Das ZDF veröffentlichte am 16. Juli 2024 eine Recherche von ZDF frontal, zum Angebot einer Lobby-Organisation, dass man gegen Bezahlung hochrangige Mitarbeiter des Verkehrsministeriums treffen könne. „VIP-Termine“ mit dem Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing, und anderen Entscheidern. Ist das ein Skandal, oder die Normalität der Lobbyisten-Arbeit in Deutschland?
Dieses „Triff einen Minister und bezahle dafür“ überrascht seit dem „Dinner mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn“ im Jahr 2020 wahrscheinlich niemanden mehr wirklich. Schauen wir aber auf den Fall Wissing & Co.
Beim ZDF heißt es dazu: „Laut Recherchen von ZDF frontal hat ein Auto-Lobbyverein dabei seine Kontakte ins Verkehrsministerium genutzt, um Unternehmen und Verbänden gegen Zahlung ‚exklusive VIP-Termine‘ und andere Leistungen mit Wissing und weiteren Entscheidern anzubieten.“
Es verwundert nicht wirklich, dass sich Volker Wissing und sein Ministerium für den Erhalt des Verbrennungsmotors und die „Technologieoffenheit“, also eFuels, zu denen ja auch HVO100 zählt, einsetzen, das ist schließlich Raison d’Être der FDP.
So schrieb erst neulich deren Generalsekretär Bijan Djir-Sarai auf X_Twitter: „Die Verbrennertechnologie in Deutschland und Europa sichert Abertausende gute Arbeitsplätze – es ist wirtschaftspolitischer Unsinn, diese so leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Mobilität und Klimaschutz erreichen wir in Europa nur durch Technologieoffenheit.“
Der Grund für das Festhalten der FDP an den „alternativen Kraftstoffen“ liegt nicht so sehr an diesen, sondern an der Bestandswahrung für den Verbrennermotor. Das verbindet auch die FDP, in Person Volker Wissing, mit „Mobil in Deutschland“, einem Automobilclub laut Selbstbeschreibung, der gleiche Interessen vertritt, beispielsweise mit Aktionen gegen das Dieselfahrverbot in München.
Dr. Michael Haberland, der Vorsitzende des Automobilclubs, ist kein Freund der Verkehrswende und hat bereits 2021 eine Klage gegen die Einrichtung von Radstreifen in München eingereicht, die allerdings vom Verwaltungsgericht ablehnend beschieden wurde.
In der Stellungnahme zur ZDF frontal Recherche bestätigt „Mobil in Deutschland“, dass eine Kampagne zur Marktimplementierung von HVO100 mit dem Titel „HVO100 goes Germany“ vom Automobilclub durchgeführt wurde. Und somit auch zumindest die Unterstützung durch Volker Wissing und Oliver Luksic (Staatssekretär) beim Online-Event im Dezember 2023 und deren Teilnahme bei der Auftaktkampagne am 13. März 2024.
Die große Frage ist selbstverständlich: „Ist Geld geflossen oder nicht?“
„Mobil für Deutschland“ bestreitet das vehement, ZDF frontal behauptet es und beruft sich auf interne Papiere.
Schaut man auf die Sponsoren der Kampagne, dann erscheint es durchaus plausibel, dass sie Geld bezahlt haben, um an Veranstaltungen mit dem Minister und seinem Staatssekretär teilzunehmen bzw. über die Kampagne die Verbindung zum Ministerium zu intensivieren. Es ist auch nachvollziehbar, dass nach Höhe der gezahlten Beträge die räumliche Nähe zu den beiden, etwa durch Sitzordnung oder Redezeit im Podium, organisiert wurde.
Ob jemand daran verdient hat und wer das ist, war nicht Inhalt der Recherche, aber die Aussage in der Stellungnahme „Wir haben keine monetären Vorteile aus unseren Verbindungen zur Politik gezogen“ ist fraglich. Ohne diese oben angeführte Nähe hätten sich wahrscheinlich weniger zahlungswillige Sponsoren gefunden.
