Am 9. November gab es bei den LVB die groรe Betriebsversammlung, an deren Ende eine Petition und eine Resolution standen, in denen es auch darum ging, den รPNV finanziell abzusichern. Denn der steht derzeit massiv unter Druck, hat noch unter den Folgen der Pandemie zu leiden und trรคgt gerade heftige Mehrkosten fรผr Energie. Am selben Tag hatte Linke-Stadtrat Sรถren Pellmann dazu eine Menge Nachfragen im Stadtrat.
Zuvor hatte er schon im Zusammenhang mit den spรผrbaren Leistungseinschrรคnkungen im Fahrbetrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) seine Fragen an die Stadtverwaltung gestellt, die dann auch vom Verkehrsdezernat bestmรถglich beantwortet wurden.
Nur 3,2 Prozent Leistungseinschrรคnkung?
Aber eben auch mit Lรผcken. Denn verblรผffend fand Pellmann dann doch, dass die deutlich spรผrbaren Leistungseinschrรคnkungen der LVB nur 3,2 Prozent der vertraglichen Verkehrsleistung betrafen. Er hatte insbesondere die Linie 8 genannt, wo der Takt der Bahnen praktisch von 10 auf 20 Minuten hochgesetzt wurde, es also nur noch das halbe Angebot gab fรผr die Fahrgรคste. Solche Anpassungen gab es auch auf mehreren anderen Linien.
Aber nach Auskunft des Verkehrs- und Tiefbauamtes (VTA), das auf Informationen der LVB zurรผckgriff, war der Ausfall โ รผbers Jahr gesehen โ nur gering: โDie Gesamtkilometerleistung der Leipziger Verkehrsbetriebe betrรคgt per 30.09.2022 18,3 Mio. km. Aufgrund der pandemiebedingten erhรถhten Abwesenheiten und damit geringerer Verfรผgbarkeit im Fahrdienst wurden entsprechende Angebotsanpassungen erforderlich. Diese verursachten eine Leistungsreduzierung in einer Grรถรenordnung in Hรถhe von 3,2 % gegenรผber dem Plan.โ
Zur Linie 8 konkret gab es diese Auskunft: โDie Linie 8 wurde vom 01.01.-21.01., vom 12.03.-24.04. sowie ab dem 29.08.2022 aufgrund der pandemiebedingten Abwesenheiten und dem angespannten Rekrutierungsumfeld von einem 10 auf einen 20-Minuten-Takt umgestellt. Diese Reduzierung dient vor allem der Stabilisierung der gesamten Verkehrsleistung im Netz der LVB und der Planbarkeit fรผr die Fahrgรคste (im Vergleich zu kurzfristigen Ausfรคllen).โ
Was Pellmann ja auch mit der Frage verband: โWarum wurden vorrangig auf dieser Linie Leistungskรผrzungen vorgenommen?โ
Die Antwort: โDie Leistungsanpassung erfolgt auf Basis eines mit der Stadt als Aufgabentrรคgerin besprochenen Stufenkonzeptes mit dem Ziel, den Fahrgรคsten eine verlรคssliche und planbare Verkehrsleistung anzubieten und diese im gesamten Netz der LVB trotz kurzfristiger Krankmeldungen zu stabilisieren. โ Dabei umfasst eine erste Stufe die Reduzierung der Bedienhรคufigkeit auf den Linien 2, 8 und 10 auf einen 20-Minuten-Takt.
Die Wahl fiel dabei auf diese Linien, da hier durch die weitestgehend parallele Bedienung durch andere Linien ausreichend Ausweichmรถglichkeiten bestehen. In der Stufe 2 erfolgt zusรคtzlich eine Umstellung der im 10-Minuten-Takt verkehrenden Buslinien auf einen 15-Minuten-Takt unter Berรผcksichtigung von Schulanbindungen und Verstรคrkern.โ
Personalprobleme setzen heftig zu
Dass das Personalproblem bei den LVB schon recht prekรคr ist, machte auch die Antwort des VTA auf die Frage deutlich, wie die LVB nun das Leistungsangebot kรผnftig aufrechterhalten wollen. โDarรผber hinaus erfolgt seit Jahresbeginn der verstรคrkte Einsatz von Subunternehmern, insbesondere fรผr Zusatzleistungen im Rahmen von Bauvorhaben. Ebenso erfolgt der zusรคtzliche Einsatz von Mitarbeitenden an freien Tagen, das Nutzen von รberstunden und der Einsatz von Verwaltungsmitarbeitenden im Fahrdienstโ, so das VTA.
