Es wird ja immer wieder diskutiert: Was bringt eigentlich so eine Messe der Region? Überschüsse produziert die Leipziger Messe ja nicht, auch nicht in ihrem 850. Jubiläumsjahr. Sie hat sich nach 25 Jahren stabilisiert, zählt wieder zu den Top 10 in Deutschland, braucht aber trotzdem noch Zuschüsse jedes Jahr. Also: Was bringt die Messe? Das wollte auch die Messegeschäftsführung gern wissen.

Sie beauftragte deshalb das ifo Institut in München damit, einmal alles auszurechnen, was die Leipziger Messe so alles bringt – für die Bundesrepublik, für Mitteldeutschland, für Sachsen und Leipzig.

In der Vergangenheit wurde dazu gern mit dem Faktor “Umwegrendite” operiert. Der ist sehr allgemein und beziffert, was ein auf der Messe ausgegebener Euro in der Region an zusätzlichen wirtschaftlichen Effekten erzeugt. Ein Faktor, der auch Interpretationsspielräume lässt.

Deswegen wollte die Messe lieber wissen, was das große Infrastrukturprojekt Leipziger Messe direkt an Arbeitsplätzen bringt, an Steuereinnahmen und an Kaufkraft.

Das Ergebnis, das auch Vorstandssprecher Martin Buhl-Wagner am meisten verblüfft: Die Leipziger Messe sichert rund 6.600 Arbeitsplätze in der Bundesrepublik, davon allein 4.700 im Freistaat Sachsen und 3.800 in Leipzig. Dies ist ein Ergebnis der ifo-Studie „Wirtschaftliche Effekte eines durchschnittlichen Veranstaltungsjahres der Leipziger Messe GmbH“, die das Unternehmen am Mittwoch, 15. Juli, der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Genau hat das ifo-Institut 6.595 Arbeitsplätze errechnet, davon 3.790 in Leipzig.

Die Ergebnisse der ifo-Studie. Grafik: Leipziger Messe
Die Ergebnisse der ifo-Studie. Grafik: Leipziger Messe

Das ist eine Größe, denn die Messegesellschaft selbst hat nur 387 Angestellte (Zahl für 2013). Das heißt: Eine ganze Reihe Unternehmen generieren ihr Geschäft im Gefolge der Messe. Sie sind zum Beispiel als Messestandbauer unterwegs, als Lieferanten und Logistiker, aber auch Leipziger Hotels profitieren direkt vom Leipziger Messe- und Kongressgeschäft, Taxifahrer, Gastronomen usw. Die Leipziger Messe funktioniert im Grunde genauso, wie sie funktionieren muss: als wichtige wirtschaftliche Infrastruktur in Mitteldeutschland, die nicht nur Geschäfte für hunderte andere Unternehmen mit generiert, sondern gleichzeitig auch Kaufkraft in die Region zieht.

Die Kaufkrafteffekte, die von der Leipziger Messe ausgehen, findet Buhl-Wagner sogar beeindruckend. Bundesweit liegen diese bei über 656 Millionen Euro, fast die Hälfte entfallen auf die Stadt Leipzig. Auf Mitteldeutschland gerechnet, ergibt sich ein Kaufkraftvolumen von 454 Millionen Euro.

Heißt im Klartext: Die Arbeit der Messe sorgt dafür, dass bundesweit 656 Millionen Euro allein deswegen ausgegeben werden, weil es die Leipziger Messe gibt. Und daran – so Messe-Geschäftsführer Markus Geisenberger – haben die Gelder, die die Messebesucher selbst ausgeben, eher den kleineren Anteil. “Das eigentliche Geschäft machen die Aussteller”, so Geisenberger. Sie organisieren ihre Messeauftritte, geben Geld für Messestände und Marketing aus, beauftragen Lieferanten, ordern Standpersonal, buchen An- und Abfahrten. Man ahnt so ein wenig, wie das Messegelände im Leipziger Norden mit jeder neuen Messe dafür sorgt, dass sich überall Lkw in Bewegung setzen, Menschen in Züge, Taxen und Flugzeuge steigen.

