Da gibt es Kommunen in Sachsen, die springen schon vor Freude an die Decke, wenn sie Investitionen mit 40, 50, 60 Prozent gefördert bekommen. Leipzig zum Beispiel, Großstadt am Westrand des Freistaats mit einem enormen Nachholbedarf beim Bau von Radwegen. Dafür gäbe es eigentlich 75 Prozent Förderung von der EU. Aber Sachsens Verkehrsminister hat anders entschieden. Zum Entsetzen der Grünen.
“Die sächsische Staatsregierung hat völlig eigenmächtig entschieden, dass von den 25 Millionen Euro, die Sachsen bis 2020 an EFRE-Mitteln für Radverkehr zur Verfügung stehen, kein einziger Euro an die Kommunen für kommunale Radwege ausgereicht wird. Damit erweist Sachsen engagierten Bürgermeistern und Stadträten einen Bärendienst”, kommentiert Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, die Antworten von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf ihre aktuelle Kleine Anfrage zur Aufteilung der EFRE-Fördermittel für umweltfreundliche Verkehrsträger.
Sachsen erhält zwischen 2014 und 2020 145,5 Millionen Euro EU-Fördermittel, die für umweltfreundliche Verkehrsträger ausgegeben werden sollen. Für den Radverkehr sind 25,5 Millionen Euro eingeplant. Laut Operationellem Programm des Freistaats für die EU-Förderperiode und laut Doppelhaushalt des Freistaates können davon sowohl kommunale Radwege als auch Radwege an Staatsstraßen gebaut werden.
85 Millionen Euro sind übrigens für den ÖPNV vorgesehen, 20 Millionen für Telematik und 15 Millionen für Binnenhäfen.
Doch nun hat Staatsminister Martin Dulig (SPD) augenscheinlich einseitig festgelegt, dass der Bau kommunaler Radwege aus diesem üppig gefüllten Fördertopf nicht unterstützt werden soll. Zumindest geht das so aus der von Eva-Maria Stange beantworteten Anfrage hervor: “Eine Förderung kommunaler Radwege aus dem EFRE-Programm ist nicht mehr geplant, da nur bis zu 75 % der nachgewiesenen zuwendungsfähigen Projektausgaben gefördert werden könnten. Damit bleibt die EFRE-Förderung deutlich hinter der neuen, voraussichtlich zum 1. Januar 2016 inkraft tretenden RL KStB zurück, die einen Regelfördersatz von 90 % vorsieht.”
Man versteht die Intention: Der Freistaat möchte schon gern die kommunalen Radwege zu 90 Prozent fördern, was mit der neuen Richtlinie zum kommunalen Straßenbau (RL KStB) mit einer 90-prozentigen Förderung in Aussicht gestellt ist. Aber ein Zeitpunkt dafür ist noch nicht genannt.
“Falls diese Richtlinie wirklich zum 1. Januar 2016 inkraft tritt, dauert es wieder mehr als ein Jahr bis tatsächlich gebaut werden kann. Gerade die großen Kommunen wollen aber jetzt anfangen zu bauen, bei ihnen gibt es einen riesigen Bedarf an Radwegen”, kommentiert Katja Meier den Vorgang. “Mittlerweile haben viele Stadtverwaltungen die Bedeutung des Alltagsradverkehrs erkannt. Gerade innerorts ist der Radverkehrsanteil am höchsten, hier häufen sich allerdings auch die Unfälle. Der Bedarf an sicheren Radverkehrsführungen ist groß.”
Warum Dulig die EFRE-Förderung nicht trotzdem einfach den Kommunen zur Verfügung stellt, die dringende Radwegeprojekte auch mit 75 Prozent Förderung bauen würden, wenn es einfach welche gäbe, versteht Katja Meier nicht.
“Den Plan des Wirtschaftsministers, diese 25 Millionen Euro vollständig dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASUV) für die Planung und den Bau von Radwegen an Staatsstraßen zu geben, sehe ich kritisch”, sagt sie. “Die Erfahrungen zeigen, dass das LASUV in der Vergangenheit bereits bei bedeutend geringeren Summen nicht in der Lage war, diese sachgerecht für den Radverkehr einzusetzen. So wurden von den 2013 zur Verfügung stehenden 472.000 Euro weniger als die Hälfte überhaupt ausgegeben. Wie diese Behörde nun die vielfache Summe sinnvoll umsetzen soll ist mir schleierhaft.”
Es sei denn, der Verkehrsminister zaubert jetzt ein sächsisches Radwegeprogramm aus der Tasche, in dem die 25 Millionen sofort eingesetzt werden, um den Freistaat endlich mit einem dichten Radwegenetz an Staatsstraßen auszustatten. Aber davon hat man auch noch nichts gehört. Tatsächlich sieht auch der Doppelhaushalt für 2015 zwar 2,1 Millionen Euro für separate Radwege an Staatsstraßen vor, 2016 sind aber wieder nur 700.000 Euro vorgesehen. Wie da bis 2020 insgesamt 25 Millionen Euro Förderung eingebracht werden sollen, ist nicht ersichtlich.
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