Am Freitag, 3. Mai, schockte der „Spiegel“ mal wieder seine Leser, als er online titelte: „Preistreiber Energie. Inflation in der Eurozone steigt deutlich“. Sachsen liegt ja nun mittendrin im Europa, da müsste das ja auch irgendwie sichtbar werden. Am 30. April erst hatte das Statistische Landesamt die neuen Zahlen zu den sächsischen Verbraucherpreisen veröffentlicht.
Das, was in der „Spiegel“-Meldung so allgemein als „Energie“ bezeichnet wird, steckt ja in unterschiedlichen Posten – zum einen in den Kosten für „Strom, Gas u. a. Brennstoffe“, die mit in den Wohnkosten stecken. Wenn hier also etwa die Kosten für Strom und Heizung steigen, merkt es der Normalverbraucher natürlich an der Abrechnung.
Und dann gibt es noch die Energiekosten in der Mobilität – exemplarisch für Diesel und Benzin, indirekt auch über die Kosten für ÖPNV (die Sachsens Statistiker so gut wie nie extra ausweisen), oder „Personenbeförderung im Luftverkehr“. Letztere sind gegenüber März tatsächlich um spürbare 3,6 Prozent angestiegen und damit erstmals wieder über die Preise von 2015, die Jahre dazwischen lag der Preis fürs Flugticket immer drunter.
Ehrlich?
Der Flugverkehr ist noch immer viel zu billig, gerade vor dem Hintergrund der Klimadebatte. Unser Reiseverhalten muss sich deutlich ändern, wenn wir schonend mit unserer Welt umgehen wollen. Mit Billigfliegern geht das nun einmal nicht, so schmerzlich das für manchen wirken mag.
Bislang werden die Flugpreise tatsächlich vor allem durch den etwas teureren Treibstoff getrieben. Gegenüber dem Vorjahr verteuerte sich das Fliegen um 6,1 Prozent.
Und die internationalen Ölpreisentwicklungen schlagen logischerweise auch bei Benzin und Diesel durch. Beide wurden gegenüber dem Vorjahr um 5,0 bzw. 4,7 Prozent teurer – und das ganz ohne CO2-Abgabe. Wobei der Diesel die Preisentwicklung schon vorher vollzog. Benzin wurde hingegen erst im April um 5,1 Prozent teurer. Eine überfällige Entwicklung in Betracht der rückläufigen Ölreserven weltweit. Man geht mit einem seltener werdenden Rohstoff nicht so um, dass er immerfort billig und in riesigen Mengen auf den Markt gekippt wird, damit er möglichst schnell „alle“ wird.
Wäre das, was einige Leute den „Markt“ nennen, auch nur ein bisschen vernünftig, würde sich Sprit schon seit Jahren systematisch verteuern, um Käufer und Autobauer dazu zu zwingen, Autos immer sparsamer, leichter und umweltfreundlicher zu machen. Bei deutschen Autobauern ist aber das Gegenteil passiert – die Dinger wurden immer größer, breiter, schwerer und mit immer mehr PS aufgerüstet.
Das ist das Gegenteil von vernünftig und umweltschonend.
Und das ist natürlich so, dass vernünftiges Käuferverhalten nicht wirklich belohnt wird – und unvernünftiges eben auch nicht bestraft. Und sei es nur mit einer CO2-Steuer, gegen die sich die Auto-Parteien CDU und CSU wieder verwahrt haben. Mit zukunftsfähig hat diese Politik nichts zu tun.
Nächste Frage: Ist wirklich alle Energie teurer geworden?
Der Blick auf die Wohnkosten zeigt, dass es auch hier vor allem der Ölpreis ist, der durchschlägt. Heizöl ist gegenüber dem März zwar nur um lütte 0,3 Prozent teurer geworden, gegenüber dem Vorjahr aber um saftige 11,3 Prozent. Mit der Zeit wird auch das Heizen mit Öl ziemlich teuer. Bei Heizgas ist die Lage wesentlich entspannter, hier gab es gegenüber dem Vorjahr nur 2,2 Prozent Anstieg. Fernwärme wurde zwar übers Jahr um 4,4 Prozent teurer, hatte aber im April einen leichten Preisrückgang um 0,5 Prozent.
Aber beim Reizwort Energie denken ja die meisten an Strom, weil hier nun einmal zuallererst die alternativen Energien und die diversen Umlagen und Aufschläge zu Buche schlagen. Strom wurde zwar – übers Jahr gesehen – um 1,3 Prozent teurer. Aber im April machten sich eindeutig preismindernde Faktoren bemerkbar, Strom wurde also für Verbraucher um 0,6 Prozent billiger. Und wenn die Regierung nicht noch weitere Umlagen ausgerechnet auf den Strompreis packt, kann sich auch in Deutschland der preismindernde Effekt der alternativen Stromerzeugung mit der Zeit bemerkbar machen.
Trotzdem stimmt es: Die Energiekosten in der Gesamtheit treiben die Wohnkosten im Jahresvergleich um 1,6 Prozent in die Höhe. Aber noch viel stärker treiben sie die Kosten der Mobilität, die die sächsischen Statistiker mit 3,3 Prozent im Jahresvergleich beziffern.
Wobei man so langsam an der Realitätssicht der Statistiker zweifelt, die den Personenflugverkehr mit 5,49 Promille wichten und jedes Mal auch verlautbaren, die „Kombinierten Personenbeförderungsleistungen“ im ÖPNV aber einfach weglassen, obwohl sie im Warenkorb der Sachsen dicke 11,52 Promille ausmachen. Denn natürlich sind hundert Mal mehr Sachsen mit dem ÖPNV unterwegs als eine Flugreise machen. Deswegen taucht die Flugreise bei jeder Vebraucherpreisauswertung auf, was aber Nahverkehr kostet, wird stillschweigend übergangen.
Dafür können wir deshalb leider auch nur die Zahlen für den März aufrufen. Danach hat sich die „Kombinierte Personenbeförderungsleistung“ im Jahresvergleich um 1,5 Prozent verteuert. Da steckt auch die letzte Erhöhung bei den LVB im Sommer 2018 mit drin. 2019 wird es erstmals seit Jahren keine Fahrpreiserhöhung geben. Das heißt: Wenn der ÖPNV als Preistreiber im Verkehr ausfällt, entfällt der Löwenanteil des dortigen Preisanstiegs auf die Spritfüllungen.
Verblüffend ist freilich auch, wie Preisanstiege in exotischen Kategorien viel stärker durchschlagen, weil sie von den Statistikern viel stärker gewichtet werden – Tabak zum Beispiel, der im Budget der Sachsen fast doppelt so viel kosten darf wie ÖPNV – und der wurde im Jahresvergleich sogar um 3,6 Prozent teurer.
Wobei die größten Preisanstiege mit 11,7 Prozent eindeutig bei frischem Gemüse und Kartoffeln zu verzeichnen waren. Bei Kartoffeln wirkt das Dürre-Jahr 2018 noch heftig nach, denn gegenüber dem Vorjahr haben sich Kartoffeln um 43 Prozent verteuert. Fisch wurde übrigens auch um über 4 Prozent teurer. Die Folgen des menschlichen Wirtschaftens machen sich genau an so einer Stelle bemerkbar.
Zumindest eins wird deutlicher: „Die Energie“ an sich ist nicht der Preistreiber, in Sachsen nicht und wohl auch nicht in Europa. Es sind vor allem die Ölpreise, die Heizen und Mobilität spürbar teurer machen. Und noch lange nicht so spürbar, dass sich die Autobauer und die Käufer in breiter Menge veranlasst sehen, auf spritsparende Fahrzeuge umzusteigen.
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