Was sich gestern bereits ahnen ließ, ist seit heute Gewissheit. 14.000 Kunden von Unister, welche bis zum 20. Juli 2016 mit Reisegutscheinen der mittlerweile insolventen Unister-Tochter „U-Deals GmbH“ von 50 bis 100 Euro dazu animiert wurden, bei Unister eine Reise zu buchen, werden wohl leer ausgehen und die Gutscheine nicht erhalten. Nimmt man mal salopp einen Durchschnitt von 75 Euro pro Gutschein-Kunde an, macht dies 1,05 Millionen Euro. Gutes hatte der Unister-Insolvenzverwalter Lucas F. Flöther heute auch zu vermelden. Ab jetzt gäbe es erst einmal keine Probleme mehr mit Buchungen auf den Portalen von „Unister Travel“.
„Buchungen auf Portalen von Unister Travel ab sofort sicher“ lautet die heutige Überschrift in der mittlerweile täglichen Presseinformation der rührigen Kölner Insolvenzkanzlei „Flöther & Wissing“ über eine PR-Agentur. Man habe den laufenden Betrieb insofern wieder herstellen können, als dass nunmehr Unisters Reisesparte nur noch als Vermittler von Leistungen Dritter auftritt. So könnten „Kunden, die ab jetzt bei Unister-Portalen buchen, … sicher sein, dass sie die gebuchte Reiseleistung auch vollständig erhalten“, betonte der vorläufige Insolvenzverwalter Prof. Lucas F. Flöther. „Dies gilt für sämtliche Reiseangebote, neben Flügen und Pauschalreisen auch für Hotels und Mietwagen.“
„Unister Travel“ tritt mit Marken wie Fluege.de und Ab-In-Den-Urlaub.de ausschließlich als Reisebüro auf und habe nun unter Hilfe des Managements und der Belegschaft kleinere Teile seines Geschäftsbetriebs angepasst. Der gute Wind für die laufenden Geschäfte ist wichtig für die Firma, schließlich will man eine Sanierung erreichen. Buchen die Kunden keine Reisen oder Flüge mehr über den Leipziger Portalbetreiber, dürfte diese Idee rasch bei den Akten liegen. Ohne Treue bei den Kunden wird wohl nicht mehr viel vom aktiven Geschäft Unisters in Leipzig bleiben – eine Befürchtung, welche bereits am Mittwoch Noch-Miteigentümer Daniel Kirchhof gegenüber dem MDR äußerte.
Gleichzeitig geht es bei den Bemühungen, das aktive Geschäft am Laufen zu halten, auch darum, eventuellen Investoren zumindest funktionsfähige Teilbereiche des Gesamtunternehmens präsentieren zu können. Will man nicht am Ende nur noch Domains und Kundenadressen im Angebot haben, müssen nun Erfolge her.
Die Reisegutscheine – Konnte das gutgehen?
Dennoch ist insbesondere das Geschäft mit den Reisegutscheinen nunmehr mindestens im Geruch, Teil eines Betruges zu sein. Rund 14.000 Kunden sollen noch laut Insolvenzverwaltung in der Schwebe, also ihre Gutscheine nicht ausbezahlt worden sein. Unister Travel hatte über die Tochter „U-Deals GmbH“ bei Buchung einer Reise Gutscheine im Wert von 50 oder 100 Euro versprochen und diese bereits vor der Insolvenz monatelang, manchmal auch schon ein Jahr lang, nicht ausbezahlt. Parallel warb man aggressiv für eben dieses Argument gegenüber den Kunden bis zuletzt. Auch heute findet sich noch ein Angebot über einen Reisegutschein von 50 Euro auf „ab-in-den-urlaub.de“ online.
Geht es nach Flöther, müssten diese nun aber wieder abgesichert sein.
Wie viele Gutscheine allerdings zu welchem Wert an die Kunden bis zum 20. Juli 2016 ausgegeben wurden, weiß nun allein die Insolvenzverwaltung im Laufe der nächsten Tage genau. Von einem Gesamtwert von einer Million Euro kann man hingegen wohl sicher ausgehen, mancher Kunde hat unter Umständen nicht nur einen Gutschein erhalten und die Masse eventuell auch erst bei 100 Euro Rückzahlung zugeschlagen.
Denn, so die Insolvenzverwaltung heute: „Betroffen sind nach aktuellem Kenntnisstand bis zu 14.000 Kunden, deren Gutscheine von den Vertragspartnern vor Ort möglicherweise nicht anerkannt werden. Entsprechend gibt es auch Fälle, in denen einzelne Hotels bereits bestätigte Anreisen von Kunden ablehnen oder eine doppelte Bezahlung fordern. Die U-Deals GmbH informiert zurzeit die betroffenen Kunden, dass diese Gutscheine zurzeit leider nicht einlösbar sind.“
Lucas F. Flöther selbst betont: „Das Insolvenzrecht lässt uns hier leider keinen Spielraum, die geleisteten Zahlungen fallen in die Insolvenzmasse“. Und diese muss Flöther versuchen, so groß wie möglich zu gestalten, will er noch Zukunftsoptionen für das angeschlagene Unternehmen und die Mitarbeiter erarbeiten.
Allerdings bemühe man sich bereits auch für diese Gutschein-Kunden um „kulante Lösungen.“ Derzeit würden sämtliche Forderungen von Kunden sorgfältig katalogisiert. Flöther prüfe dabei „auch die Möglichkeiten für eine vorrangige Auszahlung geschädigter Kunden.“ Bevor dies jedoch möglich wird, muss der gesamte Überblick über die Unister Holding und alle Tochterunternehmen vorhanden sein. Und noch ist Lucas F. Flöther nur vorläufiger Insolvenzverwalter. In dieser Rolle darf er – hat er keine sogenannte „starke Verwaltung“ beantragt und bereits erhalten – keine Geschäfte abschließen.
Vor allem keine, die dem Unternehmen weitere Geldmittel entziehen. Der Königsweg bleibt wohl nach wie vor: Neue Investoren finden und mit diesen gemeinsam einen Weg finden. Dazu war heute seitens der Kanzlei Flöthers nichts Neues zu vernehmen.
Zum Artikel vom 21. Juli 2016 auf L-IZ.de: Drei weitere Unister-Töchter insolvent
Drei weitere Unister-Töchter insolvent: 650 Mitarbeiter gesamt betroffen
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