Im Rahmen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin wurden den Bundesministern Volker Wissing und Robert Habeck die Ergebnisse der ökonomischen und technischen Machbarkeitsstudie „NetZeroLEJ“ von den Projektpartnern der Industrie und dem Flughafen Leipzig/Halle gemeinsam mit den Gesellschaftern Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt vorgestellt. Diese wurde von Airbus, DHL, HH2E und InfraLeuna in Zusammenarbeit mit dem Flughafen Leipzig/Halle erarbeitet.

Ziel von „NetZeroLEJ“ ist es, die Produktion und den Einsatz nachhaltiger synthetischer Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) im industriellen Maßstab vorzubereiten und umzusetzen. Die angestrebte Produktion ist dabei am Chemiestandort Leuna geplant, an dem bereits das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine Technologieplattform zur Erforschung und zum Testen von Herstellungsverfahren für Power-to-Liquid (PtL) Kraftstoffen errichten wird.

Der mitteldeutsche Raum, und insbesondere der Chemiestandort Leuna, sollen eine wesentliche Rolle in der Entwicklung und Produktion von PtL-Kraftstoffen spielen. Die beiden Bundesminister Volker Wissing und Robert Habeck statteten dem Projekt auf der ILA einen Besuch ab und tauschten sich über die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen der Produktion von SAF in Deutschland aus.

Robert Habeck kommentierte hierzu: „Dieses Vorhaben zur Herstellung von SAF in Mitteldeutschland ist ein tolles Beispiel, wie wir die Energiewende, die wir in Deutschland in allen Bereichen anstreben, angehen, und gleichzeitig Wohlstand auch für die Zukunft sichern können. Es zeigt klar, dass Produzenten und Nachfrager – also in diesem Fall die Energie- und Transportwirtschaft – eng zusammenarbeiten müssen, um unsere ehrgeizigen Ziele zu erreichen.

Als Politik dürfen wir uns hier nicht rausnehmen – wir müssen zuhören, sprechen und dafür sorgen, dass die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Deutschland und speziell Ostdeutschland als Produktionsstandort attraktiv bleiben und wir Abhängigkeiten in unserer Energieversorgung verringern.“

Doch bislang wäre die Produktion von SAF noch viel zu teuer. Da müssen noch etliche Schritte an der Produktionskette preiswerter werden, bis sich der Einsatz synthetischer Flugtreibstoffe überhaupt lohnt. Der wichtigste Flaschenhals ist dabei die notwendige Produktion von grünem Wasserstoff mit den Überschüssen aus Windkraft- und Solaranlagen.

Die Kosten müssen sinken

Aus der Studie lassen sich aus Sicht der Mitteldeutschen Flughafen AG folgende Erkenntnisse für eine SAF-Produktion in Deutschland ableiten:

1. Reduktion des Mindestpreises für Elektrolyseurbetrieb: Eine Reduktion des Strompreises von 55 Euro auf 20 Euro pro MWh für die Herstellung von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse gemäß § 13k EnWG könnte den SAF-Preis um etwa 15 % senken. Dies liegt daran, dass die Wasserstoffkosten zu einem überwiegenden Teil durch Stromkosten determiniert werden.

Die Nutzung von überschüssigem Wind- und Solarstrom zur Produktion von grünem Wasserstoff trägt nicht nur zur Senkung des Preises von PtL-SAF bei, sondern reduziert auch die Entschädigungen, die deutsche Energiekunden an Erzeuger erneuerbarer Energien für jene Energie zahlen müssen, welche die Erzeuger produzieren könnten, aber nicht dürfen. Diese Entschädigungen belaufen sich jährlich auf mehrere Milliarden Euro.

2. Reduktion des Zinssatzes für Kapitalaufnahme: Jede Senkung des Zinssatzes um 1 Prozentpunkt entlang der Wertschöpfungskette könnte die SAF-Kosten um ungefähr 180 Euro pro Tonne reduzieren. Hintergrund ist, dass etwa 20 % der Wasserstoffkosten aus den Kapitalkosten resultieren. Eine Reduktion des Zinssatzes würde die Kapitalkosten und damit die Wasserstoff- und SAF-Kosten verringern.

3. Politische Unterstützung und regulatorische Sicherheit: Politische Instrumente und Unterstützungsprogramme sind entscheidend für die Umsetzung der Produktion nachhaltiger Flugkraftstoffe und die Etablierung eines effizienten Marktes in Deutschland. Durch klare Richtlinien, Förderungen, Abnahmeverträge und gesetzliche Leitlinien wird das Risiko für Investoren reduziert, was letztlich zu niedrigeren Investitions-, Finanzierungs- und damit niedrigeren SAF-Kosten führt.

