Mit dem Jahr 2015 geht auch das erste Jahr seit Einführung des Mindestlohnes zu Ende. Mit harten Bandagen versuchten noch 2014 einige Akteure, den Mindestlohn in Sachsen zu verhindern. "Der Arbeitsmarkt vor allem im Osten Deutschlands wird durch den geplanten Mindestlohn schwersten Schaden nehmen", polterte der FDP-Vorsitzende Holger Zastrow. Die INSM kämpfte sogar mit Voodoo-Puppe. Doch die beschworene Katastrophe blieb aus, stellt jetzt der sächsische Arbeitsminister fest.
Nach aktuellen Untersuchungen des Arbeitsministeriums profitieren im Freistaat Sachsen seit dem 1. Januar 2015 rund 250.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom gesetzlichen Mindestlohn – das ist fast jeder vierte Berufstätige.
“Die Einführung des Mindestlohnes war überfällig. Es handelte sich dabei nicht um eine soziale Wohltat sondern um eine Sittlichkeitsgrenze”, erklärt dazu Sachsens Arbeitsminister Martin Dulig. “Sozialpolitisch ist er ein Meilenstein für unser Land. Denn vor Inkrafttreten dieses Gesetzes waren in Sachsen nach Arbeitgeberbefragung in fast jedem dritten Betrieb Beschäftigte unter Mindestlohn tätig. Rund 14 Prozent der Beschäftigten haben weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient. Die von manchen vorhergesagten negativen Auswirkungen sind ausgeblieben. Der Mindestlohn ist eine klare Erfolgsgeschichte für die Menschen in unserem Land. Er schützt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen und leistet damit zugleich einen Beitrag zu einem fairen und funktionierenden Wettbewerb.”
Besonders heiß diskutiert wurde über den besonders von Niedriglohn geprägten Dienstleistungsbereich: Hotel- und Gaststättengewerbe, Friseure und Wäscherein, Handel und Reparatur. Doch wo einige besonders marktliberale Akteure schon heftig wachsende Arbeitslosenzahlen sahen, ist nichts dergleichen passiert.
Denn was diese Verfechter des Billigarbeiters immer vergessen, ist die Tatsache, dass Lohnarbeit nur Teil eines komplexen Geldkreislaufes ist, in dem Kaufkraft auch wieder Konsum, neue Aufträge, weitere induzierte Beschäftigung bedeutet.
Entgegen der Befürchtungen, dass die Einführung des Mindestlohns zu Jobverlusten führen wird, hat von der anhaltenden Nachfrage nach Arbeitskräften am sächsischen Arbeitsmarkt vor allem die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung profitiert: So stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten von Dezember 2014 zum September 2015 um 38.000 Personen (+2,5 Prozent).
Und das sogar in jenen Branchen, in denen die Kritiker schon den Kahlschlag prophezeiten:
Im Gastgewerbe zum Beispiel lag der Anstieg mit 8,2 Prozent deutlich über dem Durchschnittswert. Gleiches gilt für die Bereiche Land-/Forstwirtschaft, Fischerei (+7,1 Prozent), Gesundheits-/Sozialwesen und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (jeweils +5,5 Prozent) sowie Baugewerbe (+5,3 Prozent). Im Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen lag der Zuwachs bei 1,2 Prozent.
Was eigentlich passierte, zeigt diese Zahl: Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der prekär Beschäftigten im Freistaat Sachsen um über 12.000 Personen zurück.
“Damit bestätigt sich, was wir schon vor der Einführung gesagt haben: Der Mindestlohn schafft und sichert Arbeitsplätze und vernichtet diese nicht. Nie war die Arbeitslosigkeit geringer, nie waren die Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden besser als heute. Der Arbeitsmarkt in Sachsen steht hervorragend da und es gibt immer mehr gute und sichere Arbeitsverhältnisse“, meint Dulig.
Und auch auf die Preise hat der Mindestlohn kaum durchgeschlagen.
