Nicht nur viele Bürger waren verunsichert, als am 1. Januar die neue EU-Vorgabe zur Kreislaufwirtschaft in Kraft trat, nach der Alttextilien nicht mehr über den Restmüll entsorgt werden dürfen. Auch die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat hatte dazu ihre Fragen. Denn droht damit nicht eine Überlastung der im Stadtgebiet aufgestellte Kleidercontainer? Und sollten da nicht noch Extra-Container für die verschlissenen Textilien aufgestellt werden? Aus Sicht der Stadt gibt es dazu keine Probleme, meinte am 12. Februar Baubürgermeister Thomas Dienberg.

Und so formulierte es auch das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in seinen Antworten auf die Grünen-Anfrage. Die Grünen-Stadträtin Dr. Nicole Schreyer fragte in der Ratsversammlung am 12. Februar zwar extra noch einmal nach. Aber an den Antworten änderte sich nichts. „Wir haben nicht vor, die Kapazitäten zu erweitern“, sagte Thomas Dienberg.

Dabei hatten viele Kleidercontainer im Stadtgebiet auch schon vor der neuen EU-Verordnung Überfüllungsprobleme.

„Entsprechend der Umsetzung einer EU-Vorgabe im Kreislaufwirtschaftsgesetz dürfen seit dem 1. Januar 2025 in Deutschland Alttextilien (Kleidung, Schuhe, Bettwäsche) nicht mehr über den Restmüll entsorgt werden, um die Recycling-Quote von Textilien zu erhöhen“, schrieben die Grünen in ihrer Anfrage.

„Dafür sollen stattdessen Altkleidercontainer oder Wertstoffhöfe genutzt werden. Stark verschmutzte oder verschlissene Kleidung soll jedoch weiterhin im Restmüll entsorgt werden. Beobachtungen im Stadtgebiet deuten jedoch schon seit längerer Zeit auf eine Überlastung der Altkleidercontainer hin. Dies steht dem zu erwartenden steigenden Nutzungsdruck entgegen. Außerdem besteht Unsicherheit darüber, was genau, wo entsorgt werden soll, da unklar ist, was als verschlissen gilt. Dahinter steht oft die Frage, ob das, was im Altkleidercontainer landet, noch getragen werden soll oder ob es zu anderen Stoffen recycelt wird.“

Eigentlich berechtigte Fragen, denn vor dem Problem stehen ja alle Leipziger, die alte, aber kaputte Textilien loswerden wollen. Steckt man sie mit in die Altkleidercontainer? Oder gibt es dafür nun extra Container?

Die vorhandenen Standorte reichen

Aus Sicht des Mobilitäts- und Tiefbauamtes stehen im Stadtgebiet genügend Altkleider-Sammelcontainer: „Im gesamten Stadtgebiet wurde per Sondernutzungserlaubnis die Aufstellung von 400 Alttextilcontainern verteilt auf 311 Standorte für die Jahre 2025 bis 2027 genehmigt.

Obendrein können Alttextilien auf den Wertstoffhöfen der Stadtreinigung abgegeben werden. Für gut erhaltene tragbare Kleidung gibt es Abgabemöglichkeiten im Konzeptladen Wiederschön und im Laden fürs Beraten-täglich herausgeputzt (beide betrieben durch die Stadtreinigung Leipzig) sowie in den Kleiderkammern. Die Standorte im öffentlichen Raum decken alle Stadtbezirke und alle Ortsteile mit Wohnbebauung und somit den Bedarf an Containern ab, die Anzahl der Alttextilcontainer wurde nach Einwohnerzahl der einzelnen Stadtbezirke bemessen.“

Das müsse auch reichen, wenn jetzt auch kaputte Alttextilien dazu kommen, so das MTA: „Die ab 1.1. 2025 geltende Getrenntsammlungspflicht für Textilabfälle gemäß § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 KrWG macht keine Erhöhung der bereits ausreichend vorhandenen Alttextilcontainer und anderen Entsorgungsmöglichkeiten erforderlich.

