Immer dann, wenn sich in Leipzigs Verkehrspolitik etwas bewegt in Richtung Umweltverträglichkeit und Verminderung von Verkehrslasten, dann scheint irgendjemand durchs Rathaus zu rennen und zu rufen: „Aber wir müssen doch auch an die Kraftfahrer denken!“ – „Den Verkehr in seiner Gesamtheit sehen“, heißt das dann. Was soll das, fragen jetzt die Grünen in Bezug auf das Elektromobilitätskonzept des Wirtschaftsdezernats.

Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüße ausdrücklich den nun endlich vorgelegten Maßnahmeplan zur Förderung der Elektromobilität. Allerdings müssten alle verfolgten Maßnahmen und Ideen im Einklang mit anderen städtischen Zielen umgesetzt werden. Und eins dieser Ziele ist die Verminderung des motorisierten Verkehrs – gerade in Brennpunkten wie der Innenstadt. Aber genau das könne insbesondere beim Vorschlag, künftig kostenfreies Parken für Elektroautos in der Innenstadt zu ermöglichen, nicht erkannt werden.

„Meine Fraktion drängt seit Jahren auf eine konsequente Umsetzung der autoarmen Innenstadt. Diese soll möglichst autofrei sein, damit die Aufenthaltsqualität für alle Besucherinnen und Besucher der Innenstadt steigt, umfangreiche Fußgängerzonen, Bäume und Bänke Platz finden. Die in den vergangenen Jahren reduzierte Anzahl von Stellplätzen außerhalb der Tiefgaragen ist daher konsequent und richtig und die Bevorzugung des Wirtschaftsverkehrs sowie des Fahrrad- und Fußverkehrs absolut begrüßenswert“, betont Daniel von der Heide, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion. Und dazu gehört auch eine deutliche Änderung im innerstädtischen Parkregime.

„Die oberirdischen Stellplätze müssen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit (insbesondere: Goethestraße) und der Aufenthaltsqualität weiter reduziert werden und die verbliebenen vor allem für Menschen mit Behinderungen sowie für Carsharing- und Elektroladestationen vorgesehen sein“, erklärt der Grünen-Stadtrat. „Insofern hat Bürgermeister Albrecht unsere Anregung vom Runden Tisch Elektromobilität, die verbliebenen Innenstadtparkplätze nur noch dem elektrifizierten Verkehr vorzuhalten, offenbar falsch verstanden, indem auch zukünftig Verbrennungsfahrzeuge neben den zahlreichen Fußgängern in die Kernstadt zur schier aussichtslosen Parkplatzsuche direkt vor die Ladentür fahren sollen und man zudem auch noch auf Parkgebühren bei E-Autos verzichten will. So lockt man noch mehr Autos in die Innenstadt, obwohl man genau deren Halter eigentlich auf anderem Wege, nämlich mit Bus und Bahn oder dem Fahrrad in die City leiten möchte.“

So bekommt man die Innenstadt nie frei vom wilden Parkplatzsuchverkehr. Denn da die Parkgebühren billig sind, werden selbst dann Stellplätze in der City gesucht, wenn die Parkhäuser ringsum gähnend leer sind.

Und E-Autos nehmen auch Park-Raum in Anspruch. Ein Verzicht auf Parkgebühren ist ziemlich sinnfrei, wenn die Innenstadt mit der Straßenbahn aus allen Himmelsrichtungen erreicht werden kann.

„Abgesehen von diesem abzulehnenden Vorschlag finden sich in dem Maßnahmekonzept viele gute Ideen, die geeignet sind, beim Thema Elektromobilität einen entscheidenden Schritt voranzukommen. Jetzt muss es darum gehen, vom Ideenstatus hin zur Umsetzung zu gelangen. Dafür braucht es schnellstmögliche Umsetzungsgespräche mit den Partnern aus der Wirtschaft, aber auch das weitere Engagement der Stadtspitze und des Stadtkonzerns“, geht Grünen-Stadtrat Michael Schmidt auf die begrüßenswerten Teile des Verwaltungsvorschlags ein. „Gerade auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur dürfen wir uns nicht auf dem ausruhen, was manche als deutschlandweit vorzeigbar interpretieren. Wenn es tatsächlich gelingen soll, nicht nur Unternehmen vom Umstieg vom Diesel oder Benziner hin zum E-Auto zu überzeugen, braucht es einen zielgerichteten Ausbau der Ladeinfrastruktur in den Wohnvierteln und eine Bevorzugung von Stellplätzen für Elektroautos.“

Daran aber mangelt es im ganzen Stadtgebiet. Nach wie vor ist Leipzig eine Stadt der Verbrennungsmotoren, in der auch die Mobilitätsstationen eher ein Mauerblümchendasein fristen.

„Denn gerade auch nach dem Skandal um gefälschte Abgaswerte steigt das Bewusstsein zu einer Hinwendung zu Angeboten des Umweltverbundes und der individuellen Elektromobilität“, betont Schmidt. „Ein wesentlicher Teil der Ladestationen ist im oder rund um den Innenstadtring gelegen, in den Wohnvierteln herrscht dagegen weitestgehend Flaute. Unsere Fraktion hat daher vor einigen Wochen einen zielgerichteten Antrag eingereicht.“

Angebote fehlen – so stellen die Grünen fest – beispielsweise im Waldstraßenviertel, Gohlis, Südvorstadt, Schleußig, Plagwitz, Reudnitz etc. In den meisten Stadtteilen befindet sich maximal eine Ladestation. Was für eine belastbare Infrastruktur schlicht zu wenig ist.

Mehr zum Konzept gibt’s gleich an dieser Stelle.

Der Antrag der Grünen zur Elektromobilität.

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