"Ist die Energiewende ohne schwere Schäden zu bewältigen..." Das war eine der, vielleicht die Hauptfrage auf dem 2. Ostdeutschen Energieforum (OEF) 2013 in Leipzig. Gestellt zu Beginn von Klaus Olbricht, dem Präsidenten der IHK-Magdeburg und des Deutschen Industrie- und Handelkammertages. Schäden, die derzeit im Preisgefüge derjenigen auftauchen, die im mittelständischen Bereich vor allem eines erleben. Den Anstieg bei den Energiekosten.
Klaus Olbricht hielt sich hinsichtlich der Hauptprobleme naturgemäß allgemeiner als sein Nachredner, der brandenburgische Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten Ralf Christoffers. Dennoch vereinte beide das gemeinsame strategische Ziel, welches derzeit seitens der Wirtschaftsvertreter heißt: Endlich Bewegung in die schon schmerzlich und oft zitierte sogenannte “Energiewende” zu bringen. Olbricht verglich die Energiewende mit einem komplizierten Segelmanöver auf hoher See, bei dem man mitten im kritischen Punkt, nämlich genau bei der Wende, im toten Punkt angelangt sei. Genau dann nämlich kommt es darauf an, das Ruder herumzureißen, um wieder frischen Wind die Segeln zu bekommen. Das allerdings sei der Bundesregierung bisher misslungen.
Also dümpelt das Energieschiff, nimmt man Olbrichts Bild mal weiter zur Hilfe, mitten im Ozean auf der Stelle. Flaute total. “Ich befürchte, in dieser Situation befindet sich die Energiewende gerade”, so Olbricht. “Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Begrenzung der Stromkosten werden vor der Bundestagswahl vermutlich nicht umgesetzt, so dass die Strompreise ungebremst weiter steigen.” Fast schon frustriert stelle er weiter fest, dass eine bundesweite Koordination der Prozesse der Energiewende nicht in Sicht sei und man zu verzeichnen habe, dass “jedes Bundesland seine eigene Energiewende betreibe.” Ein echtes Energieministerium wäre seiner Ansicht nach dabei sinnvoll, um die Veränderungen wenigstens innerhalb Deutschlands besser zu steuern. Von europäischen Vereinbarungen bei Übertragungswegen und Speicherung von Energie ganz zu schweigen.
Dabei spielte er auch darauf an, dass die Stromkosten auf unzumutbare Weise verteilt werden: “Man hat Marktteilnehmer, die kein Marktrisiko mehr tragen, dabei garantierte Rendite erzielen und gleichzeitig die Netzkosten vervielfachen und allen anderen, die ein Risiko eingehen, aus dem Markt drängen. Dabei entsteht immer mehr Subventionsbedarf, um in diesem System die Stabilität aufrecht zu erhalten.” Ein klarer Schuss gegen das EEG, welches am ersten Tag des OEF von allen Referenten als zwingend zu verändern beschrieben wurde.
Als Beispiel für Auswirkungen der aktuell schiefen Verhältnisse nannte er ein mittelständisches Unternehmen aus seiner Region. “Ein Bäckereiunternehmen unseres Kammerbezirkes musste von 2012 auf 2013 eine Steigerung der Energiekosten um 105.000 Euro verkraften. Dazu kamen noch 180.000 Euro Mehrkosten für Mehl und andere Rohstoffe, ebenfalls massiv beeinflusst von der Energiewende.”
Sehr regional wurde naturgemäß auch Ralf Christoffers, im Anschluss an Olbrichts Rede. Der Brandenburgische Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten verwies in seinem Beitrag zum 2. OEF unter anderem darauf, dass man die Beteiligung der Bevölkerung und die europäische Dimension der Energiefrage keineswegs unterschätzen dürfe.
Bei der Umsetzung von Projekten des Programms für Erneuerbare Energien dürfe man die lokalen und regionalen Mitspieler nicht außen vor lassen. Christoffers: “Denn ohne die Bürger vor Ort, ohne die Unternehmen des Mittelstandes der Regionen sind zum Beispiel Windparks einfach nicht durchsetzbar.” Schließlich sei gerade sein Land, also Brandenburg, eines der Länder mit der niedrigsten Zustimmungsrate in der Bevölkerung bei gleichzeitig höchstem Stand des Ausbaus bei den Erneuerbaren Energien. Quasi ein Paradebeispiel für die Widersprüche zwischen Wende und Verharren, Widerstand gegen bestimmte Projekte und dem Willen der Bürger weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energieerzeugungen zu kommen.
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Denn im selben Atemzug brach Christoffers eine Lanze für die fossilen Energieträger, welche die Grundlast aufgrund fehlender Speichertechnologien zu tragen haben. “Nicht zu Unrecht, ist Brandenburg doch immer noch ein zuverlässiger Garant für Energielieferungen, wenn es um Braunkohle geht. Braunkohle wird für die nächsten Jahrzehnte immer noch ein wichtiger Energielieferant bleiben. Es muss also geprüft werden, wie fossile Energie mit erneuerbarer Energie am besten und effektivsten parallel vereinbart werden kann.” Die Fragen der Grundlast in der Energieversorgung und den Spitzen bei den erneuerbaren scheint in den kommenden zwei Jahrzehnten das eigentliche Hauptthema zu werden. Wie auch die Beteiligung der Bevölkerung an einem Prozess, der 2013 noch daherkommt, wie eine einzige unsinnige Preisspirale ohne Sinn und Verstand.
Nicht nur für das mit zwei Tagen fast zu kurze Ostdeutsche Energieforum wird es auch im kommenden Jahr genug Brennstoff für weitere Diskussionen geben.
Positive Nachrichten aus Brandenburg hatte Christoffers jedoch schon 2013 dabei: Die Firma “50 Hertz” habe nunmehr mit Polen Vereinbarungen treffen können, welche ein gemeinsames Lastenmanagement mit Brandenburg vorsehen. So könnten in Spitzenlastzeiten Strom in den Süden Deutschlands geliefert werden. Was jedoch gleichzeitig das innerdeutsche Dilemma verdeutlicht – hier scheinen selbst schon benachbarte Bundesländer aneinander vorbei zu agieren. Weshalb Christoffers eine europäische Lösung lieber wäre, statt das Klein Klein aller einzelnen Bundesländer und der Staaten der EU. Darüber hinaus habe Brandenburg als erstes Bundesland überhaupt regionale Planungsgemeinschaften gegründet, um ein “Energiekonzept 2030” gemeinsam mit den Bürgern vor Ort voranzutreiben. Vielleicht auch die einzige Lösung, um Akteptanz zu schaffen und wenn schon keine bundesdeutsche Energiestrategie vorliegt, so doch vor Ort bessere Absprachen zu treffen.
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