Das sächsische Umweltministerium hat mit einem Schreiben vom 10.01.2025 an die öffentlichen Entsorgungsträger klargestellt, dass stark zerschlissene und verdreckte Textilien weiterhin über die Restmülltonne entsorgt werden sollen, um den Qualitätsanforderungen bei der Sammlung von Alttextilien zur Verwertung gerecht werden zu können und die Sammlung nicht mit diesen Textilien zu belasten.“

Eine hohe Erfassungsquote

Und dabei wurden auch schon vor der neuen EU-Verordnung die meisten Alttextilien mit den Kleidercontainern erfasst: „Gemäß dem Schreiben und nach Abschätzung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) und des Dachverbands Fairwertung erreicht Deutschland durch die Sammlung über die etablierten Sammelcontainer bereits heute eine Erfassungsquote von circa 64 Prozent.

Durch Wiederverwendung als Secondhand-Bekleidung oder durch Recycling etwa als Material für Putzlappen oder Dämmstoffe, ist mit diesem System bereits heute eine Wiederverwendungs- und Verwertungsquote von mehr als 90 Prozent erreichbar.

Möglicherweise besteht der subjektive Eindruck, dass die Container seit dem 1.1.2025 stärker genutzt und dementsprechend auch häufiger voll sind. Vermutlich ist die stärkere Nutzung auch darauf zurückzuführen, dass die Bürger/-innen (u.a. durch aktuelle missverständliche Medienberichte) seit dem Inkrafttreten vermehrt unbrauchbare Alttextilien über die Altkleidercontainer entsorgen, anstatt wie bisher über die Restmülltonnen.“

Nur die wirklich verschlissenen Teile

Und da wird es kompliziert. Und bringt die Bürger ins Grübeln, nicht nur die Grünen. Kommen also die kaputten Alttextilien doch wieder in den Restmüll?

„Nicht mehr brauchbare Alttextilien, d. h. stark verschmutzte oder zerschlissene Textilien (z.B. ölverschmierte Stoffe) sind nicht recycelbar. Diese Materialien sind weiterhin über den Restabfall (Hausmüll) zu entsorgen, um die Qualität der recycelbaren Textilien nicht zu beeinträchtigen“, schreibt das MTA. „Die neue EU-Richtlinie sowie das Kreislaufwirtschaftsgesetz haben an dieser Vorgehensweise nichts geändert. Die Notwendigkeit für derartige Container im öffentlichen Raum ist daher aus Sicht des Eigenbetriebes Stadtreinigung Leipzig nicht gegeben.“

Wobei es beim Sammeln auch der verschlissene Alttextilien vor allem um die Rohstofferfassung geht, weniger um deren Anteil am Restmüll, denn der ist nicht wirklich hoch, wie die Verwaltung feststellt: „Dem EB SRL liegen hierzu Zahlen aus der Restabfallanalyse von 2019/2020 vor. Der Anteil an Textilien beträgt demnach 4,7 % und setzt sich wie folgt zusammen: Bekleidungstextilien (2,2 %), sonstige Textilien (1,6 %) und Altschuhe (0,7 %). Die nächste Analyse steht noch aus.“

Sind also die Altkleidercontainer nun tatsächlich überfüllt? Aus Sicht von Thomas Dienberg eher nicht. Außerdem habe die Stadtreinigung das Thema im Blick. Und er gehe davon aus, „dass sich das einpendelt“.

Wobei für Nicole Schreyer auch noch die Frage stand, ob die Leipziger jetzt mit ihren verschlissenen Alttextilien extra zu den Wertstoffhöfen fahren müssen, um sie dort loszuwerden. Dort stehen immerhin 70 Altkleidercontainer. Aber auch da wird nicht zwischen noch tragbar und kaputt differenziert. Was wohl heißt: Alle Alttextilien kommen in die Kleidercontainer in der Stadt.

Nur die wirklich stark verschmutzten und verschlissenen dürfen im Restmüll entsorgt werden. Und wenn sich die Kleiderberge neben den überfüllten Containern stapeln, dann ist das Recycling-Unternehmen in der Pflicht, diese Berge binnen 48 Stunden zu beseitigen.

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Keine Kommentare bisher

Die L-IZ hat das Problem erkannt. Leider weiß ich nun aber noch immer nicht, ob die Kinderhose mit Loch in den Altkleidercontainer kann? Und wenn sie zwei Löcher hat? Das ist nicht tragbar, reicht aber für Putzlappen. Ist das jetzt die Kategorisierung? Tragbar = Kleiderkammer. Nicht tragbar, aber verwertbar = Altkleidercontainer. Öl- oder farbverdreckt = Restmüll?
Für die meisten also wie gehabt, nur jetzt gesetzlich festgezurrt.

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