Am Ende der Stellungnahme darf selbstverständlich der Schuss gegen „zweifelhafte NGOs“, den Bundesparteitag der Grünen und andere nicht fehlen.
Der Absatz: „Um jeglichen Zweifel an unserer seriösen Arbeit als Verein und auch an unserem Engagement im Hinblick auf die Kampagne ‚HVO100 goes Germany‘ auszuräumen, lassen wir uns von einem im Medienrecht sehr kundigen Anwalt vertreten“ sagt nichts darüber aus, ob der Verein gegen ZDF frontal klagen will, aber ruft zur Vorsicht bei der weiteren Berichterstattung über das Thema auf.
Fazit: Vorläufig bleibt es den interessierten Bürgerinnen und Bürgern überlassen, sich eine eigene Meinung zu bilden, ob wir diesen „normalen Lobbyismus“ gut finden oder nicht. Der hier mit Vehemenz beworbene „klimaneutrale Diesel“ ist übrigens nicht unumstritten. Die Bahn will ihn nutzen, Autos sollen ihn nutzen. Aber woher kommt das viele „Frittenfett“?
Es gibt 5 Kommentare
@fra
Jein. In Leipzig würden ausreichend ausgebildet, um den Bedarf in Sachsen zu decken. Da die Studienplätze aber zentral für die gesamte Republik vergeben werden, gehen die meisten fertig Ausgebildeten wieder in die alten Bundesländer. In der Konsequenz wird nur Leipzig im Jahr 2030 keine zahnärztliche Unterversorgung haben. Selbst in Dresden fehlen dann mindestens 20 VZÄ. Das dürfte sehr gewöhnungsbedürftig werden, denn bis in die 2000er Jahre hatte der Osten eine statistische Überversorgung. Die Grundannahme ist 1.200 Patient*innen/VZÄ. In manchen Regionen liegt man nun aber schon bei 1.600 – 1.800 Patient*innen/VZÄ, im Norden Sachsen-Anhalts sind es sogar schon knapp 2.000/Patient*innen/VZÄ – rein rechnerisch. Diese hohe Anzahl an Patient*innen kann man aber nicht mehr händeln – zumal die Zahnärztinnen und -ärzte teils schon im Rentenalter sind. In Berlin liegt die Betreuungsquote bei knapp 900 Patient*innen/VZÄ. Da wird man im schlechtesten Falle wohl perspektivisch mal einen Tagestripp nach Berlin einplanen dürfen.
@Rudi:
“400.000 Menschen in Sachsen werden bald keine zahnärztliche Versorgung mehr haben”
Das liegt vielleicht auch daran das wir keine ausbilden. Kenne einige die in Ungarn studieren um die Praxis ihres Vaters zu übernehmen, da in Deutschland kein Platz zu bekommen war.
“Vom Getriebezahn ran an den Humanzahn. Einfach machen! Ihre FDP.”
Da Sachsen aber vergreist, ist das Zahnmedizinproblem kein wirkliches Problem. Erstens halten die Dritten ewig (kann man auch weitergeben) und zweitens hat “Höcke” keinen S-Laut.
Und wer schreibt die neuen Regelwerke und Richtlinien des BMVBW fort – Mercator
“„Die Verbrennertechnologie in Deutschland und Europa sichert Abertausende gute Arbeitsplätze – es ist wirtschaftspolitischer Unsinn, diese so leichtfertig aufs Spiel zu setzen.” Falls es die FDP noch nicht mitbekommen hat: Es gibt Arbeitskräftemangel und nicht Massenarbeitslosigkeit. Uns fehlen aus der Wählergruppe der FDP bspw. Mediziner/innen – nicht nur mit Fachausbildung, sondern auch allgemeine und die für die Zähne.
400.000 Menschen in Sachsen werden bald keine zahnärztliche Versorgung mehr haben – ähnlich sieht es in Thüringen und Sachsen-Anhalt aus.
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/zahnarzt-mangel-prognose-termin-praxis-finden-100.html