Inflation, gestiegene Energiepreise und auch Tarifverhandlungen gehen am ÖPNV in Mitteldeutschland nicht spurlos vorbei. Sie sorgen dafür, dass der finanzielle Aufwand der Verkehrsunternehmen steigt. Und einen Großteil der Steigerungen versuchen die Verkehrsunternehmen natürlich auf die Fahrpreise umzulegen. Was auch 2024 wieder für einen Anstieg der Tarife auch bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) sorgt.

Die Gesellschafterversammlung des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) hat am Freitag, dem 22. März, die wieder notwendig gewordene Preisanpassung im Nahverkehr beschlossen. Dem voraus gegangen waren mehrere Abstimmungen in den MDV-Gremien mit allen Gesellschaftern. Mit Zustimmung der Genehmigungsbehörden der Länder und Kommunen treten die Änderungen ab 1. August 2024 in Kraft.

Die Ticketpreise für Fahrten im MDV-Gebiet steigen durchschnittlich um fünf bis acht Prozent. Für die ÖPNV-Akteure ist es deutlich schwieriger geworden, insbesondere die Kostenentwicklung in den Bereichen Fahrstrom und Diesel, weitere Kosten für den laufenden Betrieb und ungeplante tarifvertragliche Lohnsteigerungen auszufinanzieren, betont der MDV.

Der Effekt des Deutschlandtickets

Zudem wirkt eine politisch gewollte Marktverschiebung: Das preiswerte Deutschlandticket für 49 Euro führt dazu, dass mehr Menschen den Nahverkehr nutzen, aber eben auch Mindereinnahmen entstehen, welche Bund und Länder zwar tragen, die jedoch gedeckelt sind. Deswegen zeigen sich die Wachstumseffekte durch das Deutschlandticket zwar in der Fahrgastentwicklung, jedoch nicht in der Einnahmeentwicklung der Verbundunternehmen.

Die Preisanpassung soll den Akteuren im MDV etwas mehr Handlungsspielraum ermöglichen, um trotz der sehr stark aufgestiegenen Betriebskosten eine weitestgehende Absicherung des heutigen Linienverkehrsangebotes für die Fahrgäste zu gewährleisten, betont der MDV. Der Verkehrsverbund folge damit der bundesweiten Entwicklung vieler Verkehrsverbünde in der Fahrpreisgestaltung.

Die vollständige Übersicht zu Tarifprodukten und Preisen ab 1. August 2024 findet man hier.

Seit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai letzten Jahres sind mehr als die Hälfte aller ABO-Kunden im MDV-Raum in das bundesweit gültige ABO-Produkt gewechselt. In Leipzig und Halle nutzen gut die Hälfte aller Abonnenten mittlerweile das Deutschlandticket, in den Landkreisen mit längeren Wegstrecken sogar um die 80 Prozent.

Die Einfachheit, die bundesweite Gültigkeit im Nahverkehr sowie der Preis überzeugen demnach immer mehr Menschen, was die Abwanderung aus anderen Tarifen in das Deutschlandticket befördert.

Auslaufmodell Azubiticket

Für die Studierenden an den Hochschulen im Verbundgebiet wird mit Start des Sommersemesters im April das neue Deutschlandsemesterticket eingeführt. Zum Abgabepreis von nur 60 % des Deutschlandticketpreises (derzeit 29,40 €) wird es im Solidarmodell angeboten.

Änderungen wird es zudem für Auszubildende geben. Während mit der Einführung des Deutschlandtickets die Finanzierung des Azubitickets Sachsen-Anhalt durch das Land beendet wurde, zieht der Freistaat Sachsen nun ebenfalls nach. Die Finanzierung des AzubiTicket Sachsen läuft zum 31.07.2024 aus.

