„Das letzte Jahr war erneut von einem außergewöhnlichen Marktumfeld geprägt. Daraus haben sich für uns Chancen ergeben, die wir nutzen konnten. In Summe ist es uns gelungen, ein außergewöhnliches Ergebnis zu erwirtschaften, das weit über unseren Erwartungen liegt“, resümierte am Dienstag, dem 16. April, Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender der VNG AG das Geschäftsjahr 2023. Immerhin war das Jahr 2022 eine echte Herausforderung für das in Leipzig heimische Unternehmen gewesen.

„Alle Geschäftsbereiche haben zum wirtschaftlichen Erfolg beigetragen. Für 2024 ist bereits jetzt absehbar, dass sich diese Gewinnsituation nicht wiederholen lässt. Wir erwarten eine Normalisierung des Marktes und ebenso für das Konzernergebnis im nächsten Jahr“, ordnet Heitmüller die aktuelle Entwicklung ein.

2023 wieder in der Gewinnzone

Das Geschäftsjahr 2023 hat VNG mit einem bereinigten operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (adjusted EBIT), von 447 Mio. Euro abgeschlossen. 2022 hatte das Unternehmen hier ein Minus von 205 Millionen Euro verbuchen müssen. Ebenfalls deutlich über dem Vorjahreswert liegt das Konzernergebnis mit 380 Millionen Euro gegenüber einem Minus von 337 Millionen Euro im Vorjahr.

„Unser wirtschaftlicher Erfolg gibt uns finanzielle Stabilität, um die notwendigen Investitionen in die Transformation des Energiesystems stetig und ambitioniert weiter voranzutreiben sowie unsere Strategie VNG 2030+ konsequent umzusetzen. Bis zum Jahr 2035 beabsichtigen wir bei entsprechenden Rahmenbedingungen bis zu 5 Milliarden Euro zu investieren.

Ein relevanter Teil unserer Investitionen soll in den Ausbau der Infrastruktur grüner Gase fließen. 2023 haben wir erneut kräftig in den Strukturwandel in Ost- und Mitteldeutschland investiert. Über alle Geschäftsbereiche hinweg waren es 197 Millionen Euro“, erklärte Bodo Rodestock, Vorstandsmitglied für Finanzen und Personal der VNG AG.

VNG-Vorstandsvorsitzender Herr Ulf Heitmüller. Foto: LZ
VNG-Vorstandsvorsitzender Ulf Heitmüller. Foto: LZ

Der abgerechnete Umsatz der VNG beträgt im Geschäftsjahr 2023 rund 23,2 Milliarden Euro (2022: rund 36,2 Milliarden Euro). Zum 31.12.2023 beschäftigte der VNG-Konzern insgesamt 1.688 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (2022: 1.578).

Geschäftsbereichsübergreifender Erfolg in 2023

Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber ONTRAS Gastransport GmbH hat als Konzerntochter einen wesentlichen Ergebnisbeitrag im unteren dreistelligen Millionenbereich zum Jahresergebnis beigetragen. Angepasste Nutzungsentgelte sowie gesunkene Energiekosten führten zu einer Ergebnisverbesserung.

Der Geschäftsbereich Speicher gewann im Zuge des gestiegenen Wertes von Speicherkapazitäten für die Versorgungssicherheit deutlich an Bedeutung, sodass gestiegene Sommer-Winter-Spreads im Rahmen erfolgreicher Vermarktungen genutzt werden konnten. Aus dem operativen Geschäft erzielte die VNG Gasspeicher GmbH ein adjusted EBIT in hoher zweistelliger Millionenhöhe.

Die sichere Versorgung der Stadtwerke, Weiterverteiler, Industriekunden und Kraftwerke stand im Geschäftsbereich Handel & Vertrieb im Fokus des Geschäftsjahres 2023. Insbesondere die händlerische Nutzung gebuchter Speicherkapazitäten, der Gasvertrieb an Großkunden und das Handelsgeschäft an den europäischen Gasmärkten wirkte sich außerordentlich positiv auf das Ergebnis aus.

Russische Belastungen sind entfallen

„2023 sind zudem die extremen Belastungen durch die Gasersatzbeschaffung für nicht mehr aus Russland gelieferte Mengen entfallen und diese werden auch 2024 nicht entstehen. Insgesamt hat VNG bewiesen, dass wir umsichtig und widerstandsfähig mit einem Krisenjahr wie 2022 umgehen konnten“, ergänzt Rodestock.
So hat auch die VNG Handel & Vertrieb GmbH (VNG H&V) ein positives Ergebnis im unteren dreistelligen Millionenbereich zum Gesamtergebnis von VNG beigetragen.

Im Sinne der Versorgungssicherheit fokussierte sich VNG im Jahr 2023 auf die weitere Diversifizierung der Gasbezüge. Den Bedarf deckt VNG nun durch Importe aus Norwegen, Algerien, am Handelsmarkt sowie über den Einkauf von LNG ab.

„VNG ist seit Januar 2024 das erste deutsche Unternehmen, das Pipelinegas aus Algerien bezieht. Wir werden weiter daran arbeiten, neue Lieferverträge abzuschließen. Jeder zusätzliche Vertrag ist ein Baustein für eine zuverlässige und sichere Gasversorgung. Hierbei denken wir zugleich stets die Transformation des Energieträgers mit und sprechen auch über die Versorgung mit erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen.

Internationale Kooperationen sind für den Wasserstoffhochlauf unerlässlich. Deutschland wird die Bedarfe an Wasserstoff künftig nicht allein durch heimische Produktion decken können. Wir sind zusätzlich auf Importe angewiesen“, sagt Heitmüller.

