Mehrmals in der jüngsten Vergangenheit war der fehlende Ausbau von Solaranlagen auf Leipziger Dächern ein Thema im Stadtrat. Die Dachflächen bieten ein riesiges Potenzial, in Leipzig selbst Strom mit Fotovoltaik herzustellen. Aber irgendetwas klemmt da. Obwohl man mit Mieterstrom sogar die Mieter selbst entlasten könnte. Mit einem Antrag dazu wollte die Grünen-Fraktion Bewegung in die Sache bringen.

Denn mit den drastisch steigenden Energiepreisen, ein Trend, der durch den Ukraine-Krieg noch einmal forciert wurde, sind es gerade Haushalte mit kleinen bis mittleren Einkommen, die dadurch besonders stark belastet werden. Es sind auch in Leipzig die Haushalte, sie sowieso schon den Löwenanteil ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten ausgeben müssen, die aber so gut wie keine Möglichkeit haben, sich eigene Solaranlagen zuzulegen. Sie leiden also auch am stärksten darunter, wenn jetzt die Preise für fossile Energie steigen und der Umbau der Energielandschaft hin zu erneuerbaren Energiequellen einfach nicht vorankommt.

Mieterstrom stößt an rechtliche Hürden

Die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) hat zwar inzwischen Mieterstrommodelle entwickelt. Aber auch sie stößt an die Grenzen des gesetzlichen Rahmens, den die zurückliegenden Bundesregierungen geschaffen haben.

Michael Neuhaus kam in seiner Rede für die Linksfraktion auf das Thema zu sprechen. Es sei schlichtweg blamabel, wenn man sich als Vermieter in die Rolle eines Kraftwerksbetreibers gedrängt sähe, wenn man seinen Mietern Beteiligung am Mieterstrom ermöglichen will. Was mit ziemlicher Sicherheit der Grund dafür ist, dass nicht nur die stadteigene LWB zögerlich vorgeht, sondern auch private Vermieter lieber keine Solaranlage aufs Dach setzen.

Dachfläche ist genug da

Obwohl das Potenzial in Leipzig riesengroß ist, wie es Andreas Dohrn bei seiner Einführungsrede für den Grünen-Antrag deutlich machte: „Eine umfassende Realisierung von Mieterstrommodellen bietet eine mehrfache Win-Win-Situation für Umwelt und Klima sowie Vermietende und Mietende. Ein Mieterstromtarif kann um 10 bis 20 Prozent niedriger liegen als der Grundversorgertarif des örtlichen Stromversorgers.

Vermietende können mit einem Direktverkauf des Stroms an ihre Mieter/-innen bis zu 15 % Zusatzerlös gegenüber einer Netzeinspeisung generieren, Mieter/-innen können von geringeren Nebenkosten profitieren. Berechnungen des Branchenverbandes BSW Solar zufolge liegt das Potenzial für Mieterstrom in Leipzig bei 62.000 Mieter/-innen, 51.000 kWp Solaranlagen-Leistung und einer CO₂-Einsparung von 23.000 Tonnen.“

Wahrscheinlich liegt es noch viel, höher. Die Zahlen sind sehr konservativ gerechnet.

Aber nicht ganz grundlos haben die Grünen den Antrag vor allem so formuliert, dass der Oberbürgermeister auf die LWB und die Stadtwerke so einwirkt, dass die jetzt mit dem Mieterstrom-Angebot einfach weitermachen und es dauerhaft etablieren. Denn natürlich funktioniert die Energiewende völlig anders, wenn selbst nicht so zahlungskräftige Mieter daran partizipieren können, ohne sich selbst irgendwo eine Anlage zulegen zu müssen oder zu können.

Zustimmung der Verwaltung

Das Anliegen übernahm auch die Verwaltung so, sodass Andreas Dohrn kurzerhand die neu gefasste Stellungnahme der Verwaltung zur Abstimmung stellen konnte.

In Richtung LWB heißt die Beauftragung nun: „Der Oberbürgermeister beauftragt die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB), ihre Angebote zu Mieterstrom fortzuführen und unter Nutzung aller dafür geeigneten Potenzialflächen nach Möglichkeit auszuweiten. Diese Zielvorgabe ist in die Eigentümerziele für das Unternehmen zu integrieren. Unter Berücksichtigung regulatorischer Rahmenbedingungen sind diesbezügliche konzeptionelle Zielstellungen im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung bis zum 4. Quartal 2023 für die darauffolgenden 5 Jahre zu untersetzen.

Hierbei ist unter Berücksichtigung der Anforderungen der Wärmewende zu prüfen, inwiefern Mieterstrom insbesondere für Neubauten als Standard vorgesehen werden kann. Dieses Konzept soll auch die Möglichkeit der Kooperation mit lokalen Partnern, wie z. B. Energiegenossenschaften zur Förderung des Mieterstroms beinhalten.“

Und in Richtung Stadtwerke: „Der Oberbürgermeister beauftragt, die Leipziger Stadtwerke bis zum 4. Quartal 2023 eine strategische Konzeption zum koordinierten Ausbau von Fotovoltaik auf Wohnimmobilien und Mieterstrom vorzulegen und die Aufnahme von Mieterstrom in das Produktportfolio zu prüfen.“

Wann soll die Energiewende denn beginnen?

Diese Beauftragungen fand CDU-Stadtrat Karsten Albrecht zwar fehl am Platz und verwies auch auf die vielen aktuellen Engpässe bei der Lieferung und Montage von Solaranlagen. Aber wann soll die Energiewende in Leipzig dann eigentlich beginnen, wenn die Stadt nicht irgendwann sagt: Jetzt geht es los!?

Diese Frage stand am 13. Juli in der Ratsversammlung sehr deutlich im Raum.

Denn dass das keine Festlegung für private Vermieter war, ist im Antrag deutlich geworden. Dass diese trotzdem mitmachen sollten, war den Grünen durchaus bewusst. Aber dafür braucht es vor allem Beratung, die speziell zögerlichen Vermietern hilft, die Sache ohne eigene Einbußen auf den Weg zu bringen.

Dazu soll OBM Burkhard Jung Fördergeld aus Dresden besorgen, wie es auch in der Stellungnahme der Stadt formuliert wurde: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich auf Landesebene für die ausreichende finanzielle Förderung einer regionalen Klimaschutzagentur in Leipzig (gemäß Maßnahme 14 des Sofortmaßnahmenprogramms zum Klimanotstand) einzusetzen und in diesem Rahmen bis zum 4. Quartal 2023 die Einführung eines geeigneten Beratungsangebotes für Eigentümer und Eigentümerinnen, Vermieter und Vermieterinnen, Genossenschaften, sonstige Dienstleister und Mieter und Mieterinnen zum Thema Mieterstrom vorzusehen.“

Klare Mehrheit für die Vorlage der Stadt

Alles also Punkte, die die Energiewende in Leipzig voranbringen.

Und so stimmten jene Fraktionen geschlossen für die Vorlage der Verwaltung, die in Leipzig tatsächlich die Energiewende voranbringen wollen. Die anderen stimmten wieder mal dagegen.

Ergebnis: Eine deutliche Mehrheit von 36:16 Stimmen für die Vorlage der Stadt.

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