Die Flughafen AG formuliert dann auch das wesentliche Problem, das synthetische Flugtreibstoffe bislang noch nicht für den Flugbetrieb bezahlbar macht: der hohe Preis ihrer Produktion.

„Deutschland hat die einzigartige Gelegenheit, sich als führender Akteur im schnell wachsenden Sektor der erneuerbaren synthetischen Kraftstoffe zu positionieren“, schätzt die Mitteldeutsche Flughafengesellschaft ein. „Die wesentliche Grundvoraussetzung besteht darin, die derzeit noch hohen Produktionskosten zu senken und diese somit zu einer konkurrenzfähigen Alternative zu konventionellem Kerosin zu machen.“

Ein vorzeitiger Markteintritt wäre aus Sicht der Flughafengesellschaft strategisch von großem Vorteil, um nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der CO₂-Emissionsziele zu leisten, sondern auch um eine stabile und resiliente Lieferkette für erneuerbare synthetische Kraftstoffe zu etablieren.

Neben dem Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen würden zudem neue Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette einer nachhaltigen Industrie geschaffen und somit der Strukturwandel im ostdeutschen Raum in Sachsen und Sachsen-Anhalt gefördert.

Nachhaltige Flugtreibstoffe aus Leuna

Der Staatskanzleichef des Freistaates Sachsen Oliver Schenk betonte mit Blick auf EU-Vorgaben zur Reduktion von Emissionen auch im Luftverkehr: „Es ist klug und vorausschauend, wenn der Flughafen Leipzig/Halle als zweitgrößtes Luftfrachtdrehkreuz Deutschlands und Nummer vier in Europa dafür gerüstet ist, dass dort künftig auch nachhaltige Flugkraftstoffe eingesetzt werden können.

NetZeroLEJ kann somit einen wesentlichen Beitrag leisten, den Flughafen zukunftsfest aufzustellen und den Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland zu stärken. Bei der Realisierung des Zukunftsprojektes sind wir angesichts der Bedeutung und Größe auch auf Unterstützung des Bundes angewiesen.“

Der Staatssekretär für Strukturwandel und Großansiedlungen in der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Jürgen Ude, nannte die chemische Industrie ein elementares Standbein des Mitteldeutschen Reviers. Dr. Ude: „Leuna und die Forschungs- und Entwicklungsstandorte im Umkreis zeigen die nationale und internationale Exzellenz Sachsen-Anhalts in diesem Bereich. Durch einschlägige Unternehmensansiedlungen entstehen hier nicht nur neue Arbeitsplätze, es wird zugleich ein wichtiger Beitrag gerade zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors geleistet.“

Die Vorstellung der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie markiert aus sich der Mitteldeutsche Flughafen AG einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Luftfahrtindustrie und verdeutliche das Engagement aller beteiligten Parteien für innovative Lösungen, um einen Beitrag zu den Maßnahmen gegen den Klimawandel zu leisten.

Klimaneutral wird es trotzdem nicht

SAF leiste einen großen Beitrag zu einem klimaneutralen Passagier- und Frachtflugverkehr, auch auf langen Strecken. Doch zur Wahrheit gehört auch: Klimaneutral sind auch diese Treibstoffe nicht, auch wenn sie mit grünem Wasserstoff hergestellt werden. Denn – so stellt auch Wikipedia fest: „Es gilt zu beachten, dass SAFs selbst bei einer CO₂-neutralen Wertschöpfungskette (Produktion, Transport etc.) keine komplette Klimaneutralität ermöglichen, denn die beim Verbrennen des Treibstoffes entstehenden nicht-CO2-Emissionen werden durch den Einsatz von SAFs nur in gewissem Ausmaß verringert.“

Fliegen bleibt auch mit SAF klimaschädlich. Sie tragen nur dazu bei, die Klimabelastung etwas zu senken.

Im Rahmen von NetZeroLEJ wird die Herstellung und Verwendung von PtL-SAF geplant, welches aus regenerativem Strom, grünem Wasserstoff und CO₂ hergestellt wird. Als Drop-In-Lösung sind SAF in heutigen Flugzeugen einsetzbar und bieten die Möglichkeit, kurzfristig die Klimabelastung des Flugverkehrs zu reduzieren und langfristig beim Weg zur Klimaneutralität des Sektors einen großen Beitrag zu leisten, so die MFAG. Voraussetzung sei die Bereitstellung ausreichender Mengen an den relevanten Standorten.

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