"Alle Jahre wieder", sagt Dr. Frank Richter, als er am Montag, 5. Oktober, den Raum der Pressekonferenz betritt. Aber es geht nicht um Weihnachtsgeschenke, auch wenn die irgendwann alle mal bei ihm und seinen Mitarbeitern landen. Denn er ist Betriebsleiter des Eigenbetriebes Stadtreinigung Leipzig und damit auch für die Leipziger Abfallentsorgung zuständig.
Und einmal im Jahr werden die Kosten fürs nächste Jahr ausgerechnet. Die Kostenschätzung liegt dann der nächsten Gebührenkalkulation zugrunde. Und die ist direkt an die verwendeten Tonnengrößen gekoppelt. Jeder Leipziger Haushalt soll möglichst auch genau für die Müllmenge zahlen, die er auch verursacht. Dazu gab es in den vergangenen Jahren immer wieder heftigen Streit. Eine Zeit lang spezialisierten sich Hausmeister darauf, die großen, vor allem für Wohnanlagen verwendeten 1.100-Liter-Container vollzustopfen und den Inhalt zu pressen, bis die Tonnen platzten.
Aktuell sind es wieder die Eigenheimbewohner, die versuchen, ihre 60- oder 80-Liter-Tonnen so ökonomisch zu nutzen, wie es geht. Was natürlich auch wieder heißt: Es wird gestopft, so gut es geht.
Manchmal entzünden dann auch einzelne Zeitungen eine Art kleinen Krieg um die Tonne, in dem mal die einen sich als ausgenommene Weihnachtsgans darstellen, mal die anderen.
Dagegen half dann nur vor einigen Jahren die Einführung regelmäßiger Wiegetouren. Einmal im Jahr wiegt die Leipziger Stadtreinigung einmal reihum alle Tonnengrößen in Leipzig durch, errechnet Durchschnittsgewichte und errechnet daraus die neuen Leerungsgebühren. Deswegen schwanken diese Gebühren, die bei jeder Leerung der Tonne fällig werden, von Jahr zu Jahr.
2016 zum Beispiel steigen sie für die kleinen Tonnen wieder ein wenig an. Bei der kleinsten, der 60-Liter-Tonne, von 3,53 Euro pro Leerung auf 3,65 Euro, bei der 80-Liter-Tonne von 4,48 Euro auf 4,80 Euro. Letzteres ist die größte Erhöhung – derzeit versuchen also insbesondere die Nutzer der 80-Liter-Tonnen, den Rauminhalt so gut wie möglich zu nutzen, während 120-Liter-Tonnen und die großen 1.100-Liter-Container etwas billiger werden in der Entleerung – die einen pro Leerung um 7 Cent, die anderen um 3 Cent. Die 240-Liter-Tonnen-Entleerung wird um 6 Cent pro Leerung teurer.
Das klingt nach einem größeren Preisauftrieb, ist es aber nicht. Denn gerade die Nutzer der kleinen Tonnen sind in der Menge eine Minderheit: Bei 99.300 Behältern in der Halbmillionenstadt, entfallen nur 1.900 auf die Kleingröße 60 Liter, 13.000 Tonnen mit 80 Liter werden für 2016 erwartet. Beide Tonnentypen werden fast ausschließlich von den Besitzern von Eigenheimen genutzt.
Bei Mehrfamilienhäusern lohnen sich diese Tonnengrößen nicht, deswegen sind dort eher Batterien mit 120-Liter-Tonnen (39.700 insgesamt), 240-Liter-Tonnen (34.300) oder gleich den ganz großen Containern (10.300 Stück) zu erwarten. Während bei den kleinen 60- und 80-Liter-Tonnen in der Regel 2 bis 2,4 Personen im angeschlossenen Haushalt leben, kommen rein statistisch 30 Einwohner auf eine 1.100-Liter-Tonne.
