„Jobs auf Zeit“ sind wackelig: Wer heute in Leipzig einen neuen Arbeitsvertrag unterschreibt, der muss immer noch damit rechnen, dass nach einem oder anderthalb Jahren Schluss ist mit dem Job. „Es gibt zwar einen Fachkräftemangel. Trotzdem verzichten einige Betriebe in Leipzig nach wie vor darauf, ihre Beschäftigten zu binden: Sie drücken ihnen Verträge mit Zeitlimit in die Hand“, sagt Christian Ullmann von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Der Geschäftsführer der NGG Leipzig-Halle-Dessau nennt aktuelle Zahlen und beruft sich dabei auf die Bundesagentur für Arbeit: So haben nach Angaben der Gewerkschaft im ersten Quartal dieses Jahres private und öffentliche Arbeitgeber in Leipzig rund 29.560 Arbeitsverträge abgeschlossen.
„36 Prozent davon waren befristete Jobs. Bundesweit lag diese Quote bei knapp 34 Prozent. Ganz klar: Ziel muss es sein, so wenig befristete Jobs wie möglich zu haben“, sagt Christian Ullmann. Er rät Beschäftigten, vor der Unterschrift unter einem Arbeitsvertrag nachzuhaken, warum dieser befristet sei.
„Arbeitsverträge auf Zeit bedeuten ‚wackelige Jobs‘. Wer also einen Arbeitsplatz mit Perspektive sucht, der wird keinen ‚Job mit Verfallsdatum‘ nehmen, wenn es Alternativen gibt. Daran hängt schließlich vieles: Befristete Arbeitsverträge machen die Wohnungssuche deutlich schwerer. Außerdem sind sie eine hohe Hürde bei Krediten – und damit auch für entscheidende Anschaffungen: vom Auto bis zum Wohneigentum“, so Ullmann. Oft komme dadurch sogar die Familienplanung ins Rutschen.
„Außerdem ist vielen Arbeitnehmern nicht bewusst, dass ihnen beim Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis sogar eine Sperre vom Arbeitsamt drohen kann. Im Falle einer anschließenden Arbeitslosigkeit gibt es dann kein Geld“, sagt der Gewerkschafter.
Befristungen ohne Sachgrund abschaffen
Die NGG Leipzig-Halle-Dessau fordert, Befristungen ohne konkreten Sachgrund abzuschaffen. Eigentlich hatte sich die inzwischen zerbrochene Ampel-Koalition vorgenommen, „Ketten-Befristungen“ einzudämmen, um die Zahl von Zeitverträgen zu reduzieren. „Das ist nur eine von vielen liegengebliebenen Aufgaben der Ampel. Aber eine, die für die Beschäftigten wichtig ist“, so Christian Ullmann.
Die Reduzierung von befristeten Arbeitsverträgen bleibe daher ein Problem, um das sich die nächste Bundesregierung und der neue Bundestag kümmern müssten. Ein Dorn im Auge ist der Gewerkschaft die befristete Weiterbeschäftigung nach einer Ausbildung: Wer nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung nur eine Übernahme auf Zeit angeboten bekomme, dem fehle die berufliche Perspektive.
„Ein ‚Job mit Verfallsdatum‘ kann schnell zur Karrierefalle werden. Junge Menschen lassen sich nicht auf der ‚beruflichen Warmhalteplatte‘ parken – weder in der Lebensmittelproduktion noch in der Gastronomie oder in anderen Branchen“, bemerkt Christian Ullmann.
In der Praxis sei diese Botschaft allerdings noch längst nicht angekommen: Mit 48 Prozent war bundesweit fast jede zweite Neueinstellung von unter 25-Jährigen befristet. Das geht aus aktuellen Zahlen der Böckler-Stiftung hervor.
„Außerdem nutzen Arbeitgeber die vermeintlich schwächere Position von Menschen aus, die keine Berufsausbildung haben: Gut die Hälfte von ihnen bekommt bei einer neuen Stelle nur einen befristeten Arbeitsvertrag“, so Christian Ullmann. Auch das habe die Analyse der Böckler-Stiftung ergeben. Menschen mit Berufsausbildung hätten dagegen nur zu knapp 28 Prozent einen befristeten Job.
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