โAuch wurden Fahrerschulungen optimiert und auf ein notwendiges Maร reduziert. Die Rekrutierungsaktivitรคten wurden deutlich intensiviert, um im aktuell angespannten Arbeitsmarkt offene Stellen an Fachkrรคften zu besetzen.โ
Aber lรคngst gibt es noch viel mehr Dinge, die den LVB zu schaffen machen, wie in der Fragestunde des Stadtrates am 9. November deutlich wurde.
Da wollte Pellmann nรคmlich auch wissen, ob die Gerรผchte stimmen, dass die Buslinie 66 eingekรผrzt oder gar eingestellt werden soll. Was nach Kenntnis von Baubรผrgermeister Thomas Dienberg (noch) nicht der Fall sein soll. Und ob es 2023 nicht erst recht zu Einschrรคnkungen im Fahrplanangebot kommen wird. Denn dann gibt es ja mรถglicherweise keine Ausfรคlle mehr durch die Pandemie. Aber dafรผr ist die Finanzierung nicht mehr gesichert.
Ein Wirtschaftsplan mit voller Leistungserbringung
Darauf ging dann OBM Burkhard Jung besonders ein, denn das Thema beschรคftigt auch den Deutschen Stรคdtetag, dessen Vizeprรคsident er aktuell ist. Sรคmtliche รPNV-Unternehmen leiden aktuell unter den massiv gestiegenen Energiekosten. Und die sind durch die Hilfsprogramme des Bundes bislang nicht ausgeglichen. 650 Millionen Euro fehlen nach Rechnung des Stรคdtetages bundesweit.
Streichen die LVB dann also 2023 den Fahrplan zusammen?
Sollten sie eigentlich nicht, sagte Jung, der der LVB-Geschรคftsfรผhrung als LVV-Aufsichtsratsvorsitzender den Auftrag gegeben hat, fรผr 2023 einen Wirtschaftsplan ohne Leistungskรผrzungen vorzulegen. Was schwierig werden wird. Denn wenn das Angebot vollumfรคnglich gefahren wird, entstehen zwangslรคufig Kosten, die durch den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag mit der LVV und die Zuschรผsse der Stadt nicht gedeckt sind.
Da kann man gespannt sein, wie die Verwaltung dann reagiert, wenn der Bund bis dahin nicht nachgesteuert hat und bis Januar mehr Fรถrderung fรผr den รPNV bereitstellt.
In einem Plan B, so Jung, mรผsste dann wohl auch รผber Kรผrzungen im Fahrplan nachgedacht werden. Aber vorher bekommt der Stadtrat das Ganze als Vorlage. Denn natรผrlich gibt es auch die Notlรถsung, dass die Stadt aus ihrem knappen Haushalt hilft.
Eine Einschrรคnkung im Fahrplanangebot wรคre dann ein regelrechter Rรผckschritt in der beschlossenen Mobilitรคtsstrategie der Stadt. Statt mehr รPNV gรคbe es dann weniger. Und die wenigsten Fahrgรคste werden dabei an einen russischen Staatsprรคsidenten denken, der mit einem Krieg und gekappten Lieferungen bei Gas die Energiepreise auf den Mรคrkten erst so richtig hat explodieren lassen.
Kosten, die jetzt auch in den Verkehrsunternehmen ankommen, die eigentlich ab Januar ein 49-Euro-Ticket fรผr alle anbieten sollen, ohne dass der entstehende Fehlbetrag in ihrer Bilanz gedeckt ist.
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 11 Kommentare
Hi @hearst: Aus dem Wortsalat lese ich zuerst einmal eine groรe Verunsicherung heraus. Im gesprochenen Wort wรผrde man wohl Gestammel sagen. Die Hegemonieansprรผche Russlands finden Sie im Handeln und den reden Putins in den vergangenen Jahren. Nur dass er sich halt jetzt an der Ukraine verschluckt hat. Kann passieren, wenn man glaubt, der Westen sei dekadent und wรผrde dem Treiben zusehen.
Wenn Sie im Handeln Russlands eine Reparation sehen, sind Sie dem Revanchismus Putins schon nรคher, als Sie vielleicht glauben. Dann hoffen wir mal, dass nicht auch andere Lรคnder auf die Idee kommen, zu โreparierenโ โ also getreu der aktuellen russischen Doktrin ihre grรถรtmรถgliche, nationale Ausdehnung einzufordern. Also ich hoffe das, Sie auch?
