Mehr als nur kurz angebunden äußert sich das sächsische Wirtschaftsministerium, wenn Abgeordnete des Landtags immer wieder nach den Vorsorgeleistungen der Braunkohlekonzerne für die Rekultivierung der Tagebaue fragen. Fragen, die immer drängender werden, je näher das Ende der Braunkohleverbrennung rückt. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern zivilgesellschaftliche und umweltpolitische Organisationen einen Kurswechsel im Umgang mit den Braunkohle-Folgekosten in Ostdeutschland.

Anlässlich der bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg fordern sie eine transparente und ökologisch nachhaltige Vorsorgepolitik, die sicherstellt, dass die Bergbaukonzerne LEAG und MIBRAG ihrer finanziellen Verantwortung nachkommen.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass Kosten sozialisiert und Gewinne privatisiert werden“, sagt Sina Reisch vom Konzeptwerk Neue Ökonomie, das die gemeinsame Stellungnahme auch veröffentlicht hat.

Der Kohlekonzern LEAG kündigte im Juni eine Umstrukturierung an, mit der er die Braunkohlesparte isoliert. Dieser Schritt nährt die Sorgen vor einer geplanten Insolvenz der Braunkohlesparte als ‚Bad Bank‘ und einer Abwälzung der Langzeitkosten auf öffentliche Kassen“, ergänzt Lasse Thiele vom Konzeptwerk Neue Ökonomie.

Die Umweltverbände und beteiligten Organisationen fordern Transparenz über Folgekosten und Vorsorgevereinbarungen. Allein für die LEAG betragen die notwendigen Vorsorgeleistungen im sächsischen Teil der Lausitz 1,75 Milliarden Euro. (Bei der Mibrag sind es noch einmal 500 Millionen Euro.) Gesammelt werden sie in der extra gegründeten Tochterfirma LEVES. Doch mehr als dass die Firma 2021 mit 100 Millionen Euro gestartet ist, ist nicht bekannt, weder die Summe, die die LEAG jährlich zusteuert, noch der aktuelle Stand der Vorsorgeleistungen.

In der Stellungnahme heißt es dazu: „Zwar haben die Landesregierungen in der ablaufenden Legislaturperiode durch die Einrichtung von Vorsorgegesellschaften Sicherungsmaßnahmen eingeleitet. Es fehlt jedoch die Transparenz über die Vereinbarungen und die Auswirkungen derzeitiger Umstrukturierungsbemühungen von LEAG und MIBRAG. An der Darstellung der Regierungen, nach der die aktuellen Vorsorgekonzepte ausreichend seien, haben wir schwere Zweifel. Sollten die verantwortlichen Konzerne zahlungsunfähig werden, müssten die Länder für die Kosten aufkommen.“

Transparenz ist gefordert

„Wir fordern transparente und insolvenzfeste Sicherheitsleistungen, das Verursacherprinzip einzuhalten und die Unternehmen LEAG und MIBRAG dazu in die Pflicht zu nehmen“, erklärt Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen.

„Die Geheimniskrämerei um die Folgekosten der Braunkohlesanierung muss ein Ende haben. Die verschachtelten Unternehmensstrukturen des LEAG-Eigentümers und Finanzoligarchen Daniel Křetínský lassen befürchten, dass die milliardenschwere Sanierung der Braunkohletagebaue endgültig bei den Steuerzahler/-innen hängen bleibt“, warnt Greenpeace Energieexperte Karsten Smid.

Die Antworten des sächsischen Wirtschaftsministeriums (SMWA) zum Beispiel auf die regelmäßigen Anfragen von Antonia Mertsching, Landtagsabgeordneter der Linken, klingen jedes Mal so oder so ähnlich: „Das Bergbauunternehmen hat seit Abschluss der Vorsorgevereinbarung bisher alle vertraglich vereinbarten Punkte vollumfänglich erfüllt, insbesondere seine Zahlungsverpflichtungen zum Aufbau des Sondervermögens.

Unabhängig hiervon soll durch die vereinbarte regelmäßige Überprüfung der Vorsorgevereinbarung sichergestellt werden, dass z.B. inflationsbedingte Veränderungen erkannt und berücksichtigt werden. Die gewählte Gesellschaftskonstruktion und insbesondere die Ausgestaltung der Zweckgesellschaft sind nach bisheriger Einschätzung hinreichend, um eine nach den Umständen ausreichende Insolvenzsicherheit zu erreichen und den Freistaat Sachsen angesichts der bestehenden Rahmenbedingungen abzusichern.“

Und auch auf ihre Nachfragen, warum die gesamtgesellschaftliche Haftungshöhe der LEAG nur 1,025 Milliarden beträgt, weicht das SMWA aus und verweist auf das Oberbergamt, das wohl rückmelde, dass die LEAG ihre Vorsorgeleistungen erfülle.

