In dieser Woche beschäftigte mal eine Bundestagsanfrage der Grünen die deutschen Medien. Was eher selten ist. So richtig ernst nimmt man die derzeit kleinste Bundestagsfraktion nicht. Aber das Thema scheint mittlerweile auch die Wirtschaftsredaktionen im Land zu beschäftigen: Seit deutsche Braunkohlekraftwerke wieder richtig aufdrehen, ist auch der Quecksilberausstoß wieder gestiegen. Und das Zeug ist nun einmal giftig.
Die Kurzeinschätzung der Bundestagsfraktion der Grünen: “Den mit Abstand größten Anteil an den fünf Tonnen Quecksilber verantworteten die 16 deutschen Braunkohlekraftwerke. Sie haben 2013 mit 3,4 Tonnen 70 Prozent aller Quecksilber-Emissionen verursacht. Die restlichen 30 Prozent (1,6 Tonnen) entfallen auf 37 Steinkohlekraftwerke. Die Studie zeigt auch, dass die USA bereits strenge Quecksilbergrenzwerte für Kohlekraftwerke besitzen. Doch in Deutschland kommen erst ab 2019 Grenzwertsenkungen, die dann aber immer noch 2,5- bis 6,7-fach höher als in den USA sind.”
Und da denkt man natürlich sofort an Sachsen, wo eine beratungsresistente Regierung die Kohleverstromung unbedingt noch auf Jahrzehnte am Laufen halten will.
Allein das Kraftwerk Lippendorf südlich von Leipzig hat im Jahr 2010 rund 1,2 Tonnen des hoch toxischen Schwermetalls in die Atmosphäre geblasen. Auch wenn seitdem die Emissionen durch technische Maßnahmen zurückgegangen sind (auf rund 800 kg), liegen sie auch heute noch weit oberhalb des technisch Machbaren, das etwa durch die US-Grenzwerte aufgezeigt wird.
Auch andere von der MIBRAG mit Braunkohle belieferte Kraftwerke haben besonders hohe spezifische Quecksilberemissionen, kommentiert der energiepolitische Sprecher der sächsischen Grünen-Fraktion, Gerd Lippold. Was natürlich nicht verwunderlich sei, denn die Kohle aus dem mitteldeutschen MIBRAG-Tagebau Vereinigtes Schleenhain bei Leipzig weist einen acht bis zehnfachen Gehalt an Quecksilber gegenüber der Lausitzer Kohle auf. Das hatte gerade erst eine kleine Anfrage Dr. Gerd Lippold (Drs 6/835) im Februar 2015 so ergeben.
Aber wirklich verantwortungsvoll findet Dr. Gerd Lippold den Umgang der MIBRAG mit der stark quecksilberhaltigen Kohle nicht.
“Im Wissen, dass die Braunkohle heute in Deutschland für den Großteil der Emission des insbesondere für Föten und Kleinkinder sehr gefährlichen Giftes Quecksilber in unserer Atmosphäre steht, sollte eine hohe Verantwortung bei der Verwendung von Braunkohlenvorkommen mit besonders hohem Quecksilbergehalt selbstverständlich sein”, betont der Landtagsabgeordnete. “Die MIBRAG als bergbautreibendes Unternehmen in Mitteldeutschland liefert jedoch ohne Skrupel die stark quecksilberhaltige Kohle auch an Abnehmer beispielsweise in Chemnitz, nach Schkopau und nach Niedersachsen. Damit nicht genug, hat sie allein im letzten Jahr über 1,2 Millionen Tonnen ins Nachbarland Tschechien exportiert. Damit gelangte diese Kohle auch in Verbrennungsanlagen, die nicht wie Lippendorf hinsichtlich der Quecksilberrückhaltung optimiert worden sind. Handelt so ein geeigneter, verantwortungsvoller Betreiber von Tagebauen im Sinne des Bundesberggesetzes?”
Er traut dem Unternehmen, das seit einigen Jahren einem tschechischen Kohlekonsortium gehört, nicht mehr wirklich über den Weg
“Dass auch sonstige Finanz- und Geschäftsgebaren des Unternehmens höchst intransparent sind und jüngst sogar Anlass zu staatsanwaltlichen Ermittlungen gegeben haben, verstärkt die Skepsis, was einen verantwortungsvollen Umgang mit Umwelt, Gesundheit und Nachhaltigkeitszielen angeht”, sagte Lippold. Aber Sachsens Regierung blockt beim Thema Kohle jegliche Kritik ab. Auflagen zur Kontrolle oder Beschränkung der Exportkohle in Anlagen mit schlechteren Möglichkeiten zur Quecksilberreduktion wurden von der Staatsregierung laut Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf eine weitere Anfrage des Abgeordneten Lippold im März aber trotzdem nicht erlassen (Drs 6/1098).
Und da schwant dem Grünen-Abgeordneten nichts Gutes, wenn gerade die Mibrag-Mutter zu den aussichtsreichsten Kandidaten im Bieterverfahren um die Braunkohlesparte von Vattenfall gehört. Die MIBRAG gehört dem potenziellen Vattenfall-Käufer EPH.
“EPH wird von der Staatsregierung als ‘weißer Ritter’ zur Rettung ihrer Kohle-Strategie hofiert”, kritisiert Lippold. “Das Streben nach unbedingtem Festhalten an schmutzigen Energiequellen von gestern scheint so übermächtig, dass erkennbare Risiken wohl gezielt ausgeblendet werden. Dabei ist es offensichtlich, dass ein solcher Kurs Sachsen, seine Bürgerinnen und Bürger sowie seine Umwelt mittelfristig teuer zu stehen kommen wird.”
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Doch in Deutschland kommen erst ab 2019 Grenzwertsenkungen, die dann aber immer noch 2,5- bis 6,7-fach höher als in den USA sind
— #TTIP – Ich dachte bei uns sind die Standards (egal welche) immer höher?