Wenn nein, kรถnnen Sie sich nรคmlich Ihren Wunsch, dass alle Soldaten wieder nach Hause gehen, direkt zur geheuchelten Friedensliebe ins Regal stellen.
Vielen Dank fรผr die Aufklรคrung.
Ich habe gleichmal voll skeptisch den Artikel Hegemonie der (auch in Artikeln der LZ gern verlinkten) Wikipedia Foundation Inc. (als Plattform fรผr falsche Tatsachenbehauptungen berรผchtigt?) gelรถscht, da er nicht wie dargestellt Ruรland abgebildet haben kรถnnte.
Die Seite รผber Zensur war auch gleich mit dabei, weil Zensur nicht nur seitens des Staates
gegenรผber Medien / Bรผrgern anders dargestellt sein kรถnnte. Die Beweise fรผr die (erwiesenen) hegemonialen Bestrebungen Russlands habe ich auf auf die schnelle nicht gefunden, kam aber auf die Themen Komplexitรคt und Mehrdimensionalitรคt. Zuviel fรผr mich: Ich habe vermutlich gleich alles gelรถscht. Sorry dafรผr und ein frรถhliches Ach So.
Als Wiedergutmachung gehen alle Soldaten wieder nach Hause und leben, lesen die LZ.
Ruรland repariert. Friedensvertrag fรผr 99 Jahre, DMZ โ Schutzmรคchte Luxemburg / Palรคstina / Nauru. Das ganze nochmal weltweit, entsprechend.
Das tritt nach meiner Kenntnis โ ist das sofort, unverzรผglich. Unsinn? Deal?
Strike on LVB. Assemble!
Wenn nichts mehr geht im Nahverkehr, bringe man halt Weselsky her.
@Christian
Das zu Europa gehรถrende Ruรland ist also Stรผck fรผr Stรผck nach Europa einmarschiert, ja?
Um letztlich die Freiheit zu gefรคhrden in welcher ich bei der LZ frei und unzensiert diskutieren
(eher kommentieren) kann?
Natรผrlich kann man Krieg Einhalt gebieten wollen (z.B. mit Diplomatie, Abrรผstung, Vertrรคgen) und gleichzeitig jeden Wohlstandsverlust kritisieren.
Sanktionen sowie Militรคrhilfen haben den Krieg, sowie alle anderen derzeit stattfindenden Kriege nicht gestoppt (Grรผรe nach Kuba), dafรผr das Leid in der Welt vergrรถรert. Waren Sie eigentlich dabei als Putin alle Hรคhne zugedreht und gehofft hat?
Vielleicht fragen Sie bei der Gelegenheit die Verschwรถrungstheoretiker
der USS Kearsarge die zum entsprechenden Zeitraum unbestritten vor Ort war, oder
anders formuliert (zwinkersmiley liebe Moderation), laut vermeintlich
verifizierten Bildern u.a. vor Ort gewesen sein soll und nichts beobachtet haben will.
Fรผr die Richtigkeit, Vollstรคndigkeit und Aktualitรคt der Inhalte kann jedoch keine Gewรคhr รผbernommen werden.
Fรผr Friedensstraรenbahnen, inklusive denkender Fahrgรคste und Fahrpersonal.
Hearst
Es sind die ach so รberzeugten dieser Welt, die den grรถรten Unsinn erzรคhlen. Legen Sie einfach das gleiche Maร an Skepsis an die (erwiesenen) hegemonialen Bestrebungen Russlands an und Sie werden nicht mehr so selbstgewiss รผber einen vorgeblichen Mangel an Meinungsfreiheit auf der L-IZ.de herziehen mรผssen. โZensurโ ist im รbrigen hier nicht mรถglich. Diese kann nur seitens des Staates gegenรผber Medien / Bรผrgern ausgeรผbt werden, was bekanntlich untersagt ist. Was also hiermit zur Aufklรคrung einer weiteren Falschdarstellung Ihrerseits durch uns fรผhrte. Nichts zu danken und frรถhliches Debattieren allen auch weiterhin. Ohne falsche Tatsachenbehauptungen bitte. Danke. Die Moderation
@Sebastian
Korrekt, so erinnere ich mich auch.
Und um nicht zu vergessen: Russland hatte bereits vor dem Krieg die durch Russland verwalteten Gasspeicher hier leer gefahren, um ein taktisches Versorgungsloch zu schaffen. Das kรถnnte man als Beginn des โEnergiekriegesโ bezeichnen.
