Sechs neue S-Bahn-Linien durchfahren den Citytunnel. Bevor es soweit ist, findet am nächsten Samstag, dem 14. Dezember, die feierliche Eröffnung statt. Sie beginnt bereits um zehn Uhr, doch nicht für das gemeine Volk. Auf der Sternfahrt, bei der um zehn Uhr von allen Endpunkten des S-Bahn-Netzes - zum Beispiel in Halle, Geithain und Oschatz, Züge losfahren und sich dann in Leipzig am Hauptbahnhof treffen, sind nur geladene Gäste gewünscht.
Ebenso auf der “Parallelfahrt durch den City-Tunnel”, welche gegen Mittag stattfindet. Auch der Festakt auf der Hauptbühne im Hauptbahnhof ist nur für geladene Gäste gedacht. Wenigstens überträgt der MDR das Programm live. Das Service-Zentrum in der Station Markt wird um 14:30 Uhr eröffnet.
Nicht nur für Gäste, sondern für alle Bürger, geht es um 15 Uhr los, mit dem sogenannten Bürgerfest im Hauptbahnhof: Das MDR-Jugend-Radio Jump besorgt Musik und Programm. Ab 15 Uhr finden die Pendelfahrten durch den Tunnel statt. Diese sind kostenlos für alle Interessierten. Die Züge pendeln im 15 Minuten Takt. Am Folgetag, dem 15. Dezember, wird dann der normale S-Bahn-Betrieb aufgenommen.
Kein Anschluss unter dieser Nummer
Zu einer Probefahrt hatte die Deutsche Bahn am vergangenen Mittwoch die Journalisten geladen. Sowohl Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok als auch Artur Stempel, Bevollmächtigter der Bahn für den City-Tunnel, nahmen teil.
Morlok war guter Stimmung und in Plauderlaune. “Es gab ja einige Pannen”, so Morlok, der nun guter Dinge ist, dass nichts mehr passiert. Er wollte lieber Anekdoten loswerden. Die meisten davon waren allerdings schon lange im Vorfeld bekannt. Zum Beispiel die, dass für die Sicherheitszentrale in der Station unterm Leipziger Markt zunächst kein Telefonanschluss gelegt wurde. Die Telekom hatte sich geweigert mit der Begründung, dass es keine Postadresse für die Station gebe. Erst ein Schreiben an Telekom-Chef René Obermann hatte die Situation geklärt.
Oder jene, dass ein Tunnelbohrer keinen Rückwärtsgang hatte. Die tonnenschwere Maschine, mit der im Jahr 2008 der Tunnel unter Leipzig getrieben wurde, verfügte nicht darüber und steckte nun im Tunnel, kam aber nicht mehr heraus. Mit einem russischen Panzerschlepper, der extra dafür aufgetrieben werden musste, zog man das Baugerät rückwärts aus der Röhre.
Das größte Malheur dürften jedoch die Baukosten sein: Bei den veranschlagten 572 Millionen Euro ist es ja nun bekanntlich nicht geblieben. Die Summe beläuft sich nun auf fast 1 Milliarde Euro, genauer: 960 Millionen Euro. Und der Tunnel wird nun vier Jahre später eröffnet als geplant.
In 45 Sekunden vom Hauptbahnhof zum Markt
Die Fahrt durch den Tunnel mag all dies nicht mehr ganz so bitter erscheinen lassen: Als am Mittwochabend der Minister mitsamt den Verantwortlichen und den Pressevertretern die Rolltreppe hinunter nehmen, zum Tunnel-Bahnsteig, gucken manche Passanten nicht schlecht. Durch die Fenster auf der Verteilerebene lässt sich der vorzeitige Fahrgast-Verkehr gut beobachten. Der Zug steht bereit. Er verfügt über zwei Wagons und bietet Platz für rund 200 Fahrgäste. Die erste Station auf der Strecke ist jene unterm Leipziger Markt. Die Fahrt hat 45 Sekunden gedauert.
Nach einer Pause und weiteren 45 Sekunden hält der Zug unterm Wilhelm-Leuschner-Platz. Die Glasbaustein-Architektur ist in Leipzig mittlerweile berüchtigt, das Eingangshaus zur Station bereits als “Klohäuschen” betitelt. Hier unten jedoch machen die vielen Glasbausteine ordentlich was her. Nun wird auch klar, warum die Station den diesjährigen Architekturpreis der Stadt Leipzig verliehen bekam. Die Station hat etwas Sakrales, gleicht einem modernen Kirchengebäude.
Die nächste Haltestelle ist der Bayrische Bahnhof – und sie ist in blaues Licht getaucht, dafür sorgen die blauen Lichtelemente-Streifen an den Seitenwänden. Auch hier Fototermin, dann fährt der Zug zurück zum Leuschner-Platz. Die Gäste werden nun ins Café Schiller eingeladen. Der ganze Ausflug war etwas unglücklich als “Journalistenadvent” betitelt worden. Eine Handvoll bleibt zurück und fährt wieder zum Hauptbahnhof. “Sind alle dabei?”, fragt eine Bahnverantwortliche. “Wir haben doch einen Fahrplan zu erfüllen.” Selbst auf einem Journalistenadvent muss der Plan eingehalten werden. Ohne den Stopp am Markt dauert die Fahrt nur etwas mehr als eine Minute. Hinaus geht es über die Verteilerebene. Der Wachdienst schließt ab. Erst ab Samstagnachmittag wird der Tunnelzugang dann für alle Welt geöffnet.
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