Die Pressereise am 6. November mit der EU-Kommission und dem Sächsischen Ministerium für Wirtschaft, auf der wir bereits zwei durch den Just Transition Fund (JTF) geförderte Unternehmen in Leipzig und Löbau besucht hatten, führte uns zu unserer dritten Station in Zittau. Inmitten der Stadt, versteckt im dritten Stock eines Wohnhauses, befinden sich die Büroräume der Wirtz Meyer GmbH. Dort trafen wir die Brüder Oscar und Ferdinand Meyer, die uns ihr Projekt vorstellten.
Die Wirtz Meyer GmbH ist ein Startup und wird, wie das schon vorgestellte „Hülsenreich“, mit dem Business-Angel-Programm des JTF gefördert.
Zittau: Wirtz Meyer GmbH
Die jungen Gründer haben das Ziel, ein emissionsfreies Luftschiff für den Personen- und Lastentransport zu entwickeln und herzustellen. Wie sie darauf gekommen sind, schilderte Ferdinand Meyer.
„Der Klimaschutz ist bei uns in der Familie immer schon ein sehr starkes Thema gewesen. Wir haben uns immer damit auseinandergesetzt, geschaut, was gibt’s für verschiedene Lösungen. Und dann sind wir tatsächlich 2019 auf die große Umweltzerstörung durch den Luftverkehr aufmerksam geworden. Wir haben nach Lösungen gesucht und sind in einem Artikel in der ‚Zeit‘ auf Luftschiffe gestoßen. So sind wir zu diesem Thema gekommen.“
Seit der Pleite des Cargo Lifters im Jahre 2002 scheint in Deutschland der Luftschiffbau keine Zukunft zu haben, so ist zumindest die öffentliche Wahrnehmung. Allerdings arbeiten international Firmen, wie Deutschen Zeppelin-Reederei (DZR), Hybrid Air Vehicles, Lockheed Martin, Amazon und andere weiterhin an Luftschiffen für verschiedene Einsatzbereiche. Das ist auch den beiden Gründern bewusst.
Was ist an dem Luftschiff aus Zittau besonders?
Unser Alleinstellungsmerkmal ist unser Antriebskonzept, mit dem wir gerade noch in der Patentanmeldung sind, also da können wir noch nicht viel preisgeben. Wir setzen auf eine starre Außenhülle, unsere Mitbewerber setzen meist auf eine starre Gerippestruktur, die nur mit einem dünnschichtigen Textil überzogen wird. Der Vorteil daran ist zum einen die Stabilität, besonders die Torsionsfestigkeit und Wetterfestigkeit, das erhöht auch das Vertrauen der Menschen, also das Sicherheitsgefühl.
Zum anderen ist der Herstellungsprozess sehr gut skalierbar, weil wir viele standardisierte Teile herstellen können. Der obere Teil der Hülle, das sehen Sie hier in schwarz, ist die Solarfläche.
Dadurch kann man heutzutage theoretisch von einer unbegrenzten Reichweite sprechen. Man verliert weder Traggas, man gewinnt die Energie über die Kraft der Sonne, also wenn man ein Solarluftschiff auf die Beine stellt, dann geht nicht irgendwann der Treibstoff aus, das ist die Idee
Der Cargo Lifter war ja von vornherein ein Mega-Projekt, denken wir nur an die Luftschiffhalle, die heute „Tropical Islands“ ist. Wie sehen Ihre Entwicklungsschritte aus?
Grundsätzlich wollen wir große Luftschiffe produzieren, wir gehen aber so vor, dass wir jetzt erstmal kleine Luftschiffe als Prototypen konzipieren, welche als Drohnen zugelassen werden können. Als Nächstes wollen wir ein Luftschiff, welches unter 15 Tonnen Last oder bis zu 19 Personen transportieren darf, entwickeln. Dann wollen wir voll hoch skalieren und wirklich große Luftschiffe bis 300 Meter bauen.
Wir haben halt einen Stufenplan. Wir fangen jetzt mit unserem ersten Prototypen, als ‚Proof of Concept‘, mit unseren Alleinstellungsmerkmal, an. Das ist der 10 Meter lange Prototyp. Den wollen wir noch selbst betreiben, damit wollen wir erste Flugerfahrungen sammeln und bereits erste Umsätze erzielen.