Die Ursachen der heutigen Probleme:
Hier vermischen sich wohl einige Dinge, von denen man gern mal welche vergisst.
Wir haben eine sehr groรe Abhรคngigkeit Deutschlands von Liefer- und Produktionsketten in Fernost.
(siehe auch kรผrzlich Interview Habeck). Das ist schon der erste groรe Fehler, welchen die hiesigen renditegeilen Unternehmen in den letzten Jahrzehnten unter Zuhilfenahme der Politik und Lobby begangen haben.
Corona hat dort erheblich eingeschlagen, jetzt immer noch (China gerade), und es fehlt an allem. Nun wird gejammert. Zu Recht.
Selbst die Havarie im Panamakanal hat Verzรถgerungen hervorgerufen, die so schnell nicht ausgeglichen werden konnten.
Und die Abhรคngigkeit vom Gas war immer da, wurde aber nun absolut akut, da 1. Gas fehlt und 2. die Klimaziele, vor langem beschlossen, durch die letzten Regierungen eher blockiert als bearbeitet wurden. Man schaue sich die Windindustrie an oder Photovoltaik. Kohleausstieg war beschlossen und Atomausstieg auch. Nicht ohne Grund.
Bei letzterem gibt es immer wieder Querulanten, die gern Meiler lรคnger laufen lassen wollen aber sich noch nie gemeldet haben, um ein Endlager in ihrem Bundesland zu errichten.
Und einige Dinge mehr fallen sicher auch jedem noch ein.
Ja, es ist zurzeit echt bescheiden. Aber deswegen Putin freie Hand zu lassen, ist unser nicht wรผrdig.
Wir hatten schon unser Mittelalter; das kann er fรผr sich behalten.
Jetzt herumzujammern, weil wir selber einige Versรคumnisse nicht rechtzeitig geklรคrt haben, ist eher peinlich.
Das Vollzitat eines anderen Artikels ist ganz schรถn viel. Ein Link wรคre besser gewesen.
Aber was ich nicht verstehe:
> Erinnern wir uns: Nicht Russland hat die Gaslieferungen nach Deutschland eingestellt, sondern Deutschland erklรคrte nach dem
russischen รberfall auf die Ukraine, kein Gas mehr von Russland beziehen zu wollen, um nicht Putins Kriegskasse zu fรผllen.
Ich erinnere mich ganz anders. Zwar gab es tatsรคchlich รberlegungen zum Importstopp bei uns, aber es war dann doch tatsรคchlich die russische Seite, die mit Vorgabe von Wartungsarbeiten und so weiter die Lieferungen รผber das erwartbare und jรคhrlich gewohnte Maร hinaus einstellte. Von daher kann ich den Artikeltext an der Stelle nicht nachvollziehen.
โ
> Weshalb sollte Russland seine eigenen Leitungen zerstรถren, die es mit Milliardenaufwand gebaut hat? Das wรคre auch deswegen sinnlos, weil Putin โ hรคtte er das gewollt โ Deutschland durch ein Abdrehen des Gashahns viel schneller und einfacher hรคtte sanktionieren kรถnnen.
Wieso hรคtte? Das HATTE er doch zu diesem Zeitpunkt schon getan. Ich verstehe das Argument hier nicht. Natรผrlich scheint es erst mal vรถllig abwegig, dass Ruรland selbst die Pipeline zerstรถrt. Und die einfache Frage โwem nรผtzt es?โ scheint tatsรคchlich erst mal den Amerikaner zu treffen. Aber die Nervositรคt auf den Mรคrkten hat Ruรland damit sehr wohl gesteigert, und damit auch etwas davon.
โ
> Rรผckblickend ist unรผbersehbar, dass die deutschen Sanktionen und Militรคrhilfen die entscheidenden Ursachen fรผr unsere heutigen Probleme sind.
Bei den Sanktionen bin ich teilweise bei Ihnen, bei der Militรคrhilfe absolut nicht. Man sollte dort gern mehr tun, ohne dass man sich gleichzeitig voreilig ins eigene (Energie) Fleisch schneidet, bevor das der Lieferant irgendwann tut. Putin und seine Kriegskasse โ ich glaube nicht, dass er mit den ganzen nichtkonvertierbaren Euros etwas anfangen kรถnnte. Oder anders: Dass er sie fรผr die Kriegsindustrie รผberhaupt brรคuchte.
