keinen Richtungswechsel erkennen. Ganz im Gegenteil, nach einem kleinen Dämpfer im Herbst sind die Geschäftserwartungen so gut wie nie.

Und während die Verkehrsunternehmen vor einem Jahr noch deprimiert in die Zukunft schauten, trat etwas ganz anderes ein: Das Verkehrsgewerbe konnte insgesamt ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr 2011 abschließen. Die Branche profitierte vom breiten Konjunkturaufschwung und erreicht hinsichtlich der Lagebeurteilung wieder ihren bisherigen Höchststand vom Jahresbeginn 2007. Die IHK im Detail: Das Ergebnis ist umso bemerkenswerter, da laut Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. die Dieselpreise 2011 im Jahresdurchschnitt um mehr als 15 Prozent stiegen.

Aufgrund eines deutlichen Auftragsrückganges im letzten Quartal 2011 blicken die Unternehmen derzeit etwas zurückhaltender in die Zukunft. Der Trend deutet zumindest aktuell auf eine weniger dynamische Nachfrageentwicklung im Transportgewerbe in den kommenden Monaten hin.

Bleibt noch der für Leipzig wichtige Bereich Gastgewerbe/Tourismus, der jetzt schon wieder trübe in die nähere Zukunft schaut. Dabei stieg 2011 der Saldo der Geschäftslage von +2 auf +34 Punkte und markiert damit ein neues Allzeithoch. Was sich ja auch in den Übernachtungsrekorden zeigte. Aber welcher Wirt jammert nicht, wenn’s ihm gut geht? – “Meist gewinnt der Städte- bzw. Tagestourismus erst mit der saisonüblichen Frühjahrsbelebung wieder verstärkt an Fahrt”, so die IHK. Insgesamt bleibt der Saldo der Geschäftsaussichten mit +4 Punkten aber weiter im positiven Bereich, was im langjährigen Vergleich nach wie vor ein recht gutes Ergebnis darstellt.

Und während das Drama in Griechenland die Leipziger Wirtschaft nicht zu berühren scheint, sieht die IHK in der weiter schwelenden Euro-Staatsschuldenkrise trotzdem weiter ein hohes Unsicherheitspotenzial für die Realwirtschaft. Und: Vor allem die steigenden Energie- und Kraftstoffpreise entwickeln sich mittlerweile zu einem unkalkulierbaren Geschäftsrisiko.

www.leipzig.ihk.de

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