Was kommt dabei heraus, wenn einer von diesen modernen, smarten Energieanbietern wie "E wie einfach" eine Studie in Auftrag gibt, die herausfinden soll, wer im Land eigentlich nun Energiespar-Meister ist? Immerhin ein Thema, das in Zeiten massiv steigender Strompreise alle Bundesbürger beschäftigt: Wie bekommt man wenigstens den eigenen Verbrauch in Griff? - Keine wirkliche Überraschung ist das Ergebnis: "Sachsen sind Energiespar-Experten".

“E wie einfach” ist seit dem 1. Februar 2007 auf dem Markt und ist der erste bundesweite Strom- und Gasanbieter in Deutschland, teilte das Unternehmen in seiner Pressemeldung noch mit. “Das Kölner Unternehmen mit den einfachen und günstigen Energieprodukten ist weiterhin auf Wachstumskurs und konnte auch 2012 wieder über 100.000 Kunden gewinnen.” Wonach man freilich ein bisschen suchen muss – es steht unter den Unternehmensangaben – ist die Auskunft, dass man es mit einem Tochterunternehmen des E.on-Konzerns zu tun hat.

Von TNS Emnid wurden für diese Studie deutschlandweit 1.852 Personen befragt, die in Privathaushalten leben.

Am Ende ist dann freilich die Frage: Wie liest man die Ergebnisse? – Bei “E wie einfach” liest man sie so: “Nicht die Schwaben, sondern die Sachsen sind die wirklichen Sparfüchse, wenn es um das Thema Energie geht. Das belegt eine aktuelle TNS Emnid Studie im Auftrag des Strom- und Gasanbieters ‘E wie einfach’. Demnach ist kein anderes Bundesland so gut über seinen Stromverbrauch aufgeklärt; nur 14 Prozent der Sachsen kennen diesen nicht. Auch bei der Stromnutzung heben sie sich mit dem größten Anteil an sparsamen Verbrauchern deutlich von ihren Nachbarn in Restdeutschland ab: Knapp zwei Drittel der Haushalte benötigen hier weniger als 2.500 kWh im Jahr, jeder fünfte Haushalt sogar weniger als 1.000 kWh. Dem Spargedanken fällt dabei mitunter auch das ökologische Bewusstsein zum Opfer. Mit einem Anteil von 16 Prozent hat Sachsen im bundesweiten Vergleich die geringste Anzahl an Ökostrom-Abnehmern.”

War das jetzt der richtige Schluss? Nicht ganz. Aber er deutet auf etwas hin, was für den Leipziger Privatkundenmarkt seit Jahren typisch ist: dass nicht nur viele Privathaushalte aufgrund ihrer knappen Haushaltsbudgets immerfort auf der Suche nach einem noch billigeren Stromangebot sind, sondern auch viele Kleingewerbetreibende und Mittelständler. Man wundert sich oft, wie beharrlich auch die beiden Wirtschaftskammern die anschwellenden Strompreise in Deutschland kritisieren und eine Reform der EEG-Gesetze fordern. Aber der Grund liegt eben nicht in der Einsicht, wie gut eine Energiewende sein kann, sondern in der blanken Not: Die rasant steigenden Strompreise treffen in Ostdeutschland und Sachsen zumal auf ein deutlich niedrigeres Einkommensniveau und auf eine Wirtschaft, die oft immer noch von der Hand in den Mund lebt.

Daran ändert auch der jüngste schön gemalte Bericht zur Deutschen Einheit nichts: Die meisten Ostdeutschen haben sich mit Geduld und Spucke wieder eine einigermaßen auskömmliche Erwerbstätigkeit aufgebaut. Doch die Marge, die sie über Wasser hält, ist für 90 Prozent der Betroffenen gering. Und seit einigen Jahren zehren mehrere Preis- und Gebührenerhöhungen diese Marge auf. Das sorgt übrigens nicht erst seit 2012, seit auch das Strompreis-Gejammer im Westen der Republik anhob, für massive Einsparanstrengungen in ostdeutschen Unternehmen und Privathaushalten.Man wundert sich ja oft genug darüber, was alles ganz im Stillen passiert, weil diese Vorgänge in den bräsigen Großmedien des Westens nicht die Bohne interessieren (außer wenn mal wieder ein Mob von Nazis durch die Straßen Ostdeutschlands grölt). Deswegen liegt auch der Stromverbrauch Leipziger Haushalte seit Jahren deutlich unter den 2.500 kWh, den TNS Emnid für diese Studie als Maßstab genommen hat. Die Sachsen nehmen die Beratungsangebote ihrer Kommunalversorger und der Verbraucherzentrale sehr intensiv wahr, wechseln – wenn sie können – Stromfresser aus oder schaffen einige ganz und gar ab. Der im Westen signifikant höhere Stromverbrauch rührt auch aus der Nutzung von deutlich mehr elektrischen Geräten im Haushalt her. Beim Strom gilt bald dasselbe wie beim Sprit: Wer hat, der hat und zeigt mit üppigem Verbrauch, dass er sich die Verschwendung leisten kann.

