Sie sieht eigentlich ganz harmlos aus, die Emilienstraße im Zentrum-Süd. In einem Knick führt sie direkt auf die Windmühlenstraße. Da ist ein Radweg aufgemalt, schön breit. Seit Kurzem ist auch ein fettes Warndreieck auf den Asphalt gemalt. Denn was so übersichtlich aussieht, ist es gar nicht. Immer wieder kollidieren hier Kraftfahrer, die aus der Emilienstraße kommen und nach rechts auf die Windmühlenstraße einbiegen wollen, mit Radfahrern.
Wenn man sich die Vorgänge ein Weilchen anschaut, weiß man, warum es hier krachen muss. Denn der Radweg wird nicht nur StVO-gerecht benutzt. Praktisch jeder zweite Radfahrer ist hier entgegen der normalen Fahrtrichtung unterwegs. Das hat mit der in DDR-Zeiten verkorksten Bauweise der Windmühlenstraße zu tun. Wer aus Richtung Bayrischer Bahnhof kommt, muss entweder in einem komplizierten Kurs rund um die große Kreuzung auf die Südseite der Windmühlenstraße kommen, um dort Richtung Innenstadt zu fahren. Oder er fährt auf der falschen Seite der Windmühlenstraße gleich stadteinwärts, was jeden Tag hunderte Radfahrer tun, weil sie auf kürzestem Weg zur Emilienstraße wollen (wo sie eigentlich nicht einbiegen dürfen), zur Härtelstraße oder über die Windmühlenstraße selbst Richtung Westen.
Ein Problem, das die Stadt schon mit verschiedensten Schildern versucht hat zu lösen. Zuletzt hatte sie den gegenläufigen Verkehr auf dem Radweg, der dafür eigentlich nicht breit genug ist, sogar erlaubt.
Aber alle Warnschilder reichen nicht.
Immer wieder kommt es zu gefährlichen Situationen. Denn der Radweg ist auch die kürzeste Verbindung zum Überweg an der neu gebauten LVB-Haltestelle Härtelstraße. Immer mehr Anwohner sind mit dem Rad hier unterwegs, um in der vor Kurzem eröffneten Aldi-Filiale einzukaufen, bei Bäcker und Fleischer vorzufahren. Die neu entstandene Einkaufslage wird gut angenommen, auch von den Bewohnern der Quartiere südlich der Windmühlenstraße. Doch Leipzigs Straßenplaner haben das in ihren Planungen nicht berücksichtigt. Der ampelgeregelte Übergang direkt an der Härtelstraße ist viel zu eng bemessen, um hier eine Querung von mehreren Radfahrern zu ermöglichen. Schon wenn drei von ihnen an der Ampel warten, sind die Radwege verstellt.
Logisch, dass viele Radfahrer den nicht regulierten breiteren Überweg auf der anderen Seite der Haltestelle nutzen.
Logisch auch, dass immer wieder Radfahrer, die entgegen der normalen Fahrtrichtung vom Bayrischen Platz kommen, an der Emilienstraße mit Kfz kollidieren. Denn die meisten Kraftfahrer erwarten hier schlichtweg keine Radfahrer von rechts, sondern gehen davon aus, dass sie mit dem Blick nach links sowohl den motorisierten als auch den unmotorisierten Verkehr im Blick haben. Und da auch die meisten Radfahrer nicht wirklich bremsen an der Stelle und auf die oft genug unverhofft auftauchenden Fahrzeuge aus der Emilienstraße achten, ist diese scheinbar so übersichtliche Stelle eine der gefährlichsten im Leipziger Radnetz.
Eigentlich kann es so nicht bleiben.
Aber was kann man tun?
Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig:
Mit dem Umbau des Straßenzuges Bayrischer Platz – Windmühlenstraße – Grünewaldstraße besteht die Möglichkeit, das Problem grundsätzlich anzugehen. Die Überlegung der Verwaltung ist, dass man mit einem Radfahrstreifen zumindest den stadtauswärtigen Radverkehr auf sichererem Wege führt, als das heute der Fall ist.
Stadteinwärts wird der Radverkehr nicht wieder in Gegenrichtung zugelassen, sodass dort nur noch ein Gehweg besteht. Nun wissen wir aber aus den Erfahrungen der letzten Jahre, dass eine umwegige Führung – insbesondere wenn sich die Führung mehrfach ändert – nicht angenommen wird.
Die Lösung, die sich noch nicht so viele zu denken trauen, liegt allerdings auf der Hand: Die Emilienstraße wird für den Kfz-Verkehr von der Windmühlenstraße abgehängt. Wenn keine Autos mehr aus der Emilienstraße kommen bzw. in diese Hineinfahren, kommt es auch nicht mehr zum Konflikt zwischen Kfz-, Rad- und Fußverkehr. Wie das dann aussehen kann, ist in der Prager Straße seit 15 Jahren zu sehen und somit auch keine große Neuerung für Leipzig. Die Erschließung der Wohngebäude und Läden könnte dann nur noch über die südliche Zuführung der Emilienstraße erfolgen.
Die Emilienstraße würde damit auch verkehrsberuhigt, was auch zu einer Aufwertung der Straße und gehobeneren Lebensqualität führen würde, und auch für die Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Schulzentrums brächte diese Variante eine Besserung, denn der Weg von der Haltestelle Härtelstraße würde sicherer und direkt an der Schule würden weniger Autos fahren. Es entstünde also für alle eine deutliche Verbesserung.
Keine Kommentare bisher
1 – Die in DDR-Zeiten verkorksten Bauweise der Windmühlenstraße.
2 – Praktisch jeder zweite Radfahrer ist hier entgegen der normalen Fahrtrichtung unterwegs.
3 – Die Lösung, die sich noch nicht so viele zu denken trauen, liegt allerdings auf der Hand: Die Emilienstraße wird für den Kfz-Verkehr von der Windmühlenstraße abgehängt. Wenn keine Autos mehr aus der Emilienstraße kommen bzw. in diese Hineinfahren, kommt es auch nicht mehr zum Konflikt zwischen Kfz-, Rad- und Fußverkehr.
Punkt 1 ist in Beton gegossen.
Punkt 2 scheinen Betonköpfe.
Punkt 3 erinnert an eine Not-OP.
Warum funktioniert in Leipzig nicht, was in Städten wie Hamburg, Wiesbaden, Frankfurt oder Bremen sehr wohl funktioniert?
Würden PKW Fahrer, aus den gleichen Gründen weshalb Fahrradfahrer es tun, entgegen der normalen Fahrtrichtung fahren, massenhaft und hundertfach und täglich, was wäre dann? Unvorstellbar.
Und was ist mit der Leipziger Fahrradstaffel?
Alexander John meint: „Die Lösung, die sich noch nicht so viele zu denken trauen, liegt allerdings auf der Hand:“
Siehe Punkt 3 = Sperrung der Straße für die anderen Verkehrsteilnehmer.
Diese Denkweise scheint wenig praktikabel.
Die Straße ist statisch, doch die Verkehrsteilnehmer, sind es nicht (sollte man meinen).
Wenn JEDER sich an die bestehenden Regeln hält, so wie wir es vermittelt bekamen und unseren Kindern lehren, dann kommt es auch nicht mehr zum Konflikt zwischen Kfz-, Rad- und Fußverkehr.
„Und da auch die meisten Radfahrer nicht wirklich bremsen an der Stelle und auf die oft genug unverhofft (oft genug unverhofft = ein Oxymoron) auftauchenden Fahrzeuge aus der Emilienstraße achten, ist diese scheinbar so übersichtliche Stelle eine der gefährlichsten im Leipziger Radnetz“
Also – JEDER und IMMER die richtige Richtung fahren, auf die anderen Verkehrsteilnehmer achten und immer bremsbereit sein. Letztlich müsste auch dies über den Geldbeutel konditioniert werden, nicht über Straßensperrung.