Menschen, die ein Unternehmen gründen wollen, stehen vor vielen Herausforderungen. Oft haben sie eine gute Idee, haben vielleicht eine neue Technologie entwickelt oder sogar schon ein Patent. Was aber brauchen Gründerinnen und Gründer für die Führung eines erfolgreichen Unternehmens noch? Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Wissen über Strukturen, Zugang zu Finanzen und Fördermitteln sind nur einige Bausteine.
Auf unserer Pressereise mit der Europäischen Kommission mit dem Thema „Just Transition Fund“ (JTF) haben wir zwei Unternehmen kennengelernt, die durch Business-Angel unterstützt werden.
Emilie Wegner, Gründerin und Geschäftsführerin der Hülsenreich GmbH, erzählte uns dazu: „Die aktuellste Förderung hat uns geholfen, Investoren zu finden. Es war eine Business Angel-Förderung. Letztes Jahr war es meine Hauptaufgabe, Geld zu akquirieren, weil wir neue Produkte launchen wollten, die wir bisher nur im Online-Shop hatten und die es mittlerweile in den Handel geschafft haben.
Wir wollten unser Management-Team in der Produktion ausweiten. Wir haben uns dieses Jahr digitaler aufgestellten, ERP-System eingeführt und für all diese Pläne brauchten wir Geld. Als Start-up, wir hatten schon einen Business Angel mit dabei, findet man das Geld gut und gerne bei Business Angels und die konnten durch die Förderung ihr Invest verdoppeln.
Das ist dieser Business Angel-Bonus. Das war super attraktiv für die Business Angel, aber natürlich auch für uns, weil das Doppelte an Geld bei der Firma ankommt. Der eine Business Angel kommt hier aus Leipzig, das ist der Marc Struhalla.“
Fragen an Dr. Marc Struhalla
Dr. Marc Struhalla ist für uns kein Unbekannter, wir haben uns auf der Feier zum 20-jährigen Bestehen der Bio City kennengelernt. Dort sprach er über die Gründungsgeschichte der c-Lecta GmbH. Er schilderte auch die Herausforderungen, vor denen die Gründer fast 20 Jahre zuvor mit einem Patent für Enzym-Engineering, aber ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse standen.
Heute wird die c-Lecta Gmbh als „Flaggschiff der sächsischen Biotechnologie“ bezeichnet, ist wissenschaftlich und wirtschaftlich erfolgreich. Was lag also näher, als Dr. Marc Struhalla um ein Gespräch über sein Engagement als Business Angel zu bitten.
Am 29. November trafen wir uns in den Geschäftsräumen der c-Lecta GmbH.
Herr Dr. Struhalla, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Sie sind, wie wir jetzt wissen, nicht nur der CEO von c-Lecta, Sie engagieren sich auch als Business-Angel. Was motiviert Sie, neben Ihrer herausfordernden Tätigkeit, zusätzlich noch junge Unternehmen zu unterstützen?
Ich bin eigentlich so ein bisschen reingerutscht in dieses Thema, das war gar keine geplante Maßnahme. Aber klar, man ist unterwegs, man spricht mit vielen Leuten und dann stellt man fest: Da gibt es in der Regel junge Menschen, die in den steinigen Weg einschlagen, den ich auch eingeschlagen habe. Und dann stellt man fest: Da machen Menschen gerade die gleiche Erfahrung, wie man selbst und da kann man natürlich vielleicht ein bisschen mithelfen, um Fehler zu vermeiden und ein paar Fallstricke zu umgehen.
Es ist natürlich die Rolle eines Business Angels, auch ein bisschen Geld in die Hand zu nehmen, um in der ganz frühen Phase einen Start zu ermöglichen, und dann auch zu helfen, eine weitere Finanzierung auf die Beine zu stellen. Die eigenen Erfahrungen einzubringen. Den Startup-Gründern in die Spur zu helfen, macht halt auch eine Menge Spaß. Das ist auch eine ganz große Komponente, mit jungen, talentierten, motivierten Menschen zusammenzuarbeiten, die große Pläne haben.
