Die jüngste Vorlage zum Luftreinhalteplan hat es wieder vor aller Augen geführt: Mit kosmetischen Maßnahmen löst Leipzig weder seine Luftschadstoffprobleme noch die im Verkehr. Und im ÖPNV ist seit dem letzten Luftreinhalteplan 2009 viel zu wenig passiert. Jetzt hängt auch der neue Nahverkehrsplan wieder nach. Und der Ökolöwe Leipzig appelliert dafür, in Leipzig das attraktive Wiener Modell einzuführen.
„Leipzigs Nahverkehr muss attraktiver werden, damit alle Leipzigerinnen und Leipziger auch in Zukunft mobil sein können, ohne dass die Stadt im Verkehr erstickt“, betont der Ökolöwe und fordert jetzt mit einem großen Appell, das 365-Euro-Jahresticket für Leipzig nach Wiener Modell einzuführen.
„Wir Leipzigerinnen und Leipziger brauchen endlich einen attraktiven Nahverkehr zu erschwinglichen Preisen. Mit dem 365-Euro-Jahresticket können wir für 1 Euro am Tag durch die ganze Stadt fahren“, sagt Tino Supplies, verkehrspolitischer Sprecher des Ökolöwen. „Leipzig muss beim Thema Verkehrswende endlich vorankommen. Ein günstiges Jahresticket ist ein wichtiger und machbarer Schritt.“
Der Leipziger Ökolöwe fordert deshalb von Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer die Einführung eines günstigen 365-Euro-Jahrestickets in Leipzig. Im Appell der Ökolöwen heißt es: „Leipzig muss Pilotregion für vorbildlichen Nahverkehr in Sachsen und Deutschland werden. Die für eine auskömmliche Finanzierung nötigen Kommunal-, Landes- und Bundesmittel müssen organisiert werden. Das 365-Jahresticket könnte beispielsweise als Förderschwerpunkt für den Strukturfonds der Kohlekommission oder das Sofortprogramm für saubere Luft der Bundesregierung eingeführt werden.“
„Die Einführung des 365-Euro-Jahresticket wird aktuell auch in anderen deutschen Städten vorbereitet. Das zeigt uns, dass die Zeit dafür mehr als reif ist“, stellt Tino Supplies fest. „Wir Ökolöwen werden mit gewohnter Vehemenz dafür streiten, dass das 365-Euro-Ticket in Leipzig tatsächlich eingeführt wird.“
Dass das nur mit Unterstützung der Leipziger Bürger geht, ist dem Verein klar. Und so versucht man mit dem Aufruf auch eine gewisse Masse an Beführworten hinter einem Ticket zu sammeln, was ganz nebenbei auch noch 5 Euro unter der zuletzt wieder stark umstrittenen „Leipzig-Pass-Mobilcard“, dem Sozialticket für SGB II-Berechtigte läge.
„Mit unserem Appell für das Ticket wollen wir Ökolöwen zeigen, dass viele Menschen hinter der Idee stehen und dass die politischen Entscheider mit der Einführung einen richtigen und klugen Schritt machen“, so Tino Supplies.
Das Vorbild: Wien
In der österreichischen Metropole (1,7 Millionen Einwohner) wurde schon Mitte 2012 das 365-Euro-Ticket eingeführt und damit der Nahverkehr deutlich gestärkt. „Inzwischen gibt es in Wien mehr Jahreskartenbesitzer als zugelassene PKW“, erläutert Supplies. So ist mit der Einführung des Tickets die Anzahl der verkauften Jahreskarten sprunghaft angestiegen. Von einst 370.000 Jahres-Abonnenten auf über 800.000.
Heute macht der Nahverkehr in Wien einen Anteil von 38 Prozent am Verkehrsmix aus. Davon ist Leipzig mit 18 Prozent noch weit entfernt.
Während die Bewohner Leipzigs also über zunehmenden Platzmangel beim Parken und Fahren streiten, Luftreinhaltepläne hinterherhinken und Industrie- und Handelskammern Protestbriefe wegen verschleppter Luftreinhaltepläne an den Oberbürgermeister schreiben, steht die nachhaltige Stärkung des ÖPNV noch immer aus. Derzeit soll zwar ein zweijähriges Moratorium für 2019/20 weitere Preissteigerungen zumindest aussetzen, doch danach könnten Folgeeffekte die kurzfristige Entlastung rasch wieder zunichte machen.
Bis 2018 jedenfalls wurden jährliche Preissteigerungen in Höhe von 3 Prozent jeweils komplett auf die Fahrpreise umgelegt – solange das Land Sachsen, die Stadt Leipzig und der ebenfalls schwer an der Unterbindung von Pkw-Fahrboten interessierte Bund kein Umsteuern in Angriff nehmen, werden die heutigen Ergebnisse auch die Zukunft weiterschreiben.