Dann wollen wir die Erkenntnisse daraus nutzen, um weiteres Risikokapital einzusammeln. Damit wir unser Team weiter aufbauen und am ersten kleineren Luftschiff, welches für bis zu 19 Personen zugelassen wird, arbeiten können. Das kann dann natürlich schon verkauft werden und so kann man sich Stück für Stück zum Großluftschiff hochskalieren.
Können Sie in diesem Zusammenhang sagen, welche Bedeutung der Just Transition Fund hat und wie es mit der Finanzierung weitergehen soll?
Momentan nutzen wir das klassische Angel-Investment in Verbindung mit dem Förderprogramm Business Angel Bonus. Das heißt: Das Kapital, welches wir von den Business Angels eingesammelt haben, wird vom Business Angel Bonus nochmal draufgelegt. Das ist ja insofern auch gut, weil der Beweis gebracht werden muss, dass jemand in das Unternehmen investiert. Damit können wir den Prototypenbau finanzieren. Danach muss man natürlich größer denken.
Da denkt man an die Seed-Finanzierung oder an die Series A-Finanzierung, wo man dann wirklich an Venture Capital Unternehmen rangeht. Da wollen wir dann auf Unternehmen, die nicht am Exit nach drei Jahren interessiert sind, herantreten. Es gibt ja sogenannte Impact-Fonds, die darauf aus sind, nur in nachhaltige Unternehmen zu investieren. Das ist dann der nächste Schritt.
Bauen Sie den Prototypen allein, oder haben Sie Partner?
Aktiv am Arbeiten sind wir zu zweit. Wir sind jetzt nach unserer letzten Kapitalerhöhung sechs Gesellschafter, wo wir eine sehr gute Mischung haben. Wir sind die jungen Treiber, die vorne stehen. Wir haben aber im Hintergrund sehr viel Erfahrung. Zudem können wir auf ein breites Netzwerk zurückgreifen. Die Produktion machen wir in Zittau, in unserer Halle.
Es ist natürlich so, dass wir viel mit externen Partnern zusammenarbeiten. Wir sind keine Luft- und Raumfahrt-Ingenieure, aber man kann sich Wissen sehr gut zukaufen. Wir arbeiten zum Beispiel mit einem Software-Ingenieur zusammen, der uns das komplette Antriebssystem macht. Wir arbeiten mit einem tschechischen Unternehmen zusammen im Bereich des Leichtbaumaterials. Da profitieren wir auch vom Dreiländereck.
Sie sprachen von Lasten- und Personentransport. Lastentransport, besonders von großen und sperrigen Teilen ist bekannt, sehen Sie wirklich eine Zukunft für den Personentransport?
Wollen Sie zwölf Stunden eng aneinander gedrängt in einem Flugzeug sitzen, oder fährt man Luftschiff und nimmt zwei oder drei Tage in Kauf? Man kommt dafür viel entspannter an, man hat eine eigene Kabine, geht schön essen morgens, mittags und abends. Der Weg ist dann das das Ziel, oder wenn man sich anschaut, wie damals die Leute im Zeppelin geflogen sind, da war von unbeschreiblichen Sonnenauf- und Untergängen die Rede, von Fahrten, ohne dass ein Glas wackelt, ohne dass irgendwas aus der Bar rausfällt.
Das ist einfach ein Gefühl, welches wir gar nicht mehr kennen. Wir kennen bloß laut, schnell, eng und das wäre ein völlig neues Reisegefühl. Man wird natürlich nicht die Flüge eines Geschäftsmanns ersetzen, der jetzt schnell von A nach B muss, aber für viele ist es durchaus vertretbar, die Reisezeit in Kauf zu nehmen.
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Fazit: Werden wir künftig mit dem Luftschiff aus der Lausitz verreisen, oder wird dieses vielleicht die Rotoren für die Höhenwindräder zum Einsatzort transportieren?
Wir konnten aus verständlichen Gründen das neuartige Antriebskonzept nicht sehen, aber allein die Tatsache, dass die beiden Gründer Investoren gefunden haben, zeigt Interesse an der Lösung. Es wurden viele andere Themen, auch technische Details, angesprochen. Deren Behandlung würde den Rahmen des Artikels sprengen.
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