Das steckt an, das begeistert, da ist man schnell Feuer und Flamme und da fühlt man sich ein bisschen zurückversetzt in die eigene Zeit, als man noch in dieser Phase war.
Sie leiten ein Biotech-Unternehmen, sind selbst Biotechnologe, ein Unternehmen wie Hülsenreich passt nicht wirklich zu dieser Branche. Wie sind Sie darauf gekommen, dieses Unternehmen zu unterstützen?
Man sagt gewöhnlich, dass man in einer Branche investiert, wo man Erfahrung hat und sich auskennt. Das Engagement bei Hülsenreich passt da nicht dazu. Ich bin in der Tat darüber in einem Artikel in der Leipziger Volkszeitung gestolpert. Da habe ich gesehen, dass es Hülsenreich gibt. Ich fand das von den Produkten her sehr spannend.
Und dann habe ich gesehen, dass man noch Unterstützung sucht, auf der Ebene Business Angel. Ich habe einfach eine E-Mail geschrieben und bin mit Emilie Wegner, der Gründerin und Geschäftsführerin, in Kontakt gekommen. Und dann habe ich mir das angeguckt, das hat mich begeistert und dann ist es dazu gekommen, dass ich da eingestiegen bin.
Die Förderung „Business-Angel-Bonus“ durch den JTF, wie bei Hülsenreich, setzt ein langfristiges Investment durch den Business-Angel voraus. Sie sind also nicht an kurzfristigem Profit, durch das Investment, interessiert?
Ich glaube schon, dass Business Angel in der Regel zeitlich flexibler sind. Ich zum Beispiel kann mir auch vorstellen, eine Beteiligung dauerhaft zu halten. Ich habe ja keine Not, so wie ein Venture Capital Fonds, der eine begrenzte Laufzeit hat, wo man investiert und dann irgendwann deinvestieren muss. Diese Not, diesen Zwang habe ich nicht, und insofern gibt es dann auch verschiedene Szenarien, die man gehen kann.
Entweder gibt es vielleicht mal einen Verkauf des Unternehmens, oder eben nicht und man bleibt Gesellschafter. Vielleicht gibt es ja auch mal ordentliche Gewinne, die man ausschütten kann. Ich bin da sehr flexibel und ich glaube, das gilt für viele Business Angels, dass man da sich verschiedene Wege vorstellt, je nachdem, was auch für das Unternehmen das Beste ist.
Sie hatten es in Ihrer Rede auf der Feier bei Bio City ausgeführt, wie schwierig für Sie die ersten Schritte in die Wirtschaftswelt waren. Was sind, aus Ihrer Erfahrung, für die jungen Start-ups die größten Hürden in dieser Beziehung, abgesehen vom Geld?
Da gibt es natürlich in jeder Unternehmensphase Herausforderungen, denen man sich stellen muss. In der ganz frühen Phase, gerade dann, wenn man etwas Größeres aufbauen will, das Thema Finanzierung. Das ist definitiv ein ganz großes Thema, bei dem Banken erstmal ausfallen, weil man dann eben Eigenkapital finanzieren muss.
Aber es gibt natürlich auch andere Herausforderungen, dass man bestimmte Prozesse auf die Beine stellen muss. Man braucht bestimmte Partner, eine ordentliche Finanzplanung, einen guten Steuerberater, um da auch die richtigen Entscheidungen zu treffen, die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun. Weil natürlich die Ressourcen beschränkt sind. Man hat ein ganz kleines Team, man kann nicht alles gleichzeitig machen. In welcher Reihenfolge packe ich die Dinge an, wofür setze ich bestimmte Zeit an, die ich brauche?
