Was viele 2018 selbst nach der Verkündung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts gegen das Radfahrverbot auf dem Ring noch als Spinnerei abtaten, ist inzwischen ein breit akzeptierter Baustein für eine erfolgreiche Transformation zu nachhaltiger Mobilität. Für Jahrzehnte war der Tröndlinring für den Radverkehr in Richtung Westen komplett gesperrt.

„Wir freuen uns, dass diese eklatante Lücke im Alltagsnetz für den Radverkehr durch den Radfahrstreifen zwischen Gerberstraße und Löhrstraße endlich geschlossen wird“, meint dazu Jens Emmerich, Mitglied der AG Verkehr des ADFC Leipzig e.V.

„Durch den Hauptbahnhof mit seinen Gleisen auf der einen Seite und die Innenstadt auf der anderen Seite ist eine direkte Ost-West-Verbindung nur entlang des Promenadenringes möglich. Bei der aktuellen Führung müssen Radfahrende nicht weniger als 13 Furten und Gleisquerungen passieren, um die sechshundert Meter vom Hauptbahnhof bis zum Radweg am Ranstädter Steinweg zu überwinden und sich auf viel zu kleinen Flächen durch starken Fußverkehr schlängeln.

Ich erwarte, dass nach und nach mehr Menschen die Vorteile der neuen direkten Führung für sich entdecken werden. Für die Erschließung des autoarmen geplanten Löwitz-Quarties ist die Verbindung geradezu essentiell.“

Die geplante doppelte Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Gerberstraße, zum einen wie bisher vor dem Astoria entlang zusammen mit dem Fußverkehr und zum anderen auf der direkten Verbindung über einen Radfahrstreifen in Mittellage, ist sicher nicht der Idealzustand. Aber es ist ein pragmatischer Ansatz dafür, Radfahrenden mit verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden, ohne den komplexen Knoten an der Gerberstraße umbauen zu müssen. Der ADFC Leipzig e.V. erwartet eine sehr genaue Beobachtung des Verkehrsgeschehens nach der Freigabe, um nötigenfalls zeitnah nachsteuern zu können.

Noch weit von der Zielsetzung entfernt

Bei allem Pragmatismus ist die Radverkehrsinfrastruktur nach Einschätzung des ADFC auch nach der Umsetzung dieser Maßnahme noch weit von der Zielsetzung entfernt, die der Stadtrat der Verwaltung 2020 für den Promenadenring aufgetragen hat: den Radverkehr vollständig und in der Verbindungsstufe IR II auf dem Promenadenring zu führen.

Die Qualitätskriterien für diese höchste innerstädtische Verbindungsstufe beinhalten eine umwegarme, durchgängige, sichere und leistungsfähige Führung, getrennt vom Fußverkehr und mit minimalen Wartezeiten. Pragmatische Lösungen wie an der Kurt-Schuhmacher-Straße oder vor dem neuen Rathaus können nur einen Zwischenschritt zu diesem Ziel sein, um schnell und kostengünstig spürbare Verbesserungen für Fuß- und Radverkehr zu erreichen.

Letztlich wird es jedoch an allen großen Verkehrsknoten, die bisher unter dem Primat des motorisierten Verkehrs geplant wurden, bauliche Änderungen geben müssen. Insofern ist Leipzig nach Ansicht des ADFC, auch mit den Ergänzungen durch den Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes, Michael Jana, weit von den geäußerten Erwartungen des Baubürgermeisters Dienberg entfernt, die Führung des Fuß- und Radverkehrs am Promenadenring im nächsten Jahr im Wesentlichen abschließen zu können.

Die im Projekt „Stadtraumkonzept erweiterte Innenstadt“ erarbeiteten Prinzipien zur Umgestaltung sollten hier Anspruch und Leitlinien sein.

Der Radverkehr spielt im Umweltverbund eine gewichtige Rolle, mit gleichem Anteil im angestrebten Modal Split wie der ÖPNV von jeweils 23 %. Dafür bedarf es einer passenden Infrastruktur.

Ein „Weiter so!“, das Radverkehrsmaßnahmen im urbanen Kern von Leipzig weitgehend auf Markierungen und die nachrangige Berücksichtigung in ÖPNV-Projekten beschränkt, reicht nicht dafür aus, aus dem löchrigen, oft veralteten und unterdimensionierten Stückwerk ein durchgängiges, sicheres, inklusives und leistungsfähiges Radverkehrsnetz zu machen, betont der ADFC.

Um die Mobilitätsstrategie erfolgreich umzusetzen, sei es ebenso notwendig wie im Fall des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV), ein ehrgeiziges Investitionsprogramm für die Fahrradverkehrsinfrastruktur aus der Netzbedeutung abzuleiten. Die bisher nur vom ÖPNV-Bedarf abgeleiteten Baumaßnahmen müssen um die aus dem Radverkehrsnetz priorisierten ergänzt, in gleicher Weise mit den anderen Bauträgern abgestimmt, terminiert und in der Kapazitäts- und Finanzplanung berücksichtigt werden.

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