Da ist er nun wieder wie Kai aus der Kiste: Am 29. Juli wird die Menschheit das Budget der Natur für dieses Jahr aufgebraucht haben. Das ist der Earth Overshoot Day (oder der Erdüberlastungstag). Und dieser Tag liegt so früh im Jahr wie noch nie. 1971 lag der Tag noch Ende Dezember. Da hätte die Menschheit noch in etwa so viel verbraucht, wie der Planet in einem Jahr auch zur Verfügung stellt. Doch dann gingen immer mehr Länder auf „Wachstumskurs“.

Und immer mehr Länder verbrauchten für das, was wir so gerne Wohlstand nennen, immer mehr Ressourcen, als sie selbst herstellen können. Deutschland ist ganz vorn dabei. Der „deutsche“ Weltüberlastungstag lag in diesem Jahr am 3. Mai. Seit dem 3. Mai leben wir auf Pump, verbrauchen Ressourcen, die wir den ärmeren Ländern im Süden entziehen und unseren Kindern und Enkeln.

Den Weltüberlastungstag berechnet Global Footprint Network, eine Nachhaltigkeitsorganisation, welche dieses Datum mit der Ecological Footprint Buchhaltung (oder dem ökologischen Fußabdruck) bestimmt. Die Methode dient dazu, unsere Ressourcenabhängigkeit zu messen und zu managen. Solche Messinstrumente werden im Kontext des Klimawandels und der wachsenden Ressourcennachfrage immer wichtiger.

Der Ecological Footprint zählt alle biologisch produktiven Flächen zusammen, die von Menschen beansprucht werden: für Lebensmittel, Holz, Fasern, CO2 Absorption und Unterbringung der Infrastruktur. Derzeit machen die CO2-Emissionen der Fossilenergie 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit aus.

Der Earth Overshoot Day markiert das Datum, an dem der jährliche Bedarf der Menschheit an Natur das übersteigt, was die Ökosysteme der Erde im ganzen Jahr regenerieren können. Der Earth Overshoot Day hat sich in den letzten 20 Jahren um zwei Monate vorgeschoben. Der 29. Juli ist der frühste Earth Overshoot Day in der Menschheitsgeschichte. Zum ersten Mal hat die Welt in den frühen 1970er Jahren die globale Grenze überschritten. Mittlerweile nutzt die Menschheit die Natur derzeit 1,75-mal schneller, als sich Ökosysteme regenerieren können. Bildlich ausgedrückt: Die Menschheit lebt von 1,75 Erden. Was aber nicht bedeutet, das auch die Länder im Süden derart verschwenderisch mit den Ressourcen umgehen.

Indien zum Beispiel, das gerade aufschließt zu den großen Industriestaaten, kommt nur auf 0,7 Erden. Dass der Grenzwert 1 überschritten wird, liegt ganz allein an der Verschwendungssucht der Industrienationen im Norden – die USA verbrauchen, gemessen an ihrer Bevölkerungszahl, gleich 5 Erden. Deutschland kommt auf 3, China inzwischen auf 2,2. Wobei man immer bedenken muss: China produziert die meisten Konsumgüter für die westlichen Staaten. Ein großer Teil des chinesischen Fußabdrucks müsste also auch noch den westlichen Staaten zugeschrieben werden.

Aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist die Wachstums-Fiktion, die Verbrauch und Verschwendung als produktiv beschreibt und höhere Verbräuche und schnelleren Produktverschleiß sogar als volkswirtschaftlich sinnvoll.

Das aber ist genau der Irrsinn, der unseren Planeten zerstört.

Die Kosten dieser globalen ökologischen Übernutzung werden weltweit immer deutlicher, in Form von Entwaldung, Bodenerosion, Verlust der biologischen Vielfalt und der Akkumulation von Kohlendioxid in der Atmosphäre, was zu Klimawandel und schwereren Dürren, Waldbränden und Hurrikanen führt.

Das heißt nun einmal auch für den deutschen Konsumbürger, dass er eigentlich beginnen muss, umzulernen und Lebensqualität nicht mehr in immer mehr Verbrauch zu sehen, egal, ob es spritschluckende Autos, Päckchen von Amazon, Berge von Heimelektronik, Flugreisen oder immer neue Markenartikel sind. Auch wenn der Familienvater verzweifelt dasteht und nicht mehr weiß, wohin mit dem verdienten Geld. Das Umdenken über den Gebrauch des Geldes muss zum Politikum werden.

Und Wirtschaftspolitik muss ihre Werte gründlich ändern, muss kluges und nachhaltiges Wirtschaften honorieren und die Zerstörung wertvoller Ressourcen bepreisen. Nicht nur Flüge mit einer Kerosinsteuer und Verbrennung fossiler Brennstoffe mit einer CO2-Steuer. Auch die Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen muss teurer werden, genauso wie die Versiegelung von Böden usw. Denn der größte Teil des Ressourcenverbrauchs ist nicht nötig. Er produziert nur immer neue Bedürfnisse und Müllberge und zerstört gleichzeitig unsere Landschaften, unsere Städte und Gemeinschaften.

Und noch Germanwatch zum Thema zitiert: „Der Deutsche Erdüberlastungstag 2019 war am 3. Mai: Wäre der Ressourcenverbrauch der Weltbevölkerung so groß wie in Deutschland, dann hätte sie schon bis zu diesem Zeitpunkt die regenerierbaren Ressourcen verbraucht, die ihr für das gesamte Jahr zur Verfügung stehen. Um einen solchen Verbrauch nachhaltig zu decken, bräuchten wir drei Erden. Die Menschen hierzulande leben ab dem 3. Mai daher auf Kosten kommender Generationen und der Menschen im globalen Süden, die deutlich weniger verbrauchen, aber stärker von den ökologischen Folgen betroffen sind.“

Wir zerstören nicht drei Erden im Jahr, sondern die Lebensgrundlagen unserer Kinder

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