Das Problem mit den unberäumten Radwegen bei Schnee und Eis konnte Jan Rickmeyer, der Radverkehrsbeauftragte der Stadt Leipzig, zum Pressetermin am 13. Dezember zwar noch nicht als gelöst anbieten. Aber Leipzig bleibt in Sachen Radverkehr nicht stecken. Es tut sich was. Wenn auch nicht so gewaltig, wie von manchem Radfahrer gewünscht. Denn das Ziel ist ja beschlossen: 20 Prozent Radwegeanteil im Jahr 2020.

So betonte es auch Martin zur Nedden, der Baubürgermeister, noch einmal. Er muss ja baulich umsetzen, was Radfahrer sich wünschen. “Alles kostet Geld”, sagt er. Auch in Bezug auf den aktuell verständlichen Wunsch nach freien Radwegen auch im Winter. “So weit ich von meinem Kollegen Rosenthal gehört habe, will er sich mit dem Thema 2013 konzeptuell beschäftigen. Aber auch das Beräumen der Radwege kostet Geld. Das muss man einfach so sehen.”

Mit dem ADFC sei man freilich stets in intensivem Austausch. “Auch wenn nicht alle Vorstellungen in diesem Maße auch umgesetzt werden können. Wir müssen ja alle Verkehrsarten im Blick haben”, sagt zur Nedden. Und meint damit auch noch eine andere Zahl aus den Verkehrszielen der Stadt: 70 Prozent umweltfreundlicher Verkehrsarten als Anteil an allen Wegen in Leipzig. Aktuell sind es knapp 60 Prozent. Der Rest wird mit dem Automobil gefahren.

Heißt im Klartext: In den nächsten sieben Jahren muss Leipzig im Wesentlichen Autofahrer dazu bewegen, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen – Bus, Straßenbahn, S-Bahn, Fahrrad oder auch mal Schusters Rappen. Schusters Rappen soll dabei 25 Prozent der Wege bewältigen, die LVB sollen ihren Anteil von 20 auf 25 Prozent steigern (was sie mit weiteren Preissteigerungen so nicht schaffen werden) und der Radverkehr soll von 14,4 auf 20 Prozent zulegen.

Letzteres setzt logischerweise ein barrierefreies und gut ausgebautes Radwegenetz voraus. Was es so immer nur stückweise geben wird. Auch die 5 Euro Investition pro Einwohner und Jahr ergeben nur einen relativ überschaubaren Zuwachs. 2011 – das sind jetzt die aktuellsten Zahlen im von Rickmeyer vorgelegten Bericht – wuchs das Leipziger Radwegenetz um 11,2 Kilometer auf offiziell 392 Kilometer Länge. Dabei wurden 4,2 Kilometer Radwege neu gebaut. 7 Kilometer entstanden als Radfahrstreifen auf der Fahrbahn. Weitere 1,6 Kilometer Radwege wurden saniert. Alles Zahlen – so zur Nedden – die immer erst im Nachhinein ermittelt werden können, wenn die Baumaßnahmen abgeschlossen sind und die Wege tatsächlich zur Verfügung stehen. Erst dann ließen sich auch die Gelder herausrechnen, die auch bei diversen Straßenprojekten anteilig in Radanlagen geflossen sind.

Ergebnis für 2011: 2,33 Millionen Euro für Radwege. Pro Einwohner also 4,50 Euro. “Womit wir den angestrebten 5 Euro schon recht nahe sind”, sagt zur Nedden. 2012 ist noch nicht abgerechnet. Aber die neuen Radfahrstreifen in der Georg-Schumann-Straße, die neuen Radstreifen in der Gohliser Straße und die Radwege in der umgebauten Lützner Straße werden das Radnetz deutlich über 400 Kilometer bringen. “Und nächstes Jahr werden wir in ganz ähnlicher Größenordnung landen”, sagt der Planungsbürgermeister. Da werden dann die 2012 begonnenen Baumaßnahmen zwischen Liebertwolkwitz und Meusdorf und die Arbeiten am Elsterfernradweg eine Rolle spielen.Und es wird einige neue Aktivitäten geben, die die Beschäftigung mit einem attraktiven Radnetz intensivieren. So soll es 2013 einen neuen Fahrradstadtplan geben. Die alten erscheinen seit 1994 – immer mal wieder aufgefrischt. Doch der Neue basiert nun auf einer Befahrung des Radnetzes im Jahr 2012, bietet dann also eine neue, aktuellere Basis. Und ab 2013 soll auch die Planung für das Wegweisungsnetz im Stadtgebiet beginnen. Hinweistafeln sollen dann auch den Nicht-Ortskundigen eine Orientierung im Leipziger Radwegenetz geben. Aber das Ganze wird nicht auf einen Streich montiert, sondern sukzessiv, wie zur Nedden betont. Je nach verfügbaren Mitteln.

Und 2013 will die Stadt dann auch beginnen, ein System von Fahrrad-Ausleihstationen aufzubauen. 60 Stück sind perspektivisch angedacht – aber noch nicht geplant. Auch hier will man den Ausbau schrittweise angehen – und auch mit dem jetzt schon in Leipzig aktiven Anbieter Nextbike zusammen arbeiten. Die Fahrräder, die bislang an diversen Stellen im Stadtbild standen und auch vom Wind immer mal wieder umgepustet wurden, werden verschwinden. “In diesem Fall sind wir auch nicht der Vorreiter”, sagt zur Nedden. “Gute Beispiele, wie sowas geht, gibt es in Potsdam, Nürnberg, Düsseldorf – um nur ein paar Beispiele zu nennen.”

Einige dieser Stationen könne man durchaus mit den geplanten Mobilitätsstationen koppeln. Aber das werde nicht überall möglich sein – und auch nicht nötig.

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Explizit für neue Radwege sind im Haushalt 2013 derzeit 980.000 Euro eingestellt. “Aber auch da können wir erst im Folgejahr sagen, wieviel wir tatsächlich für Radwege ausgegeben haben”, so zur Nedden.

Absehbar ist aber, dass der innerstädtische Radweg Zuwachs bekommt. 2011 wurde ja das erste Teilstück auf dem oberen Dittrichring als Fahrradstraße ausgewiesen. “Und die wird – nach einigen Irritationen zu Beginn – mittlerweile erstaunlich gut angenommen”, sagt der Baubürgermeister. Die Idee war also richtig. Hinzukommen wird 2013 – so ist es jedenfalls geplant – das Teilstück an der Schillerstraße. Der westliche Teil der Schillerstraße wird ja bekanntlich zur Fußgängerzone umgebaut – genauso wie der Südteil der Petersstraße bis zum Merkurhaus.

Und eigentlich schon 2012 hätte das neu gebaute Stück Brühl an den Höfen am Brühl fertig sein sollen, genauso wie die Richard-Wagner-Straße auf deren Nordseite. Aber da haben die Baugerüste am neuen Einkaufs-Center die Arbeiten ausgebremst. Zur Nedden rechnet jetzt damit, dass die Richard-Wagner-Straße im Frühjahr 2013 fertiggestellt werden kann.

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