Es ist ein leidiges Problem, das einem als Nutzer des ÖPNV an vielen Haltestellen der LVB begegnet: Weit und breit ist zwar noch keine Straßenbahn zu sehen, an der Fußgängerampel ist „Rot“. Also wartet man brav in der Gewissheit, bis zur Ankunft der Straßenbahn werde man schon über die Straße kommen. Und dann kommt die Straßenbahn. Jetzt kommt bestimmt „Grün“, damit man auf die Haltestelleninsel kommt. Kommt aber nicht. Ein Problem, das Bürger Bernhard zum Thema für seinen Bürgervorschlag gemacht hat.

Denn das ist nicht nur frustrierend. Es zeigt auch, dass die Planer der Ampelschaltung nur Straßenbahn gedacht haben und die Nutzer derselben, wen sie nicht schon auf der Haltestelleninsel warten, einfach vergessen.

„Ich schlage vor, die Ampelschaltung an Straßenbahnhaltestellen in Leipzig so zu optimieren, um die Sicherheit für Fußgänger zu erhöhen und die Effizienz des öffentlichen Nahverkehrs zu verbessern“, schrieb Bernhard in seinem Vorschlag für den Bürgerhaushalt 2025/2026.

„Straßenbahnhaltestellen befinden sich in Leipzig häufig in der Mitte der Straße. Einfahrende Straßenbahnen veranlassen Bürger häufig, die Straße trotz Verkehr bei Rot zu überqueren, um lange Wartezeiten von bis zu 10 Minuten (und teilweise noch länger) zu vermeiden. Das führt zu lebensgefährlichen Situationen, nicht nur, aber gerade für Kinder.“

Konkret schlägt er vor, „die Fußgängerampeln so zu schalten, dass diese synchronisiert sind mit der Einfahrt und Abfahrt der Straßenbahnen. Fußgänger sollen bereits bei Einfahrt der Straßenbahn Grün erhalten und dieses Signal so lange behalten, bis die Straßenbahn die Haltestelle verlassen hat. Diese Maßnahme würde nicht nur die Sicherheit für Fußgänger erhöhen, sondern auch die Gesamtfahrzeit der ÖPNV-Nutzer verkürzen, indem unnötige Wartezeiten vermieden werden.

Auch würde dadurch nicht nur die Sicherheit verbessert werden, sondern auch die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt, was letztlich im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger liegt.“

Eigentlich ganz logisch. Das wäre mal ein anderer „Vorrang für die Straßenbahn“, nämlich für ihre Nutzer.

Für wen sollte man die Ampelschaltungen optimieren?

Doch so ganz unbekannt ist das Problem in der Verwaltung nicht. „Der Sachverhalt wird bereits berücksichtigt“, stellt diese in ihrer Stellungnahme fest und gibt den Vorschlag auch zur Abstimmung frei.

Nur die Umnsetzung ist aus Sicht der Verkehrsplaner nicht so einfach: „Die Optimierung der Fußgängerfreigaben im Haltestellenbereich wird bei den Planungen der Steuerungen bereits berücksichtigt und ist Bestandteil des Verwaltungshandels. Bei der (Neu-)Planung von Lichtsignalanlagen werden stets die Belange des Fußgängerverkehrs und insbesondere das Erreichen der Haltestelle bei gleichzeitig einfahrenden ÖPNV berücksichtigt.

In Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten ist dies jedoch nicht immer umsetzbar. Werden beispielsweise ÖPNV und Kfz-Verkehr vor der Einfahrt in die Haltestelle auf einer Fahrspur geführt, muss der Kfz-Verkehr vorher Grün erhalten, damit der ÖPNV in die Haltestelle einfahren kann. Eine Freigabe für den Fußgänger kann dann bei Einfahrt des ÖPNV nicht geschalten werden.“

Man sieht: Hier hat ein echter Sachse geantwortet. Natürlich muss es „geschaltet“ heißen, nicht „geschalten“. Und die Begründung erklärt dann natürlich auch, warum nicht nur Bernhard ständig solche frustrierenden Erlebnisse beim Übergang zur Haltestelle hat. Denn wenn man in so einem Fall als Fußgänger endlich „Grün“ bekommt, ist die Bahn natürlich abgefahren, denn sie „schwimmt“ ja mit dem Strom und hat freie Fahrt, wenn die Autospur auch „Grün“ hat.

Wer darf wie lange warten?

Das Thema ist ganz offensichtlich in den Rathausstuben noch nicht wirklich durchdacht, schon gar nicht aus Sicht von ÖPNV-Nutzern, die regelmäßig ihren abfahrenden Straßenbahnen hinterherschauen.

„Des Weiteren würde ein Halten der Freigabe für den Fußgänger, bis der ÖPNV die Haltestelle verlassen hat, bedeuten, dass sich die Wartezeiten für alle anderen Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer, andere ÖPNV-Linien sowie für Fußgänger, die andere Knotenarme queren wollen, deutlich erhöhen. Die Haltestellenaufenthaltszeiten des ÖPNV schwanken oft auch deutlich. Dieser Teil des Vorschlags ist daher nicht zweckmäßig und kann nicht weiterverfolgt werden“ erklärt die Verwaltung.

Und betont noch, warum der wartende ÖPNV-Nutzer ziemlich oft der Letzte ist, an den bei den Ampelschaltungen gedacht wird: „Grundsätzlich wird darauf hingewiesen, dass eine Lichtsignalanlage vielen Anforderungen gerecht werden muss. ÖPNV-Beschleunigung, die Belange des Fußgänger- und Radverkehrs und letztendlich auch Kfz-Koordinierung stehen jedoch oft im Konflikt zueinander. Häufig müssen deshalb Kompromisse gefunden werden, die nicht für alle Verkehrsarten optimal sind.“

Das dauert also noch, bis der Fußgänger einmal die Nummer 1 an der Ampel zur Haltestelle sein darf.

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Ein Lösungsvorschlag ohne Ampelumprogrammierung: Einfach rechtzeitig an der Haltestelle sein, dann schaut man auch keiner Straßenbahn hinterher. Wer natürlich auf den letzten Drücker angeschlendert kommt, muss sich nicht wundern oder halt warten.

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