Und so schreibt denn auch “E wie einfach” zu den “Tricks der Sachsen beim Energiesparen”:

“Um Energie und damit Geld zu sparen, haben die Sachsen gleich eine ganze Reihe von Tricks. Ganz oben auf der Liste steht das Abtauen der Gefriertruhe (80 Prozent). Damit sind sie die Abtaumeister Deutschlands. Aber auch mit Stoßlüften (83 Prozent), dem Ausschalten des Standby-Modus (76 Prozent) und dem Herausziehen von Ladegeräten aus der Steckdose nach dem Gebrauch (76 Prozent) versuchen sie ihren Stromverbrauch zu senken. Dabei hilft ihnen ebenfalls, dass sie viele Elektrogeräte im Vergleich zu den Einwohnern anderer Bundesländer deutlich seltener nutzen. Fast jeder Dritte verwendet nie einen Föhn und auch der Computer läuft mit etwa 1,5 Stunden fast eine halbe Stunde weniger am Tag als in Restdeutschland. Waschmaschine und Trockner kommen ebenfalls deutlich seltener zum Einsatz. Nutzen in Gesamtdeutschland im Durchschnitt zwölf Prozent die Waschmaschine täglich, sind es in Sachsen nur drei Prozent; den Trockner setzt sogar nur ein Prozent der Sachsen täglich ein – im deutschen Schnitt sind es viermal so viele.”

Das gibt dann ein sehr deutliches Bild. Und das wird eben nicht von einem ökologischen Bewusstsein getrieben. Zumindest bei der Mehrheit nicht. Die meisten schauen schlichtweg auf den Preis – beim Verbrauch genauso wie beim Einkauf. Und das seit Jahren.

Die Leipziger Zahlen von 2007 bis 2010 aus dem “Statistischen Jahrbuch 2012”: 2007 verbrauchte ein Privathaushalt in Leipzig durchschnittlich 1.766 kWh im Jahr. Ein Jahr später war der Wert schon auf 1.708 kWh gesunken, im Folgejahr auf 1.619. Für 2010 kann man die Zahl von 1.622 kWh ermitteln, was dann mit der von TNS Emnid ermittelten Zahl korrespondiert, dass 64 Prozent der sächsischen Privathaushalte weniger als 2.500 kWh im Jahr verbrauchen.

Und der zweite Aspekt bei diesen Sparbemühungen freut natürlich Anbieter wie “E wie einfach” und wie sie noch alle heißen. Oder ärgert sie. Man merkt regelrecht, wie die in Köln ansässige Marketingabteilung jetzt gern Ergebnisse sehen will. War da nicht gerade ein Konkurrent, der in Leipzig die Segel streichen musste? – “Ein wichtiges Sparpotenzial haben sich die Sachsen allerdings noch nicht erschlossen: den Wechsel des Stromversorgers”, behauptet man einfach mal. “92 Prozent haben in diesem Jahr ihren Stromanbieter nicht gewechselt, und das, obwohl 21 Prozent mit diesem weniger zufrieden oder sogar unzufrieden sind.” Welche Risiken in so einem Wechsel bestehen, haben ja einige Ereignisse auf dem Markt der Billiganbieter und Vorkassenehmer gezeigt.

Irgendwann beginnen auch die Sachsen nachzurechnen und merken, dass die von diversen Vergleichsportalen angepriesenen Champions nicht immer das halten, was sie versprechen. Oft sind die Marktmodelle schlicht nicht vergleichbar, der Ärger steht im Kleingedruckten. Und der versprochene Geldvorteil löst sich dann oft genug im Wohlgefallen auf. Gerade wenn ein Haushalt sowieso schon im Sparmodus ist.

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