Auszubildende in Sachsen können das bundesweit gültige Deutschlandticket für alle Fahrten im Nahverkehr nutzen und erweitern damit erheblich ihre Fahrtmöglichkeiten für nur einen Euro mehr. Zudem kann es als Jobticket über den Arbeitgeber angefragt werden, wodurch sich weitere finanzielle Vorteile ergeben.

Auch für Gelegenheitsfahrten ist erkennbar, dass zunehmend zum Deutschlandticket gegriffen wird und sich die Verkäufe in den regulären MDV-Tarifsegmenten verändert haben. Vor dem Hintergrund stark rückläufiger Verkaufszahlen wird das tarifliche Angebot zwischen Riesa und Oschatz, welches 2019 als Übergangstarif zwischen MDV und VVO eingeführt wurde, zum 1. August eingestellt.

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Es gibt 4 Kommentare

Am Personal darf nicht gespart werden, auch in zukünftigen Tarifrunden nicht.
D.h. am Wasserkopf schon, da gibt es sicherlich viel Potenzial.

Oder an unsinnigen 5.000 Automaten in Bus und Bahn, für schlappe 5 Millionen Euro. Man kann VORHER ein Ticket am Automaten oder in Verkaufsstellen kaufen. Ganz modern auch online.

Gerade mit dem Deutschlandticket kommt dieses Geld doch nie wieder rein.

Es hängt so viel am Land was unseren Alltag angeht. Aber schuld ist seit 2004 immer nur der kleinere Koalitionspartner (gut in diesem Fall vllt. ausnahmsweise wirklich mal die SPD).

“Auf der einen Seite sollen die Mitarbeiter bei der LVB ein auskömmliches Einkommen erhalten,” …. Andere Verkehrsbetriebe in der Bundesrepublik haben weitaus höhere Personalkosten und können teils sogar kostenlosen ÖPNV anbieten. Sorry, aber das hat damit nichts zu tun, sondern wird nur als Argument misbraucht um zukünftige Tarifverhandlungen zu ungunsten der Beschäftigten zu gestalten (Fahrgäste vs Fahrpersonal). Die Antwort liegt u.a. in der Finanzpolitik und dem Unwillen der Mobilitätswende Sachsens.

Mehr Handlungsspielraum für die LVB läuft in die falsche Richtung. Denn was wird mit der Preiserhöhung erreicht – Viele die es können weichen auf das Deutschlandticket aus. Die es nicht können versuchen andere Lösungen zu finden, aber werden den ÖPNV so weit es geht meiden, mit einer Fahrt für 3,50 €, also 1 x in die Innenstadt 20-30 Minuten fahren und zurück für schlappe 7,00 €. Da lohnt sich fast schon eine Fahrt mit dem Taxi und in jedem Fall das Rad. Wenn ich einen Pkw besitze oder mir leihe, fahre ich dafür 30-50 km, kann unterwegs halten so oft ich will und bin nicht an bestimmte Zeiten gebunden.
Dem Sinne der Vermeidung von CO2, für eine Klimaanpassung, zur Reduzierung des MIV und zur Verbesserung der Attraktivität des ÖPNV dient diese Preiserhöhung nicht.
Auf der einen Seite sollen die Mitarbeiter bei der LVB ein auskömmliches Einkommen erhalten, auf der anderen Seite ist der Ausbau des ÖPNV in Leipzig und Umland unbedingt erforderlich, Drittens soll der ÖPNV attraktiver werden und die individuelle Mobilität aufnehmen, aber anderseits wird über 1 Milliarde € in den Umbau zur Verbreiterung der Gleisabstände gesteckt.
Mit dieser Preiserhöhung werden sich Viele überlegen, ob sie weiterhin den ÖPNV nutzen werden. Mit diesem Geld hätte die LVB ihre Mitarbeiter angemessen bezahlen, die Preiserhöhung vermeiden und ihr Gleisnetz modernisieren und weiter ausbauen können. Das ist die Frage, wohin es mit dem ÖPNV in Leipzig gehen soll?

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