Mit dem Wachstumschancengesetz hat die Bundesregierung einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung unternommen. Elektronische Rechnungen sind künftig im B2B-Bereich verpflichtend. Wir haben zusammengefasst, ab wann sich der Umstieg auf eine kaufmännische Komplettlösung lohnt, und welche Fristen einzuhalten sind.
Das Wichtigste im Überblick
- Die EU-Kommission plant im Rahmen der ViDA-Initiative die Einführung eines elektronischen Meldesystems, welches die bisherigen „Zusammenfassenden Meldungen“ ersetzen soll.
- Bereits seit Anfang letzten Jahres gibt es in Deutschland die Forderung nach der verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung, welche nun Teil des Wachstumschancengesetzes ist.
- Schon am 25.07.2023 hat der EU-Rat diesen Vorstoß mit Durchführungsbeschluss genehmigt und damit den Weg frei gemacht.
- Eine grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung gilt ab dem 01.01.2025. Wegen der Herausforderungen bei der Umsetzung hat der Gesetzgeber jedoch Übergangsfristen eingeräumt.
Deutschland als Vorreiter: Die Hintergründe des digitalen Meldesystems
Im Bereich der öffentlichen Aufträge (B2G) ist die Pflicht zur elektronischen Rechnung bereits seit einigen Jahren fester Bestandteil im geschäftlichen Alltag. Jetzt wird diese auch auf den Austausch zwischen Unternehmen (B2B-Geschäft) erweitert. Ziel der verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung ist die Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug, angestoßen durch die Initiative „VAT the digital age“ (ViDA) der EU-Kommission.
Vor dem Hintergrund dieser Gesetzesänderung hat Deutschland ein verpflichtendes E-Rechnungssystem bereits ab dem 01.01.2025 für Unternehmen aller Branchen und Größen geplant. Damit Deutschland die Pflicht zur elektronischen Rechnung bereits im Vorfeld der EU-Richtlinie durchführen konnte, bedurfte es einer Genehmigung durch den EU-Rat. Diese ist mit Beschluss vom 25.07.2023 erfolgt.
Im Wachstumschancengesetz fasst der Gesetzgeber aktuelle Maßnahmen zusammen, die besonders im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage die Liquidität der Unternehmen stärken sollen. Diese Regelungen dienen zum einen dazu, Wachstumschancen und Investitionen auf nationaler Ebene zu stärken, zum anderen aber auch der Steuervereinfachung und -fairness. Mit dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses vom 21.02.2024 sind die geplanten Änderungen in „trockenen Tüchern“.
Definition der digitalen Rechnung
Mit der Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes müssen sich Unternehmen auch an neue Begriffsdefinitionen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ff. UStG-E) rund um die elektronische Rechnung gewöhnen. Unterschieden wird dann zwischen elektronischen Rechnungen (eRechnungen) und sonstigen Rechnungen.
Eine elektronische Rechnung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UstG-E) ist nach neuer Definition eine Rechnung, die im strukturierten und elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird. Das strukturierte elektronische Format muss der Norm für elektronische Rechnungsstellung entsprechen (CEN-Norm EN 16931) und zudem Teil der Liste der Syntaxen nach der Richtline 2014/55/EU sein.
Vereinfacht gesagt handelt es sich um einen Datensatz, der ausgelesen werden kann – optisch unterscheidet sich dieser nach dem Auslesen nicht von einer Rechnung im Papierformat.
Zeitplan für den Umstieg auf ein digitales Meldesystem
Die Pflicht zur Nutzung elektronischer Rechnungen betrifft Unternehmen aller Branchen und Größen in Deutschland. Nach dem aktuellen Regierungsentwurf tritt sie mit dem 01.01.2025 in Kraft, bis zum Ende des Jahres 2026 sind Übergangsfristen angedacht.
