Eine neue Dimension der Cyberbedrohung
Eine beispiellose Brute-Force-Attacke mit rund 2,8 Millionen IP-Adressen pro Tag sorgt seit mehreren Wochen für massive Sicherheitsbedenken. Ziel der Angriffe sind VPN-Zugangsdaten, die den Zugriff auf Unternehmensnetzwerke ermöglichen. Besonders betroffen sind Palo Alto Networks, Ivanti und SonicWall – führende Anbieter im Bereich Netzwerk- und Sicherheitstechnologien.
Das gemeinnützige Shadowserver Foundation identifizierte die Quelle der Angriffe: Die meisten verdächtigen IP-Adressen stammen aus Brasilien, Türkei, Russland, Argentinien, Marokko und Mexiko. Diese massive Angriffswelle hebt Brute-Force-Techniken auf ein völlig neues Niveau und stellt herkömmliche Sicherheitsmaßnahmen vor große Herausforderungen.
Wie funktioniert ein Brute-Force-Angriff?
Brute-Force-Attacken basieren auf der systematischen Überprüfung von Benutzername-Passwort-Kombinationen. Automatisierte Skripte testen Millionen von Variationen in kurzer Zeit, bis ein erfolgreicher Zugang gefunden wird. Sobald die Angreifer gültige Zugangsdaten haben, können sie sich in die Geräte einloggen und ungehinderten Zugriff auf Netzwerke erhalten.
Diese Art von Angriff ist nicht neu, jedoch stellt die Masse der beteiligten IP-Adressen eine beispiellose Eskalation dar. Botnetze mit Millionen infizierter Geräte ermöglichen es Angreifern, herkömmliche Abwehrmechanismen zu überlasten und gezielt Schwachstellen auszunutzen.
Expertenmeinungen zu den Angriffen
Chloe Messdaghi (Gründerin von SustainCyber)
- Diese Angriffswelle markiert eine neue Stufe der Bedrohung durch Brute-Force-Methoden.
- Sobald VPN-Zugangsdaten kompromittiert sind, haben Angreifer direkten Zugriff auf Unternehmensnetzwerke.
- Botnetze machen traditionelle Schutzmechanismen nahezu wirkungslos.
Kris Bondi (CEO von Mimoto)
- Brute-Force-Angriffe sind vollständig automatisiert, was eine großflächige Ausnutzung ermöglicht.
- Die Frage ist nicht, ob ein Unternehmen betroffen sein wird, sondern wie oft und ob das Sicherheitsteam die Angriffe überhaupt bemerkt.
- Angreifer nutzen Ablenkungstaktiken, um während eines Angriffs unbemerkt weiter in Netzwerke einzudringen.
Jason Soroko (Senior Fellow, Sectigo)
- Viele betroffene Geräte sind Internet-facing und oft schlecht konfiguriert.
- Veraltete Firmware und schwache Authentifizierungsmechanismen sind häufige Einfallstore für Angreifer.
- Die Industrie muss es Kunden einfacher machen, moderne Authentifizierungsmethoden zu implementieren.
Effektive Schutzmaßnahmen
Die Angriffswelle zeigt, dass klassische Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr ausreichen. Unternehmen müssen auf eine mehrschichtige Verteidigungsstrategie setzen, um solche Bedrohungen abzuwehren.
Maßnahme | Beschreibung |
---|---|
Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) | Reduziert das Risiko durch kompromittierte Zugangsdaten erheblich. |
Starke Passwortregