Die jahrzehntelang gepflegte Bauweise für die autogerechte Stadt macht nicht nur erwachsenen Radfahrer/-innen zu schaffen. Sie macht das Fahrradfahren auch für Kinder gefährlich. Weshalb der ADFC seit einigen Jahren die sogenannte Kidical Mass organisiert unter dem Motto: „Uns gehört die Straße – Kinderfahrraddemo für kinder- und fahrradfreundliche Wege“. Am 14. und 15. Mai 2022 findet in über 200 Städten wieder ein mittlerweile europaweites Aktionswochenende statt. Auch in Leipzig.
Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung, die Kinder und nachhaltige Mobilität sowie lebenswerte Städte in den Fokus rückt. Sie hat die Vision, dass sich alle Kinder und Jugendliche sicher und selbstständig mit dem Fahrrad bewegen können. Sie gibt ihnen eine Stimme im Verkehr und zeichnet ein positives Zukunftsbild.
Auch Leipzig ist beim diesjährigen Aktionswochenende wieder mit dabei. Die Tour startet am Samstag, 14. Mai, um 15 Uhr vor dem Bundesverwaltungsgericht und wird von Baubürgermeister Thomas Dienberg mit einem Grußwort eröffnet.
Sie führt entspannt und mit Musik im Tempo der Kinder um den Ring und durch den Leipziger Süden. Auf der für Autos gesperrten und abgesicherten Strecke können Kinder ab vier Jahre erleben, wie sich sicherer Straßenverkehr anfühlen kann. Sie ist so ausgelegt, dass auch die Jüngsten unter uns die Strecke locker bewältigen und dabei Spaß haben.
Um mit lokalen Politikerinnen und Politikern ins Gespräch zu kommen, haben Schülerinnen und Schüler der 85. Grundschule Oberbürgermeister Jung, Baubürgermeister Dienberg sowie Stadtratsmitglieder persönlich eingeladen. Auch die vier Leipziger Mitglieder des Bundestages, Landtagsmitglieder, Rad- und Fußbeauftrage sowie Leipziger Amtsleiter wurden angeschrieben.
Der ADFC Leipzig und die Initiative Verkehrswende Leipzig organisieren die Aktion. Stadtschülerrat, Jugendparlament und KreisElternRat unterstützen sie.
Daniel Obst von Verkehrswende Leipzig sagt dazu: „Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, den man im Alltag prima zum Rad fahren nutzen kann. Wegen der Vorherrschaft des Autos ist die Straße für Kinder allerdings ein gefährlicher Ort. Damit sich das ändert, bedarf es einer Novelle des Straßenverkehrsrechts.“
Obst möchte, dass der Schutz für Kinder, Jugendliche und schwächere Verkehrsteilnehmer verbessert wird und ergänzt: „Straßen sind nicht nur für Autos da, sondern auch für Kinder!“
ADFC Leipzig-Vorsitzender Robert Strehler untermauert dies mit konkreten Forderungen: „Eine fahrradfreundliche Infrastruktur muss flächendeckend sein und darf nicht an Gefahrenstellen enden. Kreuzungen sind Unfallschwerpunkte. Die Stadt muss sich bei der Planung an Best-Practice-Beispielen wie zum Beispiel den Niederlanden orientieren und vorhandene Pläne schneller umsetzen.“
Der KreisElternRat Leipzig strebt eine Fahrradausbildung für alle Grundschüler spätestens bis zum Ende der vierten Klasse an, um eine sichere Teilnahme im Straßenverkehr zu gewährleisten. Jan Zippel vom KreisElternRat leitet den Arbeitskreis Grundschulen.
Er stellt fest, dass es für einen sicheren Schulweg mit dem Fahrrad an besseren Rahmenbedingungen wie z. B. klar vom Straßenverkehr und Fußweg abgetrennten Radwegen mangelt und meint „Unsere Schulwege sind nicht auf radfahrende Grundschüler ausgerichtet.“
Nicht zuletzt deshalb fordern die bundesweiten Organisatoren der Kidical Mass in ihrer Petition an Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing eine Novelle des Straßenverkehrsrechts. Konkret:
– baulich getrennte, breite Radwege an Hauptverkehrsstraßen sowie geschützte Kreuzungen nach niederländischem Vorbild
– innerorts Tempo 30
– Schulstraßen und Zonen ohne Autoverkehr (temporäre Kfz-Durchfahrtsverbote)
– Fahrradstraßen als flächendeckendes Netz und Grundlage für ein sicheres Schulwegenetz
– Straßen ohne Durchgangsverkehr in Wohngebieten (bekannt als Kiez- bzw. Superblocks)
Die Petition wurde bisher mehr als 73.000 Mal unterzeichnet.
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