Der Kohleausstieg in Deutschland rückt näher. Und zwar schneller, als es sich konservative Politiker träumen lassen. Und während diese noch immer vom Kohleausstieg 2035 oder 2038 reden, bereiten die Kohlekonzerne längst die Abspaltung der Kohlebranche vor und investieren kräftig in Solaranlagen, Windparks und Wasserstoffsysteme. Aber was passiert mit den Tagebaulöchern, wenn auf einmal der Betrieb eingestellt wird?
Wer bezahlt die Braunkohle-Folgekosten? Diese Frage gerät anlässlich der Landtagswahlkämpfe in Sachsen und Brandenburg wieder ins Visier. Im Dossier „Braunkohlefolgen und Energiewende in Ostdeutschland: Sozialisierung der Kosten, Privatisierung der Gewinne?“ bietet das Konzeptwerk Neue Ökonomie jetzt einen Überblick über den Stand der Vorsorgekonzepte für Braunkohlefolgen, benennt Risiken und schlägt alternative Ansätze vor.
Der Kohlekonzern LEAG kündigte im Juni eine Umstrukturierung an, mit der er die Braunkohlesparte isoliert. Auch wenn das Unternehmen in seiner Pressemitteilung beruhigt: „Die Fortführung des Braunkohlegeschäfts innerhalb der Lausitz Energie Bergbau AG und Lausitz Energie Kraftwerke AG gewährleistet während des Übergangs zur regenerativen Stromerzeugung eine kontinuierliche Energieversorgung und Versorgungssicherheit. Beide Gesellschaften bleiben als integrale Bestandteile der neuen Unternehmensstruktur unter dem Dach der LEAG Holding erhalten.“
Dieser Schritt nährt trotzdem die Sorgen vor einer geplanten Insolvenz der Braunkohlesparte als „Bad Bank“ und einer Abwälzung der Langzeitkosten auf öffentliche Kassen.
Die Landesregierungen in Brandenburg und Sachsen aber schaffen bislang keine Transparenz über die Vorsorgevereinbarungen mit LEAG und MIBRAG.
„Daran hängen wichtige Fragen zur Zukunft der Kohleregionen und zu Spielräumen für einen sozial gerechten und ökologisch verträglichen Strukturwandel, die bei den anstehenden Landtagswahlen mitverhandelt werden müssen“, sagt Lasse Thiele, Autor der Publikation.
Wahlprüfsteine für die anstehenden Wahlen
Das Dossier enthält außerdem Antworten der relevanten demokratischen Parteien beider Länder auf eine Reihe von Wahlprüfsteinen zu Folgekosten und Rekultivierungskonzepten in den ostdeutschen Braunkohlerevieren.
„Parteipolitisch werden diese Risiken durchaus wahrgenommen, doch die Konzerne erhalten weiterhin einen Vertrauensvorschuss. Derzeit deutet wenig auf einen Kurswechsel nach den Wahlen hin“, fasst Lasse Thiele zusammen.
Sina Reisch, ebenfalls vom Konzeptwerk Neue Ökonomie, ergänzt: „Es birgt große ökologische und wirtschaftliche Gefahren, bei der Rekultivierung sächsischer und brandenburgischer Landschaften knauserig zu sein. Angesichts der zunehmenden Wasserknappheit in den Regionen und der damit verbundenen Verteilungsfragen ist eine gemeinwohlorientierte Rekultivierung umso dringlicher.“
„Es ist höchste Zeit, über umfassende und ausgewogene Ansätze der Vergesellschaftung von Tagebauflächen nachzudenken, bei denen die Erträge aus dem neuen Geschäft mit erneuerbaren Energien langfristig die Sanierungskosten absichern. So können Sanierungskonzepte, Energiewende und Strukturwandel stärker gemeinwohlorientiert und mit demokratischer Beteiligung der Bevölkerung vor Ort gestaltet werden“, so Sina Reisch als Autorin der Publikation.
Das Dossier „Braunkohlefolgen und Energiewende in Ostdeutschland: Sozialisierung der Kosten, Privatisierung der Gewinne?“ erscheint unter Creative-Commons-Lizenz und ist frei auf der Website des Konzeptwerks Neue Ökonomie abrufbar.
Das Konzeptwerk Neue Ökonomie ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Leipzig und setzt sich seit 2011 für eine demokratische, ökologische und soziale Wirtschaft von allen und für alle ein.
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