Die Seenträume sind von gestern

Es bleibt eine Black Box. Und so wächst gerade bei den Naturschutzverbänden die Sorge, dass Sachsen nach dem Kohle-Aus auf einmal mit den Reparaturleistungen allein da steht. Und da geht es um deutlich mehr als nur um ein paar zu pflanzende Wälder auf Kippengelände.

„Es geht um mehr als Natur- und Umweltschutz. Wenn für Kapitalinteressen Einzelner unser aller Lebensraum zerstört wird, dann ist das eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Geld darf Konzerne nicht vor ihrer Verantwortung schützen“, sagt Maria Michaelys, Vorstandsmitglied der BUNDjugend.

Und Jens Hausner, Tagebau-Anwohner von „Pödelwitz hat Zukunft“ und „Alle Dörfer Bleiben“ weist auf ein noch viel gravierenderes Problem hin: „Bei uns in den Kohlerevieren ist die Wasserknappheit jetzt schon das größte Problem. Weitere Flutungen von Tagebauen müssen unbedingt auf den Prüfstand der Politik. Die Risiken solcher Projekte dürfen nicht mehr in die Zukunft verschoben werden.“

Schon jetzt scheint klar, dass zum Beispiel die riesigen Wassermengen, die zur Füllung des Pereser Sees, der an Stelle des heutigen Tagebaus Vereinigtes Schleenhain entstehen soll, gar nicht zur Verfügung stehen. Schon die bestehenden Tagebauseen sind riesige Verdunstungsflächen, wo das Wasser verloren geht, das in den Flüssen und Auen dringend gebraucht wird.

Und so viel besser ist die Lage im Nachbarland Brandenburg auch nicht, sagt Lena Eyerich vom Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg: „Die aktuelle Landesregierung unter Dietmar Woidke schiebt die Verantwortung für den Kohleausstieg vehement auf die Bundesebene und sieht tatenlos zu, wie die LEAG vorbereitet, sich vor den Tagebaufolgekosten zu drücken. Die regierenden Parteien müssen jetzt Verantwortung für mehr Transparenz bei den Kosten und für die sozial-ökologische Transformation in Brandenburg übernehmen.“

Die gemeinsame Stellungnahme findet man hier.

Getragen wird diese Stellungnahme von:
• Konzeptwerk Neue Ökonomie
• Greenpeace Deutschland
• Greenpeace Ortsgruppen Leipzig-Halle, Chemnitz, Cottbus & Oberlausitz
• BUNDjugend
• BUNDjugend Brandenburg
• BUND Sachsen
• Grüne Liga
• Alle Dörfer Bleiben
• Pödelwitz hat Zukunft
• Bürgerinitiative „Zukunft statt Braunkohle Lützen“
• Communia
• Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg
• Naturfreundejugend Brandenburg
• Naturfreunde Brandenburg

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Keine Kommentare bisher

Dieses immer sporadisch auftauchende Thema ist für mich auch völlig intransparent und macht mich wütend.
Es geht hier um Allgemeingut, um unseren Lebensraum, der ausgebeutet wird, und Gewinne fließen ab. Wie kann man hier so fahrlässig agieren?

Alles Zugehörige muss auf jeden Fall transparent passieren, und vor allem müssen bei diesen Summen auch Verantwortlichkeiten geprüft und geahndet werden können.
Das Schwarze-Peter-Spiel zwischen Landesregierung und Oberbergamt deutet auf anderes hin.
Auch das bisherige Verweisen auf angebliche Betriebsgeheimnisse ist ebenfalls alles andere als transparent.
Das Volk muss hier auf einer nachprüfbaren Vorgehensweise bestehen können.
Verantwortlich ist die Landespolitik.

Ich ahne stark: es wird auf eine plötzliche und verwunderliche Überraschung hinauslaufen, mit kollektiven Schulterzucken bei den politisch Verantwortlichen.

Derweilen versucht die LEAG weiter, über viele Kanäle so viel wie möglich Geld für die Befriedigung der Kapitalinteressen abzuzweigen.
https://www.grueneliga.de/index.php/de/themen-projekte/braunkohle/1446-leag-beihilfe-bundesregierung-verschenkt-steuermilliarden-an-oligarchen

Angesichts solcher politischen und skandalösen Zustände spielt man Parteien wie dem BSW in die Hände.
Aber auch die derzeitigen Verantwortlichen wie SPD-Dulig oder MP Kretschmer gehören hier zur Verantwortung gezogen.

Ich bin nicht generell wirtschaftsfeindlich, aber der vorsätzlichen Abzocke der Gesellschaft und der teils korrupten Politik müssen entgegengetreten werden.

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