Am Freitag, 4. September, fand der 22. Mitteldeutsche Immobilientag im Leipziger Hotel Westin statt. 150 Geschäftsführer und Vorstände von Immobilienunternehmen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten hier über aktuelle Veränderungen der Branche. Aber die eigentliche Mahnung gab's schon vorher: Bauen ist mittlerweile so teuer geworden, dass der Neubau bald zum Erliegen kommen könnte.

Denn der lohnt sich selbst in Großstädten wie Leipzig nur, wenn man hinterher Mieten kalkulieren kann, die auch am Markt zu erzielen sind. Doch das Lohnniveau in Sachsen ist noch lange nicht da, dass Mieten von 7 Euro je Quadratmeter für Normalverdiener drin sind.

Aber wie will man bauen, wenn Preis und Markt nicht mehr zusammenpassen?

„Der Staat wälzt alles zulasten der Branche ab“, kritisierte Frank Müller, Vorsitzender des BFW Mitteldeutschland im Vorfeld des 22. Mitteldeutschen Immobilientages in Leipzig. Allein die Verschärfung der energetischen Auflagen durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) ab dem Jahr 2016 treibe die Baukosten um 7 Prozent hoch. Steigende Auflagen für Brand- und Lärmschutz sowie schwaches Verwaltungshandeln verteuerten zusätzlich den Neubau zulasten der Mieter und Eigentümer.

Erste Anzeichen deuten aus seiner Sicht auf einen schwächelnden Wohnungsneubaumarkt hin. So genehmigte Sachsen im ersten Halbjahr 2015 laut statistischem Landesamt 130 neue Wohnungen weniger als im Vorjahr. In Sachsen-Anhalt gab es ein leichtes Minus von 29 Wohnungen. Und auch wenn Thüringen im ersten Halbjahr insgesamt etwas mehr Wohnungsneubauten als im Vorjahr genehmigte (plus 4 Prozent), verringerte sich deren Zahl in den dringend benötigten Mehrfamilienhäusern um 6 Prozent (Minus 43 Wohnungen).

„Nicht zuletzt das Bevölkerungswachstum in den Großstädten durch Zuwanderer und Flüchtlinge sowie der Nachholbedarf aufgrund geringer Bautätigkeit sprechen eine andere Sprache. Wir brauchen mehr Wohnungen“, findet Frank Müller. Unterstützung findet er in Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaft (IW). Dessen jüngste Studie ergab, dass 2014 in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern 66.000 Wohnungen entstanden – der Bedarf aber lag 50 Prozent höher. Deshalb rate auch das IW zu mehr Wohnungsbau. Dazu käme, dass auch die Neubauersatzrate (1 Prozent des Bestandes) in Mitteldeutschland seit mehr als zehn Jahren unterschritten wurde. Da herrsche dringender Nachholbedarf.

Aus Sicht des BFW Mitteldeutschland ist jetzt die Politik gefordert.

„Den Worten müssen Taten folgen. Wir brauchen ein Bündel an abgestimmten Maßnahmen, um den Wohnungsbau anzukurbeln. Dazu gehört eine effizientere Grundstückspolitik und abgestimmtes Verwaltungshandeln ebenso wie eine Aussetzung der nächsten EnEv, eine Erhöhung der Abschreibungen für Neubau und eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, um die Zentren zu entlasten“, meint Frank Müller. In den Ballungszentren, wo der Bedarf aktuell am höchsten sei, müssten gleichzeitig brachliegende Flächen aktiviert werden. „Vor allem aber brauchen wir nicht immer wieder neue Abgaben und Auflagen.”

Aber der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. wäre nicht der BFW, wenn er nicht eine ganz eigene und zuweilen skurrile Weltsicht hätte.

So findet er die Quoten für die Grunderwerbssteuern in Sachsen-Anhalt, Thüringen (beide 5 %) und Brandenburg (6,5 %) zu hoch, lobt die niedrigen 3,5 Prozent in Sachsen.

“Hier kassieren die Länder Milliarden, mit denen sie ihre Haushaltslöcher stopfen. Für die Bürger aber wird Wohnen immer teurer“, heißt es aus dem BFW Mitteldeutschland. Immobilienkäufer aus dem Mittelstand könnten sich so immer seltener Wohneigentum leisten.