Frank Richter ist dazu schon etliche Diskussionen gewohnt. Auch diesmal werden sie wohl nicht ausbleiben, werden diverse Eigenheimbesitzer empörte Leserbriefe schreiben. Aber rechnerisch sind sie im Unrecht, denn während 80-Liter-Behälter im Schnitt auf 20,1 Kilogramm Abfallgewicht kommen, sind es bei den 1.100-Liter-Behältern 138 Kilogramm. Was dann auf die betroffenen Nutzer gerechnet im einen Fall 8,375 Kilogramm pro Leerung ausmacht, im Fall der großen Tonne aber nur 4,58 Kilogramm. Was dann möglicherweise auch damit zusammenhängt, dass die großen Behälter in der Stadt regelmäßig geleert werden, während Eigenheimbesitzer natürlich selbst bestimmen, wann sie ihre Tonne geleert haben wollen.
Manche schafften ja in der Vergangenheit sogar das Kunststück, überhaupt keine Tonne rauszustellen. Wo ließen die eigentlich ihren Müll? Das bewegte ja bekanntlich auch den Stadtrat, der am Ende dem Verwaltungsvorschlag zustimmte, eine Pflichtleerung pro Quartal einzuführen. Auch die Haushalte, die vorher gar keinen Müll hinausstellten, waren nun verpflichtet, die Pflichtleerung zu bezahlen.
Und dann ist da ja noch das Phänomen der wachsenden Stadt. Sollten da die Müllpreise nicht sinken? Nicht wirklich, sagt Frank Richter. Das Wachstum der Müllmenge sorgt natürlich auch dafür, dass in Cröbern, wenn die zusätzlichen Tonnagen abgeliefert werden, auch mehr Abnahmegebühr fällig wird. Und auch Leipzigs Müllabfuhr hat seit einigen Jahren wieder ganz normale Lohnsteigerungen, die natürlich auch auf die Kosten umgelegt werden. Im Februar läuft der aktuelle Tarifvertrag mit ver.di aus. Frank Richter rechnet mit einem um 2,5 Prozent höheren Tarifabschluss. Und der ist in die Kalkulation für 2016 nun schon mit eingerechnet. Danach erhöht sich der Kostenaufwand der Abfallentsorgung um 433.000 Euro auf dann 36,3 Millionen. Die Lohnsteigerung schlägt also nicht 1:1 durch. Tatsächlich erhöhen sich die Müllgebühren für die Leipziger jetzt im Schnitt um 1,2 Prozent.
Darin steckt nicht nur die Leerungsgebühr, die jedes Mal fällig wird, “wenn die Tonne am Fahrzeug hängt”, wie es Richter ausdrückt.
Darin steckt natürlich auch die Verwertungsgebühr, mit der die Leipziger den ganzen Sammelapparat finanzieren, den die Stadtreinigung ja auch noch unterhalten muss: die Sammelsysteme für Verpackung, Papier / Pappe und den Kommunalanteil für die Gelbe TonnePlus, außerdem die 19 Wertstoffhöfe der Stadt und die Entsorgungskosten für Sperrmüll, Schadstoffe, Schrott und Elektrogeräte. Auch die Vorhaltegebühr für die Bioabfallsammlung steckt da drin (nicht aber die Festgebühr für Biotonnen, die müssen die Nutzer von Biotonnen selbst zahlen).
Und hier macht sich das Bevölkerungswachstum wohl am deutlichsten bemerkbar: Die Verwertungsgebühr sinkt für alle Behältergrößen außer für die 60-Liter-Tonne – da bleibt sie aber gleich. Die Verwertungsgebühr fällt einmal pro Monat an. Während der Eigenbetrieb für 2015 mit rund 77 Millionen Tonnen Restmüll aus Leipzig rechnet, wird für 2016 mit 79 Millionen Tonnen gerechnet.
Bleibt noch der Preis für die Biotonnen: Der bleibt 2016 genauso wie 2015.
Und das Ganze steht dann in der Abfallgebührensatzung, die am 1. Januar 2016 inkraft tritt.
Die neue Abfallgebührensatzung.
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