Eigentlich besteht in Sachsen keine Gefahr, was die Deponierung von Bauschutt betrifft, auch wenn sich Dr. Jana Pinka, Sprecherin für Umwelt- und Ressourcenpolitik der Fraktion Die Linke, nun besorgt zeigt über eine mehr als durchwachsene Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf ihre Kleine Anfrage zur Deponierung von Bauschutt in Sachsen.
“Während die deutsche Bauwirtschaft vor einem Entsorgungsnotstand angesichts fehlender Deponiekapazitäten warnt und bundeseinheitliche Regeln insbesondere für die Entsorgung von natürlicherweise (geogen) belasteten Böden fordert, weiß die Staatsregierung sicherheitshalber erstmal lieber gar nichts”, kommentiert Dr. Jana Pinka die immerhin 16 Seiten lange Antwort der Regierung. Das ist schon ungewöhnlich für die Antwort auf eine Kleine Anfrage, passt eher zu einer Großen Anfrage. Ihre detaillierten Fragen sind im Grunde auch auf dem Weg zu einer Großen Anfrage gewesen. Nicht so sehr die Nicht-Bestätigung der Alarmmeldung der “deutschen Bauwirtschaft” ärgert sie, sondern die Tatsache, dass die Staatsregierung keinen jährlichen lückenlosen Nachweis über die Stoffströme hat. “Weder ist ihr das Aufkommen an bestimmten Bauschutt-Abfallarten bekannt (‘keine statistische Erhebung’), noch weiß sie um die Behandlungskapazitäten (‘Angaben, welche Deponie[…]-kapazitäten [zur Verfügung stehen] […] liegen der Staatsregierung nicht vor’).”
Den Ärger macht Pinka noch extra deutlich. Und das hat schon eine Menge mit dem Ausstieg der Sita aus der Zentraldeponie Cröbern im Leipziger Südraum zu tun: Noch Anfang des Jahrtausends schuf die Staatsregierung mit Millionen Euro ein System überdimensionierter Deponien, die allein schon durch ihre schiere Größe die Abfallentsorgungskosten explodieren ließen, während selbst die Schuttmengen aus Abrissen und Straßenbauten deutlich zurückgingen. Die Antwort an Dr. Jana Pinka ist regelrecht mit Tabellen gespickt, die diesen Rückgang zeigen.
So reduzierte sich der Bodenaushub von 501.577 Tonnen im Jahr 2000 auf 109.808 im Jahr 2014. Und die Menge des Bauschutts reduzierte sich von 540.168 Tonnen im Jahr 2000 auf 171.800 im Jahr 2013. Die Deponiekapazitäten aber, die der Freistaat mit gehörigem Druck aufbauen ließ, sind für völlig andere Abfallmengen konzipiert worden. So zitiert Jana Pinka in der Einleitung, dass es 2008 in Sachsen “369 Behandlungsanlagen für Bau- und Abbruchabfälle, Recyclinganlagen für Bau- und Abbruchabfälle sowie Sortieranlagen für gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit einer Jahreskapazität von insgesamt über 51 Millionen Tonnen in Sachsen” gab.
Probleme, das ganze Abbruchmaterial irgendwo zu lagern, gibt es also nicht.
Problematisch ist eher, dass der Freistaat keine belastbaren Zahlen zum Recycling der Baustoffe hat. Immerhin betont auch Jana Pinka: “Pikant: Ab 2020 soll der Anteil von Bau- und Abbruchabfällen, der recycelt oder anderweitig umweltfreundlich eingesetzt wird, 70 % betragen. Das regelt § 14 Abs. 3 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Staatsregierung aber tappt im Dunkeln, wie groß diese Menge ist – und das vier Jahre bevor diese Regelung wirksam wird. Dieses Nicht-Wissen ist auch peinlich, weil in einem Jahr eine Evaluation zum Stand der Umsetzung in den Ländern bevorsteht.”
Es fehle, so Dr. Jana Pinka, eindeutig das so oft versprochene Kreislaufwirtschaftgesetz. Sachsen sitzt noch immer auf einem Abfallsystem, das in großen Deponien und Entsorgung von Abfällen gedacht ist, aber nicht in der Kompletterfassung aller Schuttgüter und ihrer systematischen und möglichst kompletten Wiederverwendung.
Jana Pinka: “Seit Jahren kündigt die Staatsregierung ein neues Sächsisches Kreislaufwirtschaftsgesetz an. Damit könnten nicht nur statistische Berichterstattungspflichten eingeführt, sondern auch wünschenswerte Entwicklungen in der Sekundärrohstoffbranche angestoßen werden. Getan hat sich nichts.”
Eine Folgeerscheinung ist der aktuell wieder grassierende Goldrausch unter den Inhabern diverser Abbaurechte, die neue Kies- und Sandvorkommen aufschließen wollen, um damit den neuen Bauboom in Sachsen zu füttern. Doch dabei passiert genau das, was mit einem Kreislaufgesetz verhindert werden soll: Wieder werden wertvolle landwirtschaftliche Flächen vernichtet, wird der Grundwasserhaushalt gestört und die Bewohner in der Nachbarschaft leiden Jahrzehnte lang unter einem Bergbau, der mit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft schlicht nicht gebraucht würde.
Die vielen Statistiken, die die Staatsregierung liefert, belegen im Grunde nur, dass man aus dem alten Bergbau- und Deponie-Denken noch immer nicht heraus ist und das Thema Kreislaufwirtschaft nun über zehn Jahre einfach ausgesessen hat, ohne einen Schritt voran zu kommen.
Und sie konterkarieren die Sorgen der “deutschen Bauwirtschaft”, die mit funktionierenden Kreislaufsystemen nun mal keine Deponierungssorgen haben würde. Es sind nicht immer nur die Regierungen, die sich schwer tun mit dem Umdenken.
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