Gesamtwirtschaftlich spürbare Preissteigerungen sind nicht zu beobachten, schätzt das Arbeitsministerium ein. Die Verbraucherpreise insgesamt sind im November 2015 gegenüber dem Vorjahr nur um 0,4 Prozent gestiegen.
Einzelne Dienstleistungen wurden zwar folgerichtig teurer. Aber da gerade die energiegebundenen Kosten eher stagnieren, hat sich das im sächsischen “Warenkorb” eher ausgeglichen.
Die Entscheidung zum Mindestlohn fiel zwar auf Bundesebene. Aber auch da war ja die SPD der Initiator. Und so schreibt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Henning Homann, die positiven Wirkungen natürlich auch der SPD im Freistaat zugute.
“Allen Weltuntergangsvisionen zum Trotz: Der vor einem Jahr nach hartem Ringen eingeführte Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte. Seit dem 1. Januar 2015 profitieren rund 3,7 Millionen arbeitende Menschen in Deutschland von seiner Einführung – in Ost und West gleichermaßen”, so Henning Homann am Montag, 28. Dezember. “Mit 8,50 Euro pro Stunde setzt der Mindestlohn eine gesetzliche Lohnuntergrenze und ist ein großer Erfolg, um die Würde der Arbeit zu schützen und Lohndumping zulasten der ehrlichen Arbeitgeber einzudämmen. Das sollten sich auch jene merken, die zu uns Geflüchteten den Mindestlohn absprechen wollen. Es bleibt bei dem Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Niemand wird davon ausgenommen.“
Sein Fazit: “Die Fakten sprechen für den Mindestlohn. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Sachsen gestiegen – entgegen den Befürchtungen, der Mindestlohn werde Jobs vernichten. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren bei uns im Freistaat im September rund 38.000 Menschen mehr beschäftigt als Ende 2014. Und das Hoch auf dem Arbeitsmarkt hält weiter an. Wir haben jetzt die niedrigste Arbeitslosenquote seit 24 Jahren. – Und schließlich hat sich auch nicht das Vorurteil bewahrheitet, der Mindestlohn schade der Wirtschaft. Im Gegenteil: Die Wirtschaft merkt, dass die Menschen mehr Geld in der Tasche haben. Selten ist die Konsumlaune der Verbraucher besser gewesen. Geringverdiener haben durch den Mindestlohn ein Lohnzuwachs von fünf Prozent. Das sind auch gute Aussichten für das kommende Jahr.“
Martin Dulig ging ebenfalls noch auf die niedrige Arbeitslosenquote ein, die auch Ergebnis eines langsam spürbar werdenden Nachwuchsmangels ist.
Sachsen hat aktuell eine Arbeitslosenquote von 7,5 Prozent und eine Jugendarbeitslosenquote von 6,0 Prozent – das sind die niedrigsten Werte seit 1990. Der Rückgang der Zahl arbeitsloser Jüngerer unter 25 Jahren gegenüber dem Vorjahr war mit minus 13,3 Prozent so hoch wie in keinem anderen Bundesland.
Tatsächlich sucht die sächsische Wirtschaft in vielen Bereichen vermehrt neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so zum Beispiel in den Berufsbereichen Mechatronik-Energie-Elektro, Metallerzeugung/-bearbeitung und Metallbau sowie Arbeitnehmer in Nichtmedizinischen Gesundheitsberufen.
Und auch für 2016 wird ein leichter Rückgang der Arbeitslosenzahl erwartet. Allerdings sind die Effekte der Flüchtlingszuwanderung noch nicht exakt einschätzbar, so Dulig: “Wir stehen nun vor neuen Herausforderungen – die Integration der zu uns kommenden Flüchtlinge ist eine wichtige Aufgabe. Wenn uns dies gelingt, wird die Aufnahme dieser Menschen Sachsen in Zukunft bereichern und zur weiteren erfolgreichen Entwicklung unseres Landes beitragen.“
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