Vielleicht würde ein guter Programmierer das alles auch in einer Animation mit farbigen Lichtströmen umsetzen können. Messen sind ein zwar aufwendiges, aber nach wie vor augenscheinlich höchst notwendiges Instrument, um Produzenten und Käufer zu verbinden, Innovationen bekannt zu machen, Branchentrends sichtbar werden zu lassen, Geschäfte anzubahnen. Und das Internet hat dieses Zeitalter der mittlerweile hoch spezialisierten Fachmessen nicht beendet. Es hat die Messen und Kongresse höchstens verändert.

Das Wort “Event” fällt in diesem Zusammenhang. Und das gilt nicht nur für die Publikumsmessen, auf denen die Besucher etwas geboten bekommen möchten – und auch kommen, wenn diese Erwartungen erfüllt werden. Das gilt auch für die scheinbar exotischen Fachmessen wie die OT World, wo es um die moderne Orthopädie- und Reha-Technik geht. Das gilt auch für eine Industriemesse wie die Z / Intec, im Grunde aus Chemnitz einst übernommen, wo nun mal der sächsische Maschinenbau zu Hause ist. Aber als Messestandort war Chemnitz zu klein und – man denke nur an die katastrophale Schienenpolitik in Mitteldeutschland – zu schlecht erreichbar. In Leipzig ist die Messe regelrecht aufgeblüht.

454 Millionen Euro zusätzliche Kaufkraft in Mitteldeutschland, das ist schon ein Wert. Das begründet sehr gut, warum die beiden Messegesellschafter Freistaat Sachsen und Stadt Leipzig ihrer Messe jedes Jahr noch einen zusätzlichen Finanzbedarf von bis zu 9 Millionen Euro gewähren. Gäbe es die Leipziger Messe nicht, dann gäbe es auch keinen Kaufkraftzufluss von 315 Millionen Euro allein nach Leipzig. “Dann hätte die Region sogar einen Kaufkraftabfluss”, sagt Geisenberger. “Die Unternehmen würden ihre Messeauftritte anderswo buchen und das Geld würde dorthin abfließen.”

Und ein paar Steuern fließen auch. Aber das Meiste bleibt beim Bund hängen.

Die Messen und Kongresse am Standort Leipzig bringen dem Fiskus Jahr für Jahr Einnahmen von mehr als 120 Millionen Euro. Davon entfallen auf den Freistaat Sachsen rund 37 Millionen Euro und hiervon wiederum rund 7 Millionen auf Leipzig. Da das Meiste Mehrwertsteuern sind, bekommt der Bund mit knapp 121 Millionen Euro den größten Batzen.

„Die Ergebnisse zeigen die Motor-Funktion der Leipziger Messe für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region“, bewertet Martin Buhl-Wagner, Sprecher der Geschäftsführung, die Studie. „Die Effekte für Beschäftigung, Kaufkraft und Steuern sind beeindruckend.“

Und betont, dass die ifo-Leute extra zwei Messe-Jahre – die Jahre 2013 und 2014 – zur Befragung und Datenerhebung genutzt haben. “Wir wollten endlich mal Zahlen für ein durchschnittliches Messejahr haben”, sagt Buhl-Wagner. Ohne große Ausreißer nach oben. Und dabei die Messen miterfassen, die nur im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfinden, und jene im Jahresrhythmus.

Dabei stellen die quantifizierten wirtschaftlichen Effekte nur die Untergrenze der Wirkungen für die Region dar, betont Markus Geisenberger: „Weder veranstaltungsinduzierte Aufträge noch die günstige Möglichkeit für regionale Unternehmen mit nationalen und internationalen Kunden Kontakt aufzunehmen, sind in die Analyse eingeflossen.“ Die Studie sei sehr konservativ und nachweisbar gerechnet. „Da die Veranstaltungen ursächlich für die getätigten Ausgaben in Leipzig beziehungsweise im Freistaat Sachsen sind, würden die wirtschaftlichen Effekte ohne diese Messen und Kongresse schlichtweg entfallen.“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar