Ein Schritt vorwärts und zwei zurück, eine bessere Beschreibung findet sich bei den Aktionen des Verkehrsministers Wissing und der FDP-Spitze schwerlich. Eines kann aber eindeutig festgestellt werden: Verkehrspolitik ist für die FDP-Politiker immer zuerst Autopolitik. So mauschelte Verkehrsminister Volker Wissing mit seinem Parteikollegen Finanzminister Christian Lindner: Die beiden erarbeiteten einen Plan für die Erhöhung des Eigenkapitals der DB.
Mit dieser Erhöhung sollen, wenn auch längst nicht in ausreichendem Maße, notwendige Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden. Das Problem dabei ist, dessen waren sich beide Minister gewiss bewusst, dass dies zu einer extremen Erhöhung der Trassenpreise führt, was besonders die privaten EVUs (Eisenbahnverkehrsunternehmen) trifft.
Wir sprachen dazu mit Peter Westenberg von „Die Güterbahnen“. Die Privaten sollten, so zumindest die Selbstdarstellung der Freidemokraten, eigentlich zur Kernklientel der FDP gehören, wovon allerdings nichts zu spüren ist. Einer der wichtigsten Punkte bei der Erhöhung der Trassenpreise ist, dass ein Wegfall der privaten Konkurrenz die DB überfordert. Die DB Cargo ist nicht in der Lage, die 61 % des Transportaufkommens, welche die privaten EVUs leisten, zu übernehmen.
Kaum ist das alles publik geworden, stellt sich der Verkehrsminister hin und sagt: „Trassenpreise dürfen kein Bremsklotz für die Bahn sein!“ Um das zu erreichen, will sich Wissing „Die Entwicklung der Trassenpreise genau anschauen“ und „kurzfristig Mittel zur Bezuschussung von Trassenpreisen“ in die Haushaltsverhandlungen einbringen.
Ergo: Erst die Schuldenbremse mit der Ausgestaltung der Eigenkapitalerhöhung umgehen, dann Mittel, die dadurch notwendig werden, in den Haushalt einbringen. Wahrscheinlich sollen diese dann durch Kürzungen im Sozialbereich verfügbar gemacht werden. Immerhin will Wissing: „Viel Verkehr auf der Schiene, pünktlichen Verkehr auf der Schiene, wir wollen eine leistungsfähige Schiene.“
Spielwiese Autoverkehr
Parallel dazu gibt es von Seiten der FDP, allerdings steht der Verkehrsminister hier nicht an vorderster Front, ein Pro-Auto-Programm, welches wie aus einer Satirezeitung entsprungen wirkt.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kündigte ein Programm an, mit dem die Innenstädte für Autos zugänglich sein sollen. Konkret sollen „Kommunen mehr Autos in die Innenstädte locken, indem sie Parken kostenlos machten.“ Man wünscht sich dazu ein „günstiges, deutschlandweites Flatrate-Parken nach dem Vorbild des 49-Euro-Bahntickets.“
Wie gesagt: Was darf Satire? Christian Lindner, der gern das 49-Euro-Ticket verteuern will, soll jetzt die Mittel bereitstellen, um eine „günstige“ deutschlandweite Park-Flatrate zu finanzieren. In den Innenstädten sind es meist Parkhäuser oder Parkflächen im kommunalen oder privaten Eigentum, deren Eigentümer und Betreiber dann Ausgleichszahlungen vom Staat bekommen würden.
Ob die Kommunen mehr Autos in ihren Innenstädten haben wollen, nachdem sie erst viel getan haben, um das zu verhindern, danach wurde scheinbar nicht gefragt. Alte, längst vergessene FDP-Wirtschaftspolitiker hätten wohl erst gerechnet und dann den Kopf geschüttelt. Das Programm umfasst natürlich „grüne Wellen“ für Autoverkehr. Vom ÖPNV redet die FDP-Spitze nicht gern, weniger Fußgängerzonen und Fahrradstraßen sind auch dabei.
Fazit: Wir haben ein Problem damit, dass ausgerechnet die FDP das Verkehrsministerium leitet. Das ist schon längst bekannt. Wer meinte, dass es nach Dobrindt und Scheuer nur besser werden kann, irrte. In der FDP ist die Verzweiflung scheinbar enorm. Wegen der Stimmen einiger autofahrender Wählerinnen und Wähler, die aufgrund dieses Programms eventuell FDP wählen, wird erneut die Ampel-Koalition aufs Spiel gesetzt.
Ob es noch eine ernst zu nehmende Partei gibt, die, nach den ganzen Volten, mit der aktuellen FDP koalieren würde (sollte sie es in ein Parlament schaffen), bleibt abzuwarten.
Es gibt 2 Kommentare
Die gelbrechten Autoenthusiasten und Gummimafiosos können ja gerne für ihre Klientel ein “Park-Abo” einführen, dann aber bitte auch konsequent “frei marktwirtschaftlich” privat finanziert und an realen Kosten orientierend. Dann ginge es ihnen ans Geld, und dann wollen sie definitiv nicht mehr. 😀
Sebastian Thurm
“Ob es noch eine ernst zu nehmende Partei gibt, die, nach den ganzen Volten, mit der aktuellen FDP koalieren würde (sollte sie es in ein Parlament schaffen), bleibt abzuwarten.”
Da werden im nächsten Bundestag 3 Parteien sitzen, die genau den gleichen Unsinn denken und sich auf die FDP als Sprachrohr freuen: BSW, AfD, CSU – und wenn es ganz schlecht läuft – auch noch die Freien Wähler. Mit Bundeskanzler Markus Söder hätte man dann auch noch jemanden, der opportunistisch genug ist, das je nach Wetterlage auch voranzutreiben.