Man muss die inzwischen gescheiterte Ampel-Regierung, speziell die Grünen, nicht mögen, man muss nicht einmal ein Fan der Energiewende sein, um zu verstehen, dass die aktuelle Krise des „Stahlkonzerns“ ThyssenKrupp die Folge vieler Faktoren ist. Diese liegen weit vor der Ampel-Regierungszeit. Die Konkurrenz aus Asien und Nordamerika im Stahlgeschäft wird zur Gefahr für den deutschen Konzern, also baut ThyssenKrupp zwei Werke. Ein Stahlwerk in Brasilien und ein Walzwerk in den USA.

Brasilien ist wirtschaftlich besonders interessant, es gibt dort Kohle, Eisenerz und vor allem billige Arbeitskräfte. Das Werk in den USA hat den Vorteil der kurzen Wege zur dortigen Automobilindustrie. Wie üblich wurde das über den Kapitalmarkt finanziert.

2008 und Folgejahre

Über die große Finanzkrise, die im Jahr 2008 über die Wirtschaftswelt „hereinbrach“, wurden bereits massenhaft Bücher geschrieben. Wir können uns das hier ersparen. Allerdings kann man „hereinbrach“ tatsächlich nur apostrophieren, denn es war ja keine Naturgewalt, sondern eine logische Folge des aufgeblähten Marktes.

In der Folge brachen Umsätze, Gewinne und auch die Eigenkapitalquote ein, die Aktienkurse fielen und haben sich bis heute nicht erholt. Auch Entscheidungen des Managements wie die, dass der Bau der Kokerei in Brasilien an eine chinesische Firma vergeben wurde, führten zu einem Desaster. Erschwerend kam auch die wirtschaftliche Entwicklung in Brasilien dazu, die dazu führte, dass die Lohnkosten stiegen und der ganze Businessplan nicht aufging.

Machen wir es kurz: Die Beschaffung von Kapital wurde teurer, am Ende wurden die Werke in Brasilien und den USA 2012 verkauft, böse Stimmen sprechen von „verramscht“. Anzumerken ist, dass Arcelor-Mittal, die gemeinsam mit Nippon Steel das Walzwerk in den USA kauften, dieses inzwischen gewinnbringend betreibt. Ebenso wirft das Stahlwerk in Brasilien, unter Ternium, Gewinn ab.

Das Jahr 2021

Überspringen wir die 2010er Jahre und schauen in das letzte Jahr vor der Ampel-Regierung. Das Jahr begann mit einem Aktienkurs von 8,14 €, zum Vergleich: 2007 lag dieser bei 35,75 €, und endete mit 9,61 €. Die Steigerung von 18,11 %, die normalerweise ein wachsendes Vertrauen der Anleger ausdrückt, hatte aber eine Geschichte.

2021 verkaufte ThyssenKrupp, noch vor der Bundestagswahl, die italienische Edelstahltochter AST an Arvedi, die Business Unit Infrastructure an FMC und das Mining-Geschäft an FLSmidth. Dazu wurde das Grobblechwerk in Duisburg-Hüttenheim geschlossen. Diese Portfoliobereinigung führte zu einem Anstieg der Kurse.

Die aktuelle Krise

Am 25. November meldete ThyssenKrupp die Pläne für einen Stellenabbau von rund 11.000 Beschäftigten in der Stahlsparte und die Schließung eines weiteren Standortes.

Als Grund gibt der Konzern „die sich weiter verfestigenden fundamentalen und strukturellen Veränderungen auf dem europäischen Stahlmarkt und in entscheidenden Kunden- und Zielmärkten“ an. Vom Industriestrompreis, den schon wieder einige Social-Media-Akteure propagieren, ist keine Rede. Zur Erinnerung: Dieser Industriestrompreis ist wieder auf dem Stand von 2020 und liegt unter dem von 2019.

Auffällig ist hierbei, dass von den geplanten 11.000 Stellen, „6.000 Arbeitsplätze durch Ausgliederungen auf externe Dienstleister oder den Verkauf von Geschäftstätigkeiten überführt werden“. Genaue Zahlen dazu nennt der Konzern nicht, aber „Ausgliederung auf externe Dienstleister“ bedeutet im Allgemeinen Outsourcing und damit: „Raus aus dem Tarifvertrag!“. Die Menschen arbeiten dann weiter an denselben Arbeitsplätzen, nur für einen externen Dienstleister und weniger Lohn.

Fazit: Der Niedergang von ThyssenKrupp ist eine lange Geschichte, auch eine von Fehlentscheidungen. Am Ende müssen die im Unternehmen arbeitenden Menschen und die Regionen, in denen das Unternehmen beheimatet ist, die Suppe auslöffeln.

Bleiben wir gespannt, ob und wie das Thema im Bundestagswahlkampf thematisiert wird. Von welchen Akteuren? Das muss man wohl eher nicht fragen.

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Keine Kommentare bisher

Der Autor setzt viel zu spät an. Es sollte bekannt sein dass ThyssenKrupp nicht immer zusammen geschrieben wurde. Auch gab es in der BRD mal mehr Stahlkocher wie den genannten. Übrigens hatten die arbeitenden Menschen und die Regionen ehemals auch üppige Mahlzeiten, abseits von Suppe gehabt. Grüße vom Suppenkasper

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