Leipzigs Verwaltung legt einen ganz zaghaften Alternativvorschlag gegen die Preiserhöhung vor

Alle Jahre wieder - klingeln vor Weihnachten die Alarmglöckchen. Das ist immer die Zeit, in der hinter den Kulissen die neuen Fahrpreiserhöhungen für den nächsten August ausgekocht werden. Und da auch die Stadt Leipzig ihren ÖPNV seit Jahren "gesundspart", heißt das auch für die einst mit viel Brimborium eingeführte Leipzig-Pass-Mobil-Card: Es wird teurer im nächsten August.

Das wird auch 2015 so sein. Es sei denn, es geht jetzt flott und der Leipziger Stadtrat beschließt nicht nur ganz schnell den jetzt vom Sozialdezernat vorgelegten Alternativvorschlag, sondern kriegt auch noch einen neuen Vertrag mit dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) hin. Obwohl es nur um Peanuts geht. Eher einen Kleckerbetrag, der den Ticketpreis vielleicht stabil hält.

Im November 2014 war es die Linksfraktion, die recht ergrimmt vorgeprescht war, nachdem schon die ersten Zahlen zur nächsten Fahrpreiserhöhung durch die Ritzen der Beratungszimmer drangen. Ist ja nicht so, dass sich die entscheidenden Gremien in Leipzig und Umgebung überhaupt bemüßigt fühlen, das Thema öffentliche Förderung (ein Trauerspiel in Hochglanzfolie) vor 2017 überhaupt anzupacken. Dass 2015 auch die eigentlich für finanziell klamme Leipziger Mitbewohner gedachte Leipzig-Pass-Mobilcard wieder teurer werden sollte, fand die Linksfraktion eigentlich obszön.

Auch wenn sie das so formulierte, als hätte sie ein unaufmerksames Kind mal wieder beim Schabernacktreiben erwischt: “Leider nahmen wir Signale wahr, dass LVB und MDV eine deutliche, über der allgemeinen durchschnittlichen Erhöhung aller Produkte für die ÖPNV-Benutzung liegende Tariferhöhung für das Produkt ‘Leipzig-Pass-Mobilcard’ planen. Diese Signale widersprechen dem Geist des Vertrages mit MDV und LVB aus dem Jahr 2011 und sollten durch den Stadtrat und den OBM unterbunden werden.”

Ein frommer Wunsch, da doch die Stadtverwaltung eben deutlich formuliert hatte, dass sie erst mal hübsch warten wolle, bis der MDV nicht nur sein Gutachten, sondern auch noch eventuell mögliche Finanzierungsmöglichkeiten für die Zukunft finden würde. Anträge aus dem Leipziger Stadtrat, die Zuschüsse für die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) zu erhöhen, wurden höflichst abgelehnt.

“Der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig sowie die Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat und der Gesellschafter vom MDV und den LVB stellen sicher, dass das Produkt Monatskarte ‘Leipzig-Pass-Mobilcard’ für die Tarifzone 110 auch in den kommenden Jahren nicht  bzw. maximal im Rahmen der allgemeinen durchschnittlichen Tariferhöhung aller Produkte erhöht wird”, hatte die Linksfraktion hingegen ganz zurückhaltend beantragt. “Gegebenenfalls notwendige Ausgleichszahlungen der Stadt Leipzig an den MDV/LVB sind nachzuweisen und mittels Beschlussvorlage an den Stadtrat zur Anpassung des § 3 ‘Finanzierung’ des Vertrages zum Sozialticket der Stadt Leipzig ‘Leipzig-Pass-Mobilcard’ aus dem Jahr 2011 bestätigen zu lassen.”

Da hätte eine Stadtverwaltung eigentlich einfach zustimmen können. Denn die als sozial verträglich gedachte Karte hatte ja nun schon einige Verteuerungsrunden von 25 auf 29,50 Euro hinter sich, ganz abgesehen davon, dass die Fahrpreise im MDV nun seit Jahren doppelt so schnell steigen wie die Inflationsrate.

Aber das Ergebnis, das jetzt das Sozialdezernat (unter Mitarbeit des Finanzdezernats) vorgelegt hat, ist nicht einmal die Hälfte dieses eh schon vorsichtigen Linke-Antrags.

“Eine mögliche Preissteigerung der Leipzig-Pass-Mobilcard-Monatskarte der Tarifzone 1 im Rahmen der Tarifanpassung ab 01.08.2015 wird durch einen Zuschuss in Höhe von 40% der Preissteigerung je ermäßigte Monatskarte gefördert”, schlägt nun das Sozialdezernat als Alternative vor. “An der Förderung beteiligen sich die Stadt Leipzig und die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH zu gleichen Teilen.”