Zum Beispiel wird das Thema Finanzierung immer unterschätzt, das dauert nämlich viel länger, als man denkt. Damit muss man früh anfangen. Das sind die Dinge, wofür man dann auch ein paar Tipps geben kann, wie man es richtig macht.
Da sprechen Sie aus eigener Erfahrung?
Absolut. Und manchmal ist es auch so, dass man über das Netzwerk, welches man hat, nochmal jemanden ansprechen kann, dem man vertraut. Das ist immer ein ganz großes Thema. Es gibt ganz viele, die sich einem anbieten zu helfen, aber wo man nicht so genau weiß, was deren Interessenslage ist.
Oft kann man dann Leute aus einem eigenen Netzwerk einbringen, die glaubwürdig und vertrauenswürdig sind, mit denen man selbst Erfahrungen gemacht hat und die die notwendige Kompetenz an den Tisch bringen, die man eben in bestimmten Phasen einfach braucht. Man kann nicht immer alles intern abdecken. Das ist, glaube ich, auch ein großer Mehrwert, ein validiertes Netzwerk.
Es gibt ein Business-Angel-Netzwerk, gehören Sie dazu?
Da bin ich nicht engagiert. Ich habe davon schon gehört, aber ich bin eher opportunistisch unterwegs. Es kommen Themen auf mich zu, aber ich habe da keinen strukturierten Prozess. Es gibt verschiedene Foren, wo Privatinvestoren mit Start-ups zusammengebracht werden und ich glaube, dass es da mittlerweile eine sehr gesunde Szene gibt, nicht nur hier in der Region, auch deutschlandweit.
Das ist eine sehr positive Entwicklung. Das hat es, so in dem Umfang vor 20 Jahren nicht gegeben. Und heutzutage gibt es viele Privatmenschen, die als Angel bereit sind, sich in dieser frühen Phase der Startup-Finanzierung zu engagieren. Das ist eigentlich etwas sehr Positives, finde ich.
Gibt es noch mehr Firmen, die Sie unterstützen, und werden Sie sich weiter engagieren?
Ich habe ein paar wenige Engagements. Wie gesagt, ich mache das momentan eher opportunistisch. Aber ja, ich habe ein paar Beteiligungen und bin damit erstmal so ganz zufrieden.
Ich werde damit weitermachen, und bin jetzt auch nochmal kürzlich ein neues Engagement eingegangen. Das ist erst ein paar Wochen her. Auch ein Unternehmen hier aus Leipzig. Das ist in diesem Fall auch eine Biotechnologie-Firma, die hier in der Bio-City sitzt.
Was ja passt. Ich mache also Sachen, die so ein bisschen näher an meinen Erfahrungen sind. Aber opportunistisch und auch in einem begrenzten Umfang, weil es natürlich auch ein bisschen Zeit kostet, sich da auch einzubringen.
Sie leiten ja ein großes Unternehmen, damit ist natürlich der Zeitfaktor für Ihr Engagement eigentlich entscheidend.
Es ist eben so, wenn man Gründer ist, hat man, glaube ich, auch so eine Neugier und so eine Begeisterungsfähigkeit. Mich zeichnet das auf jeden Fall aus. Und ich glaube, das ist auch bei vielen Gründern und Gründerinnen so. Da kann man sich natürlich auch manchmal hinreißen lassen.
Wenn dann Themen kommen, die einen interessieren, die man spannend findet, dann fällt es einem schwer, die Finger davon zu lassen und sich da nicht reinziehen zu lassen. Das ist mir passiert, aber das ist auch gut so.
Herr Dr. Struhalla, vielen Dank für das Gespräch und Ihre Zeit. Viel Erfolg weiterhin.
Fazit: Business-Angels sind für Gründerinnen und Gründer auf alle Fälle wichtig. Aus ihren Erfahrungen lässt sich viel lernen, man kann schon begangene Fehler vermeiden und auch auf funktionierende Netzwerke zurückgreifen.
Keine Kommentare bisher