So recht können es sich auch Sachsens Statistiker nicht erklären, was da im ersten Halbjahr 2012 auf dem Automarkt los war. "Sachsen kaufen weniger Fahrzeuge", meldeten sie Ende der letzten Woche. "Insgesamt 73.133 fabrikneue Kraftfahrzeuge, darunter 60.665 Pkw wurden im ersten Halbjahr 2012 in Sachsen zugelassen."

Das waren – so rechnen die Statistiker aus Kamenz vor – 3,7 Prozent bei den Kraftfahrzeugen bzw. 2,7 Prozent bei den Personenkraftwagen weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch die Zahl der Neuzulassungen bei den Krafträdern verringerte sich gegenüber den ersten sechs Monaten des Vorjahres um 3,1 Prozent auf 3.363 und lag damit sogar um 1,7 Prozent unter dem Wert des ersten Halbjahres 2010.

Noch drastischer war der Rückgang bei den Neuzulassungen von Lkw. Nachdem deren Zahl im ersten Halbjahr 2011 im Vorjahresvergleich um ein Drittel angestiegen war, ging sie von Januar bis Juni 2012 verglichen mit dem gleichen Zeitraum 2011 um 12,2 Prozent – das waren immerhin 946 Fahrzeuge – zurück. Damit wurden im aktuellen Zeitraum 6.803 Lkw neu zugelassen.

Ein Anstieg konnte lediglich bei den Neuzulassungen von Bussen (um 17,3 Prozent auf 95) verzeichnet werden.

Eine aktuelle Krise als Ursache gibt es ja derzeit in Sachsen noch nicht. Auch im Sommer 2012 meldeten die sächsischen Kammern noch gute Umsätze, durch die latente Staatsschuldenkrise in Südeuropa sehen nur die Zukunftsaussichten nicht mehr ganz so rosig aus.
Auch die Diskussionen um die Pkw-Maut oder – ganz frisch – den Biokraftstoff – E10, kann die Zurückhaltung beim Autokauf nicht erklären. Möglich, dass die gestiegenen Kraftstoffpreise insgesamt etwa Zurückhaltung beim Neukauf mit sich brachten.

Wahrscheinlicher ist aber, dass sich 2012 die Nachholeffekte des berühmten Konjunkturpakets I zeigen: Wer sich vor drei Jahren erst ein neues, möglichst sparsames Fahrzeug gekauft hat, wird sich jetzt kein Neues zulegen. Dazu kommt die deutlich verlängerte Nutzungsdauer bei Pkw. Und die Spitze beim Neukauf von Lkw vor einem Jahr könnte eine Menge mit der Einführung unter anderem der Umweltzone in Leipzig zu tun haben. Mancher alte Laster, der sonst noch ein paar Jahre – längst abgeschrieben – durch die Landschaft gerauscht wäre, wurde eben doch durch ein Neufahrzeug ersetzt, das die notwendige “Grüne Plakette” bekam. Dass die Spitze beim Lkw-Kauf nur wegen der Leipziger Umweltzone so hoch ausgefallen sein könnte, hat schlicht damit zu tun, dass die sächsische Logistik-Wirtschaft längst ihren Schwerpunkt in Leipzig hat.

Busse sind ein ganz eigenes Thema: Die werden in der Regel von kommunalen Verkehrsunternehmen gekauft, die dabei immer auf finanzielle Unterstützung durch den Freistaat angewiesen sind. Das es dabei zu diesen Sprüngen in der Beschaffung kommt, hat viel mit der sprunghaften Genehmigungspolitik in Dresden zu tun. Da reicht schon ein genehmigtes Förderpaket für die LVB in Leipzig, und schon springen die Zahlen nach oben.

Für die These, dass die Sachsen nach ihren Rekordkäufen im Konjunkturpaket I jetzt erst einmal eine Weile eingedeckt mit kleinen, sparsameren Autos, spricht auch eine andere Zahl, die die sächsischen Statistiker in Sachsen ermittelt haben.

“Wurden mehr gebrauchte Kfz gekauft?”, fragten sie sich. Die Antwort lautet: “Nein. Die Zahl der Besitzumschreibungen von Kfz verringerte sich im ersten Halbjahr 2012 um 2,9 Prozent und erreichte damit einen Wert von 167.144. Bei den Krafträdern betrug der Rückgang sogar 5,6 Prozent auf 9.775. Von Januar bis Juni 2012 wechselten 146.518 Personenkraftwagen in Sachsen den Besitzer. Auch das bedeutete im Vorjahresvergleich ein Minus um 1,9 Prozent. Mit 11,8 Prozent waren Besitzumschreibungen von Lastkraftwagen ebenso stark rückläufig. Insgesamt wurden 8.753 gebrauchte Lkw von einem neuen Besitzer angemeldet, das waren auch im Vergleich zum ersten Halbjahr 2010 noch 6,1 Prozent weniger.”

Kann man ja noch fragen: Und warum werden die Leipziger Parkzonen dann immer voller?

Das hat dann weniger mit immer mehr neuen Autos zu tun, als mit der Tatsache, dass Leipzig Jahr um Jahr vom Zuzug aus den ländlichen Regionen profitiert. Die jungen Leute bringen dann in der Regel ihr Auto mit und fahren auch weiterhin damit. Die Zahl der in Leipzig registrierten Pkw steigt nach wie vor schneller als etwa die Nutzerzahl im ÖPNV.

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