Aber gut, ist heute kalter Kaffee. Schwedt wird nun anders versorgt, Kraftstoffe sind eh bald unnรถtig und grรผner Wasserstoff wird die Rettung bringen.
Kam auf Heise.de, hatte ich leider Vergessen, Tschuldigung
Zu dem Thema Gas gab es ein interessanten Artikel vom 06.11.2022 โUkraine-Krieg: Schmaler Grat zwischen Vereinfachung und Lรผgeโ
Hier ein Ausschnitt daraus:
โDie Wahrheit
Russland hat mit dem Einmarsch in die Ukraine das Vรถlkerrecht gebrochen. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Krieg die Probleme geschaffen hat, die Deutschland heute schwer bedrรคngen: Gasmangel, unbezahlbare Energiepreise, kalte Stuben fรผr Arme, Firmenpleiten, Inflation. Das sind keine unmittelbaren Kriegsfolgen, sondern Folgen der von Deutschland verhรคngten Sanktionen
gegen Russland. Ohne sie bestรผnden die Probleme nicht.
Erinnern wir uns: Nicht Russland hat die Gaslieferungen nach Deutschland eingestellt, sondern Deutschland erklรคrte nach dem
russischen รberfall auf die Ukraine, kein Gas mehr von Russland beziehen zu wollen, um nicht Putins Kriegskasse zu fรผllen. Die
deutsche Auรenministerin Baerbock feierte das EU-Sanktionspaket schmallippig mit dem unรผberlegtesten Spruch des Jahres:
Danach erinnerte Putin daran, dass er das Gas fรผr Deutschland auch abstellen kรถnne.
Das waren ungewohnte Tรถne aus Moskau. Denn Russland wurde รผber Jahrzehnte dafรผr geschรคtzt, dass es Energie sowohl billig als
auch zuverlรคssig liefert. Und alle waren zufrieden, Politik, Wirtschaft, Verbraucher.
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Der Lieferstopp
Wichtig ist die zeitliche Abfolge. Zuerst hat sich Deutschland mit schweren Waffen und Einweisung ukrainischer Militรคrs auf die Seite der Kriegspartei Ukraine geschlagen; das kann in Einheit mit spezifischer Ausbildung ukrainischer Soldaten als Kriegsbeteiligung gewertet werden โ so der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags.
Als Antwort hierauf entsann sich der Kreml offenbar seines Arsenals von Gegenmaรnahmen, angefangen bei kurzfristigen
Liefereinschrรคnkungen infolge von Reparaturarbeiten รผber Wartungsprogramme bis hin zu echten Lieferstopps.
Rรผckblickend ist unรผbersehbar, dass die deutschen Sanktionen und Militรคrhilfen die entscheidenden Ursachen fรผr unsere heutigen Probleme sind. Von einer verantwortlichen Politik wรคre zu erwarten gewesen, dass sie nicht Sanktionen beschlieรt, bevor sie sich mit
der massiven Verwundbarkeit des eigenen Landes vertraut gemacht hat. Eine solche Abwรคgung ist, wenn รผberhaupt, dann unzureichend erfolgt.
Nord Stream 1 und 2
Ende September wurden groรe Lรถcher in diese Pipelines gesprengt. Der Urheber ist nicht bekannt. In der Debatte hieร es, dass die Sabotage Kapazitรคten voraussetzt, die lediglich staatlichen Stellen zur Verfรผgung stehen (U-Boote oder Marinetaucher). Die Schรคden an den drei von den Explosionen getroffenen Pipelinestrรคngen sind erheblich. Wie lange es dauern wรผrde, sie zu reparieren, ist
ungewiss.
Westliche Leitmedien schoben โ wie nicht anders zu erwarten โ die Schuld an den Anschlรคgen Russland zu. Ein Berater des ukrainischen Prรคsidenten erklรคrte ohne jeden Beweis, das Gasleck sei โein von Russland geplanter Terroranschlagโ.
Das รผberzeugt nicht. Weshalb sollte Russland seine eigenen Leitungen zerstรถren, die es mit Milliardenaufwand gebaut hat? Das wรคre auch deswegen sinnlos, weil Putin โ hรคtte er das gewollt โ Deutschland durch ein Abdrehen des Gashahns viel schneller und einfacher hรคtte sanktionieren kรถnnen.
