Seit der Wahl des neuen Stadtrates hat die Leipziger CDU-Fraktion ihren Ton verschärft, mit dem sie die überfällige Verkehrswende mit allen Mitteln zurückzudrehen versucht. In der Diskussion um den Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 tut sie es zum Beispiel, indem sie Projekte wie die Europäische Mobilitätswoche streichen will, die ja bekanntlich Schaufenster eines umweltgerechten Verkehrs ist.

Doch für ihren Streichantrag bekommt sie ein deutliches „So nicht!“ aus dem Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA). Auch weil die CDU eine Antwort der Stadt falsch interpretiert. Die CDU-Fraktion hatte gleich zu Beginn der neuen Stadtratslegislatur gefragt, wie sich die Europäische Mobilitätswoche in Leipzig entwickelt hat, was sie kostet und was sie bringt. Und das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) hatte ausführlich geantwortet.

Trotzdem las die CDU-Fraktion aus der Antwort heraus, dass die Mobilitätswoche eigentlich nichts bringe: „Wie aus der Antwort des Oberbürgermeisters auf die Anfrage der CDU-Fraktion VIII-F-00240-AW-01 hervorgeht, wird zur sogenannten Europäischen Mobilitätswoche in der Stadt Leipzig mit hohem finanziellem und organisatorischem Aufwand ein marginaler Effekt erzielt. Angesichts der Haushaltslage ist das Projekt somit zu beenden und die Mittel einzusparen.“

Also könne man auch die 50.000 Euro, welche die Stadt dafür bereitstellt, und die zwei Planstellen für die Organisation einfach streichen. Womit auch die Mobilitätswoche Teil des mit breiter Brust vorgelegten Streichpakets der CDU wurde, mit dem sie rund 200 Millionen Euro meinte, im Doppelhaushalt zusammenstreichen zu können.

Aber das Mobilitäts- und Tiefbauamt verwahrt sich deutlich gegen die Behauptung, die Europäische Mobilitätswoche hätte nur einen „marginalen Effekt“.

Es geht um Engagement und Beteiligung

„Die städtischen Aufgaben im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche (EMW) umfassen nicht nur die Fördermittelvergabe in Höhe der angeführten 50.000 €, sondern beinhalten weitere Aufgabenfelder, die in der Antwort der Stadtverwaltung VIII-F-00240-AW-01 auf die Anfrage der CDU-Fraktion zur Durchführung der EMW 2024 bereits detailliert aufgeführt wurden“, bemerkt das Mobilitäts- und Tiefbauamt.

Und man merkt, wie verärgert man dort über die bewusste Fehlinterpretation durch die CDU-Fraktion war. „In dieser wurde außerdem deutlich und durch die geforderten Zahlen unterlegt beschrieben, welche Effekte die EMW in Leipzig hat, die nicht als ‚marginal‘ zu beschreiben sind.

Seit dem Jahr 2020 hat sich die Anzahl der Veranstaltungen aus der Bürgergesellschaft mehr als verdreifacht, sodass 2024 91 Aktionen und Veranstaltungen umgesetzt werden konnten. Dieser Zuwachs an Aktionen und Besuchenden, spiegelt den Willen und das Interesse vieler Leipziger/-innen, sich über die EMW an der Gestaltung Leipzigs zu beteiligen.

Damit ist die EMW ein wesentliches Instrument der Kommunikation und Partizipation, welches ämterübergreifend angenommen wird. Die EMW fördert den gemeinsamen Austausch über die Gestaltung zukünftiger Mobilitätsangebote und honoriert und fördert auch finanziell zivilgesellschaftliches Engagement und demokratische Beteiligung.

Für ihre nationale Vorreiterrolle hat das UBA die Stadt Leipzig 2021 im Rahmen des autofreien Tages den 1. Platz in der Kategorie Beste Mobilityaction von knapp 200 teilgenommenen Kommunen ausgezeichnet. Auch medial haben die EMW und der autofreie Tag 2024 über Leipzig hinaus Aufmerksamkeit generieren können.“

Eine wichtige Funktion in der Mobilitätsstrategie 2030

Aber das mit den umweltgerechten Verkehrsarten ist nicht so das Ding der Leipziger CDU. Während andere Parteien bei Veranstaltungen zur Verkehrswende schon mal auftauchen, hält sich die CDU vornehm zurück und redet die Effekte einer Mobilitätswoche klein. Was natürlich eine politische Absicht ist.

Und deshalb wird auch das Mobilitäts- und Tiefbauamt deutlicher in seiner Stellungnahme: „Die Europäische Mobilitätswoche (EMW) ist aufgrund ihrer wichtigen Funktion zur Kommunikation der Leipziger Mobilitätsstrategie 2030 im Rahmenplan unter der Anlage I als prioritär eingeordnet. Das EMW-Netzwerk bildet ein starkes Rückgrat in der Umsetzung der Mobilitätsstrategie und fördert durch das hohe ehrenamtliche Engagement eine breitere Akzeptanz in der Umsetzung städtebaulicher Maßnahmen.

