Nach der Räumung einer S‐Bahn mitten im Berufsverkehr ist die „Rote Linie“ überschritten worden. Jetzt muss gehandelt werden. Pro Bahn fordert alle Verantwortlichen ausdrücklich auf, den unhaltbaren Überfüllungszuständen im Sinne der Fahrgäste abzuhelfen. Bereits vor mehreren Wochen hat der Fahrgastverband Pro Bahn die Überfüllungen im Berufsverkehr scharf kritisiert. Statt Verbesserungen kamen leider nur Ausreden.
Diese brachten den Fahrgästen keine ertragbaren Zustände. Dass nun die Radmitnahme zur Eskalation führte, findet seine Ursache in den Fehlern am Schreibtisch.
Entgegen der These des bestellenden Zweckverbandes ZVNL (dieser bestimmt die Kapazität und Art der Züge, DB Regio muss diese Leistungen dann so fahren) reichen die Züge nicht aus. Daran ändert sich auch nichts, wenn es DB Regio gelänge, alle Fahrzeuge aus den Werkstätten auf die Gleise zu bringen. Denn vom ersten Tag des neuen S-Bahnnetzes an musste bereits die S7 (in Halle/Saale fahrend) weiterhin notdürftig mit Altmaterial fahren, weil die Talent‐Triebwagen nicht reichten.
Trotzdem verkehren viel zu oft viel zu kleine Triebwageneinheiten.
DB Regio muss hier geschickter die Einsätze planen. Doch eine zu kleine Bettdecke bleibt immer zu klein. Da hilft alles zerren nichts. Der ZVNL hatte zur Ausschreibungszeit 2008 definitiv viel zu pessimistische Annahmen getroffen, was die Nachfrage in den Spitzenzeiten betrifft.
Leider wurden auch einfachste Maßnahmen mit fadenscheinigen, gar falschen Begründungen vom ZVNL abgelehnt, welche die Gepäck-, Kinderwagen‐ und Radkapazität etwa verdoppeln könnte. Durch Entfernen von unnötigen Klappsitzen und ganz weniger weiterer Plätze entsteht so viel Fläche, dass gefahrlos alle mitfahren können. Doch den Starrsinn bezahlen nun Fahrgäste durch Hinauswerfen aus dem Zug zur Arbeit. Die Räder werden nicht zum Vergnügen mitgenommen. Dank der unzureichenden Anbindung der S-Bahnstation an Straßenbahn und Bus bleibt zu vielen gar keine andere Möglichkeit. Ein Abstellen an den Stationen entfällt ebenso für zahlreiche Reisende, die Diebstahlquote begründet das eindrucksvoll. Auch sind die Abstellkapazitäten dort ebenso erschöpft, gut zu sehen am S-Bahnhof Leipzig MDR.
Das Problem darf jedoch nicht auf die Fahrradnutzung reduziert werden. Ohne Korrekturen an den Fahrzeugen reichen Kinderwagen und normales Reisegepäck auf dem Weg zum ICE‐Anschluss oder zum Flughafen, um das S-Bahnsystem zum Kollaps zu bringen. So kann und darf kein Bahnverkehr organisiert werden! Wie soll der Betrieb aussehen, wenn Leipzig weiter wächst, die Messe erfolgreich ist, attraktiver für Touristen wird, gar der Flughafen mehr Fluggäste abfertigt?
Keinem zahlenden Fahrgast ist erklärbar, dass man, nachdem eine Milliardeninvestition zur häufigeren Nutzung der S‐Bahn stattfand, aus selbiger wieder heraus geworfen wird, weil man nicht mit so vielen Nutzern rechnen wollte!
Wiederholt muss der ZVNL aufgefordert werden, die Planungen für Fahrzeugnachbestellungen sofort zu beginnen. Ergänzt um die Information, dass die Interessenvertreter der Fahrgäste nicht das Geld auf den Tisch legen. Es ist Aufgabe der Besteller, bei den Betreibern und den Ländern hierzu eine Lösung zu finden.
Und zwar umgehend! Wie viele müssen noch aus den Zügen geworfen werden, bis das Zaudern und Zögern ein Ende hat? Durch Fahrgelder und Steuern finanzieren die Fahrgäste schließlich den Bahnbetrieb, dann sind wenigstens sichtbare Bemühungen zu erwarten, etwas zu verbessern.
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Das kommt davon, wenn Autofahrer ein neues S-Bahn-Netz planen, vor allem wenn sie in einer Autostadt wie Leipzig wohnen, die ihren Hagestolz vor sich herträgt, Werksort zweier großer Autokonzerne zu sein.
Es ist aber auch nicht Neues, wenn Verkehrs”planer” immer so “überrascht” von der erheblichen Nachfrage sind, wenn mal das NV-Angebot verbessert wird. Dieses Trauerspiel kenne ich schon seit 35 Jahren. Wird halt nicht besser. Deutschland bleibt ein Land der Autofahrer.