Kaum hat die Leipziger Stadtratsmehrheit den Antrag der Linksfraktion auf ein Tarifmoratorium im MDV abgelehnt, machte die Gesellschafterversammlung des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) hat am Donnerstag, 21. März, Nägel mit Köpfen und beschloss - eine Tariferhöhung.
Sofern dem auch die zuständigen Genehmigungsbehörden zustimmen, steigen damit auch in diesem Jahr die Preise für Züge, Straßenbahnen und Busse im Verbundraum am 1. August um durchschnittlich 3,5 bis 4,5 Prozent. Zugleich nehme der Verbund aber auch verschiedene Tickets neu in sein Angebot auf, die bisher nur bei einzelnen Unternehmen gelten.
Wohl eine wirklich überfällige Neuerung: So kann man künftig mit den Bahn-Angeboten Sachsen-Anhalt-Ticket, Sachsen-Ticket und Thüringen-Ticket innerhalb des MDV auch Busse und Straßenbahnen nutzen. Der bisher beim Umstieg notwendige Kauf von MDV-Tickets ist damit nicht mehr notwendig.
Mit der MDV-Preisanpassung werden freilich Einzelfahrkarten in Leipzig und Halle 10 Cent teurer als bisher. In der Region liegt die Preiserhöhung beginnend mit Zweizonen-Fahrten zwischen 10 Cent und 30 Cent für Fahrten über sechs oder mehr Zonen. Auch die Preise für die 4-Fahrtenkarten steigen differenziert in Halle und Leipzig sowie in der Region für Fahrten ab zwei Zonen oder mehr.
Häufig- und Vielfahrer, die Wochen- und Monatskarten und vor allem die verschiedenen Abo-Angebote nutzen, müssen ab August auch wieder tiefer in die Tasche greifen. Sie wurden schon zur Fahrpreiserhöhung 2012 kräftig zur Kasse gebeten. Allerdings falle für diese Nutzer die Preissteigerung mit Mehrkosten von lediglich 3 bis 5 Cent pro Fahrt deutlich geringer aus, meint der MDV. Ganz und gar unverändert bleiben dafür die im vergangenen Jahr neu eingeführten Angebote für die Rentner im Tarifgebiet, ABO Senior und ABO Senior Partner, die generell verbundweite Fahrten ermöglichen.
Im Preis gleich bleiben verbundweit auch die Kurzstreckenfahrkarten. In allen regionalen Zonen bleiben zudem die Preise für die Tageskartenangebote stabil und bei Ein-Zonen-Fahrten außerhalb von Halle und Leipzig verändern sich die Preise für Einzel- und Vierfahrtenkarten ebenfalls nicht.
Gleich bleiben auch die Preise für alle Kinderfahrkartenangebote im Verbund. “Obwohl wir die Kinderfahrkarten bereits seit 2008 nicht erhöht haben, ändern wir deren Preise auch bei diesem Tarifwechsel nicht”, betont MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann und verweist darauf, dass sich der Verbund durchaus seiner sozialen Verantwortung bewusst sei. “Uns ist klar, dass keiner unserer Kunden von sich aus gern einen höheren Ticketpreis zahlen will. Aber in vielen öffentlichen Diskussionsrunden konnte ich ein Grundverständnis dafür wahrnehmen, dass es in der finanziellen Situation besser ist, die Tarife moderat zu erhöhen, als Einschnitte im Leistungsangebot vorzunehmen.”
Offensichtlich stehe die Bevölkerung in Mitteldeutschland trotz steter Preissteigerungen von 2 bis 4 Prozent in den letzten Jahren tatsächlich zum Nahverkehr. Das bewiesen wohl auch die Fahrgastzahlen: In den Verkehrsmitteln im Verbund werden heute pro Jahr 15 Millionen Fahrgäste mehr gezählt als zum Verbundstart.
Dass der MDV auch in diesem Jahr nicht um eine Tariferhöhung herum kommt, dürfte all denjenigen, die die Finanzierungssituation des Nahverkehrs seit Jahren kritisch beobachten, klar sein, betont der Verbund. Kraftstoffpreise auf anhaltend hohem Niveau, stagnierende Bestellerentgelte, fehlende Mittel für dringend notwendige, nachhaltige und kundenwirksame Investitionen und bei einer Reihe von Unternehmen auch steigende Lohnaufwendungen seien die großen Problemfelder aller Nahverkehrsbetriebe – nicht nur im MDV.
Wie schwierig die Situation insgesamt sei, zeige die Tatsache, dass von den jährlich benötigten 400 Millionen Euro für die Gewährleistung des Betriebes im Verbund nur 165 Millionen Euro aus Fahrgeldeinnahmen gewonnen werden. 235 Millionen Euro steuern die Nahverkehrsbesteller auf Straße und Schiene sowie Bund und Länder mit verschiedenen Ausgleichsleistungen bei. Da es hier in den letzten Jahren permanent Einschnitte gab, fehlen dem Nahverkehrssystem im MDV jährlich mindestens 115 Millionen Euro im Vergleich zum Jahr 2001.
Zwar konnten die Unternehmen im MDV 50 Millionen Euro über höhere Fahrpreise und über zum Teil deutliche Fahrgastzuwächse kompensieren, die Schere zwischen benötigten und tatsächlich verfügbaren Mitteln klaffe aber immer weiter auseinander.
So würden die Fahrgäste in Mitteldeutschland nur das im Jahr 2012 mit 7,02 Millionen Euro Mehreinnahmen gegenüber dem Vorjahr bisher beste Jahresergebnis seit Verbundgründung vor einer drastischen Leistungsreduzierung, retten, beteuert der MDV.
Der Stadtrat tagt: LVB-Preise steigen weiter – nächste Erhöhung zum 1. August 2013
Mit einem frommen Wunsch trat die Fraktion …
Auch wenn es andersherum wohl eher stimmt: Die Fahrgäste haben mit den höheren Tarifen den MDV davor gerettet, Leistungen einschränken zu müssen.
Wäre es nicht gelungen, über die letzte Tarifsteigerung und über die zeitgleich eingeführten neuen Ticketangebote allein 2012 rund 1,5 Millionen neue Fahrgäste zu gewinnen, hätten zwischenzeitlich rund 50 Buslinien im MDV-Raum gestrichen werden müssen, so der MDV. Die Folgen für die mitteldeutsche Bevölkerung wären fatal gewesen.
So sei die MDV-Geschäftsführung beim jüngst diskutierten Tarifmoratorium hin und her gerissen. Verbundgeschäftsführer Lehmann versteht das Grundanliegen des angestrebten Moratoriums darin, eine mittel- und langfristige Klarheit bei der Nahverkehrsfinanzierung zu finden – sowohl auf Ebene der politischen Entscheidungsträger in den Kommunen als auch in der Landes- und Bundespolitik.
“Dieses Anliegen teilen wir und wir werden den Diskussionsprozess mit entsprechenden fachlichen Szenarien und Bewertungen untersetzen. Solange dieser Prozess der Diskussion mit den politischen Entscheidungsträgern aber läuft, muss die Finanzierung des aktuellen Verkehrsangebotes abgesichert werden”, betont er.
Ansonsten bestehe laut Lehmann massiv die Gefahr, dass deutliche Einschnitte im Verkehrsangebot der Unternehmen vorgenommen werden müssten.
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