Derzeit ist ein ganz normales Abo bei den LVB heute doppelt so teuer wie das Wiener Modell. Wichtig am Wiener Modell ist aber auch der Hinweis: Vor Einführung des Wiener Modells wurde massiv in die Leistungsfähigkeit des Wiener ÖPNV investiert, sodass Bahnen und Busse auch in der Lage sind, deutlich mehr Fahrgäste zu transportieren.
Auch daran mangelte es in Leipzig in den vergangenen Jahren, sodass gerade der Berufsverkehr das ganze System unter Stress stellt. Zwar ist mit dem „Nachhaltigkeitsszenario“ ein deutlicher Ausbau des Systems bis 2030 geplant – was aber wann und wie zugebaut werden soll, ist völlig offen.
Die Vorteile des günstigen 365-Euro-Jahrestickets, vom Ökolöwen kurz zusammengefasst:
– Alle Leipzigerinnen und Leipziger können für nur einen Euro am Tag umweltfreundlich mobil sein.
– Das Ticket kann sofort eingeführt werden. Es gibt keine rechtlichen Hürden.
– Das Ticket stärkt Leipzigs Nahverkehr und sorgt für mehr Fahrgäste und planbare Einnahmen für die Verkehrsbetriebe. Die Abo-Quote nimmt deutlich zu.
– Der Kauf des Tickets ist freiwillig. Niemand wird zum Kauf des Tickets gezwungen.
– Das Beispiel Wien zeigt: Mit dem Ticket steigen tausende Autofahrerinnen und Autofahrer auf Bus und Bahn um. Wien verzeichnet heute mehr verkaufte ÖPNV-Jahreskarten als zugelassene PKW.
– Mehr ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer bedeuten saubere Luft und weniger Stau.
– Das Image von Bus und Bahn verändert sich aufgrund der vielen neuen Nutzerinnen und Nutzer positiv.
– Weniger Kosten für Mobilität bedeutet mehr Kaufkraft für den Laden um die Ecke.
365-Euro-Jahresticket im SPD-Kommunalwahlprogramm
Von der Leipziger SPD, die das 365-Euro-Jahresticket im Kommunalwahlprogramm stehen hat, kam postwendend Unterstützung für den Vorstoß der Ökolöwen. „Wir wollen den ÖPNV in Leipzig attraktiver machen und mehr Menschen durch positive Anreize zum Umstieg auf Bus und Bahn animieren. Die Einwohnerzahl wächst und mit ihr die in unserer Stadt zugelassenen Kraftfahrzeuge“, konstatiert SPD-Stadtverbandschef Holger Mann die Entwicklung der letzten Jahre.
Das bedeute eben auch, dass der Verkehr in Leipzig zunimmt und es auf den Straßen immer voller wird. „Damit der Stadtverkehr entlastet wird, wollen wir den öffentlichen Nahverkehr gezielt stärken und ihn für alle attraktiver machen. Der Fahrpreis ist dabei immer ein starkes Argument und aktuell leider für Bus und Bahn in Leipzig nicht sonderlich überzeugend“, so Mann.
Und eigentlich ist der Weg auch im Stadtrat frei dafür, wenn man die eigenen Beschlüsse mit Taten füllen möchte. Der Leipziger Stadtrat hat sich im Herbst vergangenen Jahres in Sachen Mobilität für das Nachhaltigkeitsszenario ausgesprochen, dessen wichtigste Säule die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs ist. Es wird also in den nächsten Jahren verstärkt in den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur investiert werden müssen. Ein 365-Euro-Jahresticket wäre auch für die SPD in dem Gesamtgefüge ein wichtiger Baustein.
Nachdem die SPD Leipzig mit Beschluss des Kommunalwahlprogramms am 12. Februar 2019 dieses Ziel für Leipzig formuliert hat, sammelt der Ökolöwe eben dafür jetzt die Unterschriften.
Hierzu erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker: „Die Einführung des 365-Euro-Jahrestickets wird ein Kraftakt. Bund und Land müssen deutlich mehr Fördermittel für eine Verkehrswende bereitstellen und sind in der Pflicht, den ÖPNV als Teil eines aktiven Klimaschutzprogramms zu stärken. Hierzu gehört neben der finanziellen Förderung der Ausbau der Infrastruktur des ÖPNV, weil die LVB durch die Einführung eines solchen Jahrestickets sehr schnell an seine Belastungsgrenze stoßen würden.“
Zudem bräuchte es natürlich „veränderte Taktzeiten und neue Linien. Das erfordert hohe Investitionen, für die auch auf kommunaler Ebene Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Hierzu liegt seitens der SPD-Fraktion mit der Umwandlung des Gesellschafterdarlehens ein Vorschlag auf dem Tisch.“
Hier kann man den Appell der Ökolöwen auch selbst unterschreiben.
Leipziger ÖPNV in der Dauerschleife: Das Wiener Modell als Diskussionsansatz (L-IZ-Archiv 2016)
Leipziger ÖPNV in der Dauerschleife: Das Wiener Modell als Diskussionsansatz
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