Auf Basis der zu erwartenden Herausforderungen für Unternehmen soll es in einigen Fällen möglich sein, auch bis zum 31.12.2025 Rechnungen, die nicht dem festgelegten Format entsprechen, auszustellen. Dies erfordert dann jedoch immer das Einverständnis des Rechnungsempfängers. Möchten Unternehmen ab diesem Zeitpunkt bereits elektronische Rechnungen des standardisierten Formates versenden, ist keine Zustimmung nötig.
Das bedeutet: Ab dem 01.01.2025 dürfen Unternehmen mit Zustimmung des Empfängers noch abweichende Rechnungen versenden, müssen jedoch in der Lage sein, elektronische Rechnungen nach Definition des Umsatzsteuergesetzes zu empfangen. Es bietet sich demnach an, zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine kaufmännische Komplettlösung umzusteigen.
Sonderfall: Kleine und mittelständische Unternehmen mit einem Gesamtjahresumsatz von unter 800.000 Euro haben bis zum 31.12.2026 die Möglichkeit, mit Einverständnis des Rechnungsempfängers Belege abweichend zum geltenden Dateiformat auszustellen.
Vorteile eines elektronischen Meldesystems für Unternehmen und Mitarbeiter
Auch wenn die Umsetzungszeitpunkte der Pflicht zur E-Rechnung bisher nicht endgültig feststehen, sollten sich Unternehmen bereits Gedanken zum Umstieg machen. Denn dass die elektronische Rechnung zur Pflicht wird, steht nicht mehr zur Debatte.
Um die Anforderungen des Wachstumschancengesetzes erfüllen zu können, ist der erste Schritt die Einführung einer kaufmännischen Komplettlösung für die digitale Rechnungsverarbeitung und ein revisionssicheres digitales Archiv. Für Unternehmen ist die Pflicht zur E-Rechnung zudem keine Einschränkung, sondern vielmehr eine Chance zur Optimierung von Prozessen in Zeiten von Fachkräftemangel und Überlastung.
Konkrete Vorteile ergeben sich sowohl für Unternehmen als auch Mitarbeiter:
- Digitale Rechnungen sorgen für standardisierte und schnellere Arbeitsläufe
- Einsparung bei Personal- und Zeitaufwand durch niedrigere Komplexität
- Umweltfreundlichkeit durch die Reduzierung von Papierverbrauch und CO₂-Emissionen
- digitales Archiv ermöglicht schnellen Zugriff auf relevante Dokumente, etwa im Falle einer Betriebsprüfung
- Verbesserung von Mitarbeiterzufriedenheit und Betriebsklima durch Vereinfachung von Prozessen und Entlastung
Die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung als Chance für kleine und mittelständische Betriebe
In Zeiten von vollen Auftragsbüchern, überlasteten Mitarbeitern und zunehmender Bürokratie führt kein Weg an einer ganzheitlichen, digitalen Belegverwaltung vorbei. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist der Fachkräftemangel spürbar, auch in der Verwaltung. Die elektronische Rechnung erleichtert Prozesse, standardisiert die Rechnungserfassung und beugt Überlastungen zu Stoßzeiten in der Buchhaltung vor.
Eine kaufmännische Komplettlösung ermöglicht nicht nur das unkomplizierte Erstellen, Versenden und Empfangen von Belegen aller Art, sondern umfasst auch ein digitales, revisionssicheres Archiv. Zukünftig können behördliche Vorgänge dadurch schneller ablaufen.
Aktuell hat sich der Bundesrat für eine Verschiebung des Umsetzungszeitpunktes um zwei Jahre ausgesprochen. Grund hierfür seien die großen technischen und organisatorischen Herausforderungen, die von betroffenen Unternehmen durchgeführt werden müssen. Zudem bräuchte die Überarbeitung der CEN-Norm EN 16931 noch zu lange, um das Gesetz mit Beginn des Jahres 2025 einzuführen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob das Gesetz in seiner geänderten Fassung den Bundesrat im zweiten Anlauf passieren wird.
Keine Kommentare bisher