Zukunft: Wasserstoff

Mit TEH2, einer Tochter der französischen TotalEnergies, arbeitet VNG am Aufbau einer grünen Wasserstofflieferpartnerschaft mit Chile. Darüber hinaus ebnet VNG in weiteren nationalen und internationalen Partnerschaften den Weg für den perspektivischen Import grüner Gase, um langfristige Wasserstoff- und Ammoniakprojekte zu realisieren.

Der VNG AG-Vorstand Herr Hans-Joachim Polk (Infrastruktur und Technik) Foto: LZ
Der VNG AG-Vorstand Hans-Joachim Polk (Infrastruktur und Technik) Foto: LZ

„Wie die Gaswirtschaft der Zukunft funktionieren wird und der Hochlauf grüner Gase gelingen kann, erproben wir derzeit in einem Konsortium im Rahmen unseres Leuchtturmprojekts, dem Reallabor Energiepark Bad Lauchstädt. Dort sind wir mitten in der Umsetzung. Wir haben mit der Konsortial-FID und dem ersten Spatenstich seit Sommer 2023 eine Baustelle, auf der es sichtlich vorangeht.

Unsere im letzten Jahr erzielten Meilensteine sind beachtlich. Beispielsweise hat VNG 2023 den ersten Liefervertrag für grünen Wasserstoff mit der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland als Ankerkunden abgeschlossen. Zudem widmet ONTRAS seit 2023 die erste Gastransportleitung Deutschlands auf 25 km Länge zwischen Bad Lauchstädt und Leuna auf Wasserstoff um.

Bereits ab der zweiten Jahreshälfte 2025 soll das erste grüne Gas ausgeliefert werden. Unser Ziel ist es, erstmals die gesamte Wertschöpfungskette im industriellen Maßstab abzubilden. Perspektivisch sollen Industrieunternehmen im mitteldeutschen Chemiedreieck mit vor Ort erzeugter, grüner Energie versorgt werden“, erklärt Hans-Joachim Polk, Vorstandsmitglied für Infrastruktur und Technik der VNG AG

Im Reallabor der Energiewende werden acht Windräder bis zu 50 Megawatt erneuerbaren Strom erzeugen. In einem 30 Megawatt-Elektrolyseur soll dieser in grünen Wasserstoff umgewandelt und über die umgestellte Leitung zum Kunden transportiert werden.

Hochlauf grüner Gase

„Um die Wirtschaft und Privathaushalte auch über Erdgas hinaus sicher und wettbewerbsfähig mit Energie zu versorgen, braucht es weiterhin Moleküle wie Biogas und Wasserstoff. Als VNG haben wir im letzten Jahr im Zuge unserer Transformation hin zu grünen Gasen deutlich an Fahrt gewinnen können. Für den Hochlauf grüner Gase gilt es nun, die bereits existierende Transport- und Speicherinfrastruktur zu nutzen. Wir wollen die Region Mittel- und Ostdeutschland auf dem Weg zur Dekarbonisierung unterstützen und so den Strukturwandel und die Energiewende aktiv gestalten“, so Polk weiter.

Beispielsweise arbeitet VNG in einem gemeinsamen Projekt mit dem norwegischen Energieunternehmen Equinor daran, den Rostocker Hafen zu einer Drehscheibe für dekarbonisierte, das heißt CO₂-freie, Energie in Ostdeutschland zu entwickeln. Im Zuge dessen werden Möglichkeiten untersucht, wie dekarbonisierter Wasserstoff aus norwegischem Erdgas hergestellt werden kann.

Eine Anlage im Gigawatt-Maßstab könnte ab 2030 jährlich bis zu 230.000 Tonnen Wasserstoff produzieren und so einen wichtigen Beitrag für den prognostizierten schnell steigenden Wasserstoffbedarf in Deutschland leisten. Zudem wird der Aufbau einer CO₂-Exportinfrastruktur geprüft.

2024 Wasserstoff-Kernnetz im Fokus

Für 2024 blickt Heitmüller mit besonderem Interesse auf die Nationale Wasserstoffstrategie: „Für 2030 wird ein Wasserstoffbedarf in Höhe von 95 bis 130 TWh prognostiziert. Um diese Nachfragen decken zu können, gilt es neben grünem auch dekarbonisierten Wasserstoff zu berücksichtigen. Ebenso wichtig ist die richtige Infrastruktur. Das derzeit diskutierte Wasserstoff-Kernnetz, das Import- und Einspeisepunkte mit relevanten Abnehmern verbindet, ist eine wichtige Voraussetzung für den Wasserstoffhochlauf. Als Betreiber systemrelevanter Infrastruktur ist VNG grundsätzlich gewillt, sich am Aufbau des Kernnetzes zu beteiligen.“

Notwendige Investitionsentscheidungen ordnet Heitmüller wie folgt ein: „In Summe benötigen wir für den Wasserstoffhochlauf einen stabilen und rechtssicheren Rahmen. Nur mit entsprechenden kapitalmarktfähigen Finanzierungsbedingungen können wir langfristige Investitionsentscheidungen tätigen. Aktuell analysieren und bewerten wir das vom Bundestag am 11. April beschlossene Finanzierungsmodell zum Kernnetz intensiv.“

„2024 erwarten wir insbesondere hinsichtlich der Wasserstoffimport- und Wasserstoffspeicherstrategie wesentliche Entscheidungen und Fortschritte“, sagt Heitmüller. „Wir wollen auch in Zukunft für unsere Kunden, die Wirtschaft und Gesellschaft als verlässlicher Partner für Stabilität sowie Kontinuität stehen und für Energie sorgen, die gebraucht wird.“

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