Man darf staunen: Deutschland ist nicht nur ein Autobauerland. Es ist auch noch immer eines der großen Herstellerländer für Fahrräder. Doch irgendwie ist diese Branche nicht ganz so spektakulär wie die der Autobauer. Höchste Zeit also, mal eine Karte zu zeigen, auf der die deutschen Fahrradproduzenten alle zu sehen sind, fand das in Leipzig heimische Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).
Die Hersteller von Fahrrädern für den Massenmarkt haben ihren Sitz meist in kleineren Städten. Individuelle Bikes im höheren Preissegment werden dagegen hauptsächlich von kleineren Betrieben in den Ballungsräumen gefertigt. Das zeigt die Karte der deutschen Fahrradhersteller, die das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) jetzt auf „Nationalatlas aktuell“ veröffentlicht hat.
Die meisten Fahrräder „Made in Germany“ stammen demnach von neun Großherstellern, die teilweise zu internationalen Konzernen gehören und überwiegend in kleineren Städten oder im ländlichen Raum angesiedelt sind. Dazu gehören auch noch die alten ostdeutschen Traditionsnamen Mifa und Diamant. Sie bedienen den Massenmarkt und bieten Einsteigermodelle bereits für wenige hundert Euro an.
Viele der Klein- und Kleinstproduzenten haben sich dagegen in Produktnischen etabliert und konzentrieren sich auf spezialisierte Marktsegmente. Sie produzieren hochwertige Rennräder, exklusive Mountainbikes, Designerräder und Spezialräder wie Liege-, Transport- oder Lastenräder, die je nach Ausstattung mehrere tausend Euro kosten können. Unabhängig vom Preis stammen bei Fahrrädern „Made in Germany“ viele Teile aus dem Ausland, oft werden sie auch im Ausland montiert oder vormontiert. In Deutschland verbleiben in der Regel Entwicklung und Design des Rades.
Wie weitere Grafiken des IfL verdeutlichen, hat die Branche mit einem Rückgang der Produktion wie auch der Beschäftigtenzahlen zu kämpfen.
„Während die Produktion im westlichen Europa schrumpft, ist eine Verlagerung nach Osten zu beobachten“, erläutert Prof. Dr. Joachim Burdack vom Leibniz-Institut für Länderkunde. Im Aufwind seien etwa Polen oder Bulgarien. Dennoch konnte Deutschland seine Position als zweitgrößter Fahrradproduzent in der EU nach Italien behaupten. In den beiden Ländern wurden 2013 zusammen über 40 Prozent aller in der EU gefertigten Fahrräder produziert.
Trotzdem sinken in Deutschland die Produktions- und die Verkaufszahlen von Fahrrädern. Wurden 2000 noch über 5 Millionen Fahrräder verkauft, waren es 2010 nur noch 4 Millionen und 2013 rund 3,8 Millionen. Wurden 2000 noch rund 3,5 Millionen Räder in Deutschland hergestellt, waren es 2013 nur noch 2,2 Millionen. Entsprechend sank auch die Zahl der in der Fahrradfertigung beschäftigten Personen von 4.100 auf 2.500. Dazu kamen noch einmal rund 1.000 Beschäftigte in der Zubehörproduktion.
Gleichzeitig stieg die Zahl der in den Haushalten verfügbaren Fahrräder. Denn Fahrräder veralten ja nicht wie Automobile, können – bei guter Wartung und regelmäßigem Werkstattbesuch – locker ihre 10, 20 Jahre halten. Kein TÜV beendet ihre Einsatzzeit. Und die Millionenverkaufszahlen bedeuten eben auch, dass sich gerade in fahrradverliebten Städten wie Leipzig die Zahl der weiterverkauften, zweit- und drittgenutzten Räder erhöht.
Eigentlich ein sehr nachhaltiges Transportmittelsegment. Aber was können die Hersteller tun, wenn sie einfach nicht noch mehr Räder in den Markt drücken können?
Die Hoffnungen der Fahrradhersteller ruhen derweil auf der Elektrifizierung des Drahtesels, stellt das IfL fest.
„E-Bikes oder Pedelecs sind das zentrale Branchenthema“, erklärt Burdack. Laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) wurden im Jahr 2013 bereits 410.000 Elektrofahrräder verkauft. Das entspricht einem Marktanteil von elf Prozent und bedeutet Platz drei nach dem Trecking-Rad und dem City-Rad.
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