Die EMW ist somit eine wesentliche vertrauensbildende Maßnahme in die Stadtgesellschaft hinein. Als Beispiel sind die Beteiligungsformate im Rahmen der EMW zum Nathanaelkirchplatz in den Jahren 2023 und 2024 zu erwähnen. Sie stellen eine grundlegende Vorbereitung und frühzeitige Einbindung der Bewohner/-innen zu einem Platz dar, der in dem diesjährig vom Stadtrat beschlossenen Stadtplatzprogramm enthalten ist. Die Ausweitung, Stärkung und auch finanzielle Förderung des EMW-Netzwerks sind dafür ein wesentlicher Bestandteil der städtischen Aufgaben.“

Was aber nicht im Sinn der CDU-Fraktion ist, die mit allen Mitteln für eine autogerechte Stadt kämpft, also das alte Primat des motorisierten Verkehrs. Während sich viele andere Akteure in der Stadt oft mit wenigen Mitteln darum bemühen, dass die Stadt bewohnerfreundlicher wird und umweltfreundliche Verkehrsarten mehr Platz bekommen.

Das stellt auch das Mobilitäts- und Tiefbauamt fest: „Des Weiteren stützt die EMW die Entwicklung hin zu einer innovativen Verkehrsgestaltung, die Leipzig auch als Wirtschaftsstandort stärkt. Der Kreis der aktiven Unternehmen umfasst dabei DHL, Swapfiets, MDV, Nextbike und teilAuto, städtische Unternehmen wie die LVB und die Stadtreinigung bis hin zu kleineren Unternehmen, Start-ups und Projekten zur Förderung eines leistungs- und zukunftsfähigen Wirtschaftsverkehrs sowie die Etablierung von Logistik Hubs.“

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Es gibt 6 Kommentare

“Da geht es nur noch um Affekte.”
Die Kritik teile ich mit Ihnen. Aber Sie machen da schon auch mit. Während ich das Motto des Tages lediglich als “Gipfel” der teils schrägen Thematik nenne, erhöhen Sie diesen kleinen Punkt, als wäre es meine zentrale und einzige Kritik daran.

Um Diskussionen (vielleicht sogar noch mit Erkenntnisgewinnen) gehts im Netz doch schon lange nicht mehr. Genau so wie es gewissen Teilen des politischen Spektrums auch gar nicht mehr ums Erklären geht. Da geht es nur noch um Affekte. Und dabei wird sichdann halt einer auf das Motto des Tages abgenudelt. Na wenns hilft…

Hallo EarlGrey,
wir sind nicht beim “Du”.

Geht es Ihnen denn überhaupt um Diskussion?
“Dosentrottel” als Begriff für komplett alle Auto- und LKW-Nutzer, die am Aktionstag “Ein Ring für Alle” ausgeschlossen waren?
“Trotzig Grillen” als Gegenthema?
Teilnahme der CDU am Aktionstag als Voraussetzung für Kritik desselben?

Signale gut und schön, aber dann macht es doch bitte wirklich besser als die Anderen.

Wenn es Dir darum geht ums “überhöhen” zu reden, dann kannst Du gern bei der CDU angfangen. Wem es wichtig ist, herauszustellen, dass das Tagesmotto ja gar nicht für alle galt, mit dem braucht man aber nicht weiter diskutieren. Da ist die Aufnahmefähigkeit nämlich nicht ausreichend. Denn 364 Tage im Jahr gehört der Promenadenring ja den Dosentrotteln.
Und “Signalaktionen”? Ja, gerne! Gerne mehr davon! Die Leute, die sich dabei informieren und auch einbringen wollen, tun dies. Gerade der Roßplatz mit Stadtverwaltung und LVB war rammelvoll. Für alle anderen ist es klares Zeichen (Signal!), das der Wind inzwischen aus einer anderen Richtung weht und sich alle darauf einstellen sollten. Auch die, die trotzig beim Möllmer um den Grill saßen.

Ich fand es schon seltsam, mit wie viel Energie das (unpolitische?) Verkehrsamt Werbung macht für Beschlüsse, die es angeblich nur umsetzen soll und möchte. Der Gipfel war das Plakat und Motto “Ein Ring für alle”, bei dem lustigerweise eben genau nicht alle gemeint waren.
Wenn das mal hinterleuchtet wird finde ich das schon richtig. Ich persönlich habe kein Problem damit, wenn ein mal im Jahr der Ring nicht mit dem Auto befahrbar ist. Und wenn man ehrlich ist, sind die 50.000 € kein Grund für den Streit, aber muss man sich mit der Aktion dabei selbst so überhöhen, wie toll man ist? Signalaktionen, um einen Preis vom Bundesamt (!) zu erhalten? Wo steht der denn, und wem nützt er?

” EMW ist somit eine wesentliche vertrauensbildende Maßnahme in die Stadtgesellschaft hinein.”
Für nicht wenige ist die ein wesentlicher Grund zum Kopfschütteln, vor allem bei solchen Mottos…

Ja schön. Noch etwas, an dem die CDU nie teilgenommen hat oder vor Ort war, sie es aber Kraft der Ferndiagnose ganz genau wissen will. Wahrscheinlich traf man sich stattdessen am Ring frei-Sonntag beim Möllmer zum grillen und gemeinsamen abhaten.
Und bei alledem dürfen wir aber niemals vergessen: “Die CDU ist nicht die Autofahrer-Partei!” Dass das mal klar ist!

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