Für die Begründung brauchen die Stadträte dann zwar einen Taschenrechner. Aber der wird an der Tatsache dann wenig ändern, dass es nach Willen der Stadtverwaltung eben 2015 doch wieder eine Verteuerung der Leipzig-Pass-Mobilcard geben soll. Denn 40 Prozent einer “Förderung” sind ja wohl im Effekt doch noch eine Preiserhöhung durch die verbleibenden 60 Prozent.

“Der Vertrag mit der Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH und dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund zur Leipzig-Pass-Mobilcard läuft bis zum 31.12.2015. Der mit den Verkehrsunternehmen abgeschlossene und von der Ratsversammlung beschlossene Vertrag sieht einen Verkaufspreis der Leipzig-Pass-Mobilcard in Höhe von maximal 50 % gegenüber dem Kauf einer Monatskarte für die Tarifzone 1 vor”, führt das Sozialdezernat aus. “Derzeit beläuft sich der Preis einer solchen Monatskarte auf 65,40 €. Der Verkaufspreis der Leipzig-Pass-Mobilcard beträgt derzeit 29,50 € (statt 32,70 € für 50 %) und ist somit 55 % günstiger als die Monatskarte. Die Differenz zwischen Soll und Ist wird derzeit durch die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH getragen.”

Dass die Monatskarte schon ein außergewöhnlich teures Produkt geworden ist, erwähnt das Sozialdezernat da lieber nicht. Und dass es die Fahrgäste der LVB sind, die nun seit zehn Jahren die Kostensteigerungen bei den LVB allein auffangen, auch nicht. Das ganze System stimmt nicht und einige Stadträte werden sich so langsam in den Hintern beißen, dass man sich darauf eingelassen hat, die Leipzig-Pass-Mobilcard ausgerechnet an den Preis des überteuerten Monatstickets zu koppeln.

Aber auch Leipzigs Verwaltung beherrscht ja den Werbespruch, mit dem man den Betroffenen eine Zumutung sogar noch als Geschenk verkauft: “Um weiterhin Anspruchsberechtigten für den Leipzig-Pass eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Mobilität zu ermöglichen, soll das Angebot der Leipzig-Pass-Mobilcard in Höhe der vertraglich vereinbarten Ermäßigung (50 % des Preises einer Monatskarte für die Tarifzone 1) aufrecht erhalten werden.”

Das ist jetzt schon mal Musik für den Vertragsabschluss 2015. Denn die Frage taucht ja ab 2016 auch wieder auf: Wie teuer darf denn das Sozialticket werden? 50 Prozent von der normalen Monatskarte – siehe oben – wären ja auch wieder eine Preissteigerung auf 32,70 Euro.

“Voraussetzung hierfür ist der Abschluss eines neuen Vertrages mit der Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH und dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund hinsichtlich der Höhe des Ausgleichsbetrages zur Finanzierung der Leipzig-Pass-Mobilcard. Dazu ist die Verwaltung in Verhandlung mit der Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH”, teilt das Sozialdezernat mit. Natürlich verhandelt man nicht mit dem Leipziger Stadtrat, denn der hat ja – wie der ausgeschiedene Stadtrat der Linken, Jens Herrmann-Kambach auf Nachfrage erfuhr – bei Fahrpreisen der LVB nichts mitzubestimmen. Ohnmacht kann so schön aussehen, wenn sie einem unter die Nase gerieben wird.

“Mit der Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH konnte verhandelt werden, dass eine Preiserhöhung der Leipzig-Pass-Mobilcard nicht in vollem Umfang an die Nutzer weiter gegeben werden soll”, teilt nun das Sozialdezernat nonchalant für die nächste Zeit mit. “Stattdessen sollen 40% dieser Preissteigerung je Leipzig-Pass-Mobilcard-Monatskarte der Tarifzone 1 durch einen Zuschuss finanziert werden. Der Zuschuss soll zu gleichen Anteilen durch die Stadt Leipzig und durch die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH getragen werden. Für den Haushalt der Stadt Leipzig entstehen dadurch Mehraufwendungen in Höhe von voraussichtlich 100.000 € im Jahr 2015 und 200.000 € im Jahr 2016. – Sobald der verhandelte Vertragsentwurf mit dem Verkehrsunternehmen vorliegt, wird dieser dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Tarifgestaltung für die Monatskarte für die Tarifzone 110 obliegt den Gremien des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes.”

Mal so gesagt: Hätte die Stadt den Mumm, den Zuschuss der LVB wieder jährlich an den Bedarf anzupassen, bräuchte es diese Eiertänze um 100.000 oder 200.000 Euro nicht. Dann würde der Stadtrat jedes Jahr erfahren, wo und warum die Kosten der LVB gestiegen sind und wie hoch der Finanzbedarf tatsächlich ist. Dann wären die lächerlich niedrigen 45 Millionen Euro, die hinten und vorne nicht reichen, längst vom Tisch.

Der Alternativvorschlag zur Leipzig-Pass-Mobil-Card.