Dass der ADFC Sachsen überhaupt nicht zufrieden ist mit der Radverkehrspolitik des Freistaats Sachsen, machte er am Montag, dem 5. August, deutlich, als er seine 23 Ziele für die Radverkehrspolitik 2024 bis 2029 veröffentlichte. Das geht bei der Radwegesicherheit los, die für drei von vier Radfahrern überhaupt nicht gegeben ist. 75 Prozent fühlen sich als Radfahrer/-innen auf Sachsens Straßen gefährdet.

Was auch damit zu tun hat, dass der Radwegeausbau nur schleppend vorankommt: „Damit Sachsen ein landesweites, sicheres und attraktives Radverkehrsnetz bauen kann, sind seitens des Freistaats Investitionen in Höhe von 10 Euro pro Einwohner und Jahr nötig. Das entspricht rund 40 Mio. Euro pro Jahr. Aktuell stehen im Landeshaushalt weniger als 5 Euro pro Einwohner (ca. 18 Mio. Euro) zur Verfügung. Zusätzlich dazu hält der ADFC Sachsen für die kommunale Radverkehrsförderung jährliche Investitionen von 25 Euro pro Einwohner für geboten.“

Nur 18 % der Staats- und Bundesstraßen verfügen über einen Radweg. Deutlicher kann man den Unterschied zum Automobil gar nicht benennen. Es fehlt an Geschwindigkeitskontrollen und Kontrollen von Überholabständen, die von vielen Kraftfahrern einfach ignoriert werden, stellt der ADFC Sachsen in seinem Forderungspapier fest.

Es fehlt an Fahrradstationen – nicht nur in Leipzig. Fahrradschnellwege sind Mangelware. Was eben daran liegt, dass Sachsen den Radverkehr über Jahrzehnte nur als Anhängsel der Verkehrspolitik behandelt hat.

Grüne wollen Radverkehrsoffensive

Und dazu kommt, wie Gerhard Liebscher, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, betont: „Die Potenziale des Radverkehrs im Freistaat werden derzeit nicht ausgeschöpft.“

Besonders ärgert ihn der schleppende Radwegeausbau.

„Statt der Radwegeplanung aufgrund des enormen Nachholbedarfs in Sachsen Vorrang einzuräumen, bleibt der zuständige Minister bis zuletzt unambitioniert“, kritisiert Liebscher Verkehrsminister Martin Dulig (SPD). „Um jeden Euro mehr für den Radverkehr muss hart gestritten werden. Ohne die großzügige Bundesförderung sähe es bei der Radverkehrsförderung für Kommunen düster aus.“

Hinzu käme dann noch das CDU-Finanzministerium „mit seiner grundsätzlichen Verhinderungsmentalität, das bei der Radverkehrsförderung zusätzlich auf der Bremse steht.“

Um das zu ändern, wollen die Grünen in der kommenden Legislatur eine Fahrrad-Offensive starten, „mit mehr Finanzmitteln und Bürokratieabbau für den deutlich schnelleren Ausbau von sicheren Radwegen“, wie Liebscher sagt. „Ziel ist ein lückenloses und sicheres Radwegenetz bis 2032. Besonders wollen wir die Kommunen mit einer umfangreicheren Radverkehrsförderung unterstützen, damit die jetzt geplanten Projekte zeitnah umgesetzt werden können. Die wertvolle Arbeit des wegebund (ein gemeinnütziger Verein, Anm. d. Red.) für die Kommunen braucht weiterhin eine gesicherte Finanzierung.“

Das Ziel 2032 ist deshalb nicht ganz unwichtig, weil der aktuelle Radwedgeausbau nicht einmal so ein Ziel hat und auch bis zur Jahrhundertmitte mit dem vorgelegten Tempo kein solches Netz auf die Beine stellen wird.

Dass die Radfahrer noch immer das letze Rad am Wagen sind und einfach „vergessen“ werden, wenn es drauf ankommt, wird bei Baustellen-Ausschilderungen genauso sichtbar wie bei Fahrradmitnahmemöglichkeiten im ÖPNV, kritisiert der ADFC. Er verweist auf die wachsende Rolle des Fahrrads im Pendlerverkehr und darauf, dass der Freistaat endlich eine Fachkräfteoffensive starten sollte, um den Radwegebau auf Touren zu bringen.

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