Als wenn nun ausgerechnet die Steuer die Preise verdirbt. Tatsächlich leisten sich Käufer – vor allem aus dem westdeutschen Mittelstand – Wohneigentum vor allem dort, wo künftig auch mit stabiler Bevölkerung und stabilen Mieten gerechnet werden kann. Und das ist vor allem in den Großstädten und ihrem Umland der Fall. In den ländlichen Regionen würden auch geringere Grunderwerbssteuern die Lage nicht verändern. Andererseits entgehen Sachsen durch den im Vergleich niedrigen Steuersatz zwar nicht Milliarden, sondern nur dreistellige Millionensummen. Und für gewöhnlich wird auch die Grunderwerbssteuer ja in die neuen Mieten einkalkuliert.

Die Grundstückspreise sinken aber nicht, nur weil die Steuerquote geringer ist. Gerade da, wo Wohnbesitz attraktiv ist – wie in Leipzig oder Dresden – sind auch die Grundstückspreise entsprechend hoch. Aber hier steigt gerade der Bedarf rasant, wie auch der BFW anerkennt.

Die Argumentation ist also nicht gerade schlüssig.

Und geradezu erstaunlich wirkt die Euphorie, mit der der BFW den Ansatz für ein Wohnungspolitisches Konzept in Leipzig feiert, das es noch gar nicht gibt und das erst diskutiert und wohl 2016 beschlossen werden soll.

Und obwohl es noch gar nicht da ist, regt der BFW an, das Modell auch für weitere Kommunen zu übernehmen. Man ahnt dabei, mit welchen Erwartungen eben nicht nur all die Mieter, Wohnpioniere und Stadtteilentwickler auf das Konzept gespannt sind, sondern auch die Immobilienbesitzer. Doch die versprechen sich augenscheinlich etwas völlig anderes: ein markt- und bedarfsgerechtes Wohnraumkonzept, wenn auch in Abstimmung mit allen Beteiligten.

Den Zeigefinger gibt es gleich dazu: Allerdings gebe der BFW Mitteldeutschland auch zu bedenken, dass die einmal auf Faktengrundlage getroffenen Vereinbarungen nicht im Nachhinein im Stadtrat zerpflückt werden dürfen. So würden die gemeinsamen Bemühungen sowohl von Vertretern der Vermieter als auch der Mieterverbände konterkariert.

Das scheint dann noch eine heiße Diskussion werden zu wollen, ohne dass die Finanzierungsfrage geklärt wird. Denn die kann auch ein Wohnungspolitisches Konzept nicht klären, wenn sozialer Wohnraum wie in Sachsen nicht gefördert wird. Wohneigentum wird gefördert, sehr zur Freude derer, die sich Wohnungskauf leisten können. Aber mittlerweile dürften auch die Immobilienbesitzer wissen, dass die Nachfrage für Normalverdiener nach bezahlbarem Wohnraum deutlich angestiegen ist. Und den bekommt man nicht mehr, wenn es dafür keine Förderprogramme gibt.

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“Doch das Lohnniveau in Sachsen ist noch lange nicht da, dass Mieten von 7 Euro je Quadratmeter für Normalverdiener drin sind.”

Ja schön, dass wenigstens unsere Gastmitbürger aus den älteren Bundesländern, nun weitestgehend mit ausreichend neuem Wohnraum versorgt sind.

“So genehmigte Sachsen im ersten Halbjahr 2015 laut statistischem Landesamt 130 neue Wohnungen weniger als im Vorjahr.”
Ach – und wie viele wurden genehmigt?
Das wäre interessant zu wissen und der Leser bekäme eine Ahnung davon, was “130” weniger (in ganz Sachsen) bedeutet.

Ich möchte nicht nach “dem Staat” rufen, aber selten scheinen die Unfähigkeit, Ignoranz und Borniertheit der Politik und das natürliche Renditestreben der privaten Investoren, derart brutal zu Tage zu treten wie hierbei.

http://www.menschenrechte.org/lang/de/wsk-rechte/das-recht-auf-wohnen-ein-menschenrecht-auch-in-deutschland

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