Im Herbst startete die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat einen Vorstoß, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) in Fällen des sogenannten Schwarzfahrens (offiziell: „Leistungserschleichung“) keine Strafanzeige mehr stellen, sondern diese nur noch als Ordnungswidrigkeit behandeln. Doch das liegt – so stellt das Mobilitäts- und Tiefbauamt jetzt fest – nicht in der Entscheidungshoheit des Stadtrates.

„Eine Änderung der gesetzlichen Regelung zur Abschaffung des Straftatbestands ist dem Bundestag und dem zuständigen Bundesministerium vorbehalten.“

Aber die Praxis der LVB ist schon lange nicht mehr auf maximale Bestrafung angelegt, erklärt die Verwaltung: „Die gängige Praxis der LVB, erst beim dritten Fahren ohne gültigen Fahrausweis innerhalb eines kurzen Zeitraums den Weg einer Strafanzeige zu gehen, bewegt sich innerhalb der geltenden Gesetzeslage.“

Darin steckt auch die Sicht der Verkehrsbetriebe selbst.

Der Verwaltungsstandpunkt schildert den aktuellen Umgang mit „Schwarzfahrern“ so: „Gängige Praxis der LVB ist es, erst beim dritten Fahren ohne gültigen Fahrausweis innerhalb eines kurzen Zeitraums den Weg einer Strafanzeige zu gehen. Die Zahl der zur Anzeige gebrachten Vorgänge hat sich mit rund 1.700 Vorgängen in 2023 im Vergleich zu den Vorjahren bereits halbiert. Zum Ausgang dieser Verfahren wird die LVB jedoch nicht informiert.“

Der letzte Satz heißt einfach: Die LVB erfahren nicht, ob die Angezeigten dann auch vor Gericht ein Urteil bekamen und wie hoch dieses ausfiel.

Manche können auch keine vergünstigten Tickets bezahlen

„Im Sinne der Fahrgäste, die das Beförderungsentgelt bezahlen und so das Angebot der LVB mitfinanzieren, soll diese geübte Praxis fortgeführt werden. Gemeinsam mit der Stadt Leipzig bieten die LVB vergünstigte Tickets sowie, sehr erfolgreich, das Deutschlandticket, inzwischen für verschiedenste Zielgruppen, wie Studenten, Leipzig Pass-Empfänger oder Berufstätige an. Auch für Kinder und Jugendliche gibt es mit dem öffentlich finanzierten Bildungsticket ein kostengünstiges Fahrscheinangebot“, betont die Verwaltungsstellungnahme.

„Wie bereits im Antrag formuliert wurde, liegt es in der Kompetenz des Bundestages und dem zuständigen Bundesministerium, eine gesetzliche Regelung zur Abschaffung des Straftatbestands zu erörtern und zu beschließen. Die Kommune hat keinen unmittelbaren Einfluss auf diesen Gesetzgebungsprozess.“

Die Grünen hatten in ihrem Antrag betont, dass laut einer Umfrage von 2023 immerhin 69 Prozent der Deutschen befürworten, dass Schwarzfahren nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet wird.

Sie gingen aber davon aus, dass der Oberbürgermeister den anderen Umgang mit „Schwarzfahrern” bei den der Stadt gehörenden LVB einfach durch eine Gesellschafteranweisung umsetzen könnte: „Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) verzichten bei Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ohne Fahrschein auf die Stellung eines Strafantrages oder einer Strafanzeige nach § 265a StGB. Die Regelung zum erhöhten Beförderungsentgelt beim Fahren ohne gültigen Fahrschein bleibt hiervon unberührt.“

Aber die Verwaltung lehnt den Antrag trotzdem ab und verweist auf die Kulanzregelung der LVB.

Im November 2023 hatte das Bundesministerium der Justiz ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuchs veröffentlicht, nach dem es auch zu einer Änderung des § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) kommen sollte. Aber wie so viele Vorhaben der Ampel-Koalition wurde auch dieses nicht umgesetzt.

Also werden wohl auch weiter Personen, die immer wieder ohne Fahrschein in den Bahnen und Bussen der LVB angetroffen werden, eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis verbringen müssen, weil sie meist nicht das Geld haben, die verhängten Strafsätze zu bezahlen.

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