Unรผbersehbar besteht jedoch ein groรes Interesse der USA an einer Zerstรถrung von Nord Stream. US-Auรenminister Antony Blinken sagte wenige Tage nach den Sprengungen, dass die USA nun โder fรผhrende Lieferant von LNG-Gas fรผr Europaโ ist und die Abhรคngigkeit Europas von russischer Energie ein fรผr alle Mal zu beendet ist. Eigentlich war dieses Ziel schon lange vorgegeben. Denn US-Prรคsident Joe Biden hatte am 7. Februar beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz unmissverstรคndlich angekรผndigt, Washington werde im Fall einer russischen Invasion in die Ukraine Nord Stream 2 โein Ende bereitenโ.
Damit ist zumindest fรผr diesen Winter das energetische Schicksal Deutschlands besiegelt. Es ist praktisch ausgeschlossen, dass รผber Nord Stream Gas nach Europa transportiert wird, und zwar selbst dann, wenn die Regierung unter dem Druck der wirtschaftlichen Not ihre Meinung รคndern wรผrde.โ
Liebe Moderation,
mir ist klar, dass der Energietrรคger โGasโ grundsรคtzlich mittelfristig als Brรผckentechnologie eingeplant war. Darรผber habe ich kein Wort verloren.
In meinen โAusfรผhrungenโ ging es um die Bezugsquelle der jeweiligen genannten Energietrรคger. Und bereits im Februar hat Minister Habeck sich nach Alternativen zum Gas umgeschaut. (ZEIT online 5. Februar 2022). Nord Stream 2 wurde politisch beendet. Frau v.d. Leyen รผberlegte im Mรคrz, wie man mรถglichst schnell (die Rede war da von 2027) von russischem รl und Gas weg kommen kann.
Das heiรt: So falsch liege ich nicht, wenn ich sage, dass man รถffentlich den Importstopp russischer Energietrรคger vorantrieb, und uns die Entscheidung beim Gas dann aus der Hand genommen wurde. Dass man vom Gas im Allgemeinen weg will, das habe ich nicht gemeint.
โ
Hallo Christian,
ganz korrekt. Der Stahl fรผr die franzรถsischen Reaktoren kam sicher von Putin selbst. Jetzt, wo er rostet, da geht die russische Rechnung auf ๐
@Hearst
Man kรถnnte aber auch die Geschichte von vorn erzรคhlen und mal festhalten, warum der halbwegs demokratische Westen Sanktionen eingefรผhrt hat. Damit autokratische Grรถรenwahnsinnige nicht Stรผck fรผr Stรผck nach Europa einmarschieren und letztlich die Freiheit gefรคhrden, in welcher Sie gemรผtlich diskutieren kรถnnen.
Man kann dem nicht Einhalt gebieten wollen und gleichzeitig jeden Wohlstandsverlust deswegen kritisieren.
Natรผrlich hat Putin den Gashahn dann kurzerhand ganz zugedreht und zu Recht gehofft, dass uns das รคuรerst ungelegen kommt.
Verschwรถrungstheoretiker wissen natรผrlich, wer die Rรถhren gesprengt hat.
Vergessen Sie auch nicht Frankreich mit seinen dysfunktionalen Atomkraftwerken; im Winter darf Deutschland Strom dorthin exportieren.
Die Ausfรคlle waren sicher auch geplant, damit die Preise steigen.
Mit Ihrer These รผber die Urheberschaft der Rรถhrensprengung wรผrde ich nicht direkt mitgehen, aber รผber den Rest wundere ich mich tatsรคchlich auch. Der offizielle Mediensprech hierzulande ist, dass Putin uns erpresst und einen Energiekrieg fรผhrt, dabei waren es doch unsere Politiker, die gegen weitere Importe von Kohle, Diesel, รl waren, und auch beim Gas รถffentlich nachgedacht wurde, wie es ersetzt werden kann. Als uns die Entscheidung dann aus der Hand genommen und die Gaslieferung eingestellt wurde, war das Geschrei groร.
Ihre Ausfรผhrungen entsprechen nicht ganz den Tatsachen. Gas war als รbergangs-/Brรผckentechnologie statt Kohle und Kernkraft fรผr wenigstens 10 โ 20 Jahre fest eingeplant (siehe ua. die Kraftwerksneubauten wie in Leipzig). Die Moderation
Die LEIPZIGER ZEITUNG steht als Plattform fรผr falsche Tatsachenbehauptungen ebensowenig zur Verfรผgung, wie dafรผr, unbewiesene Vermutungen als Tatsachen darzustellen. Bitte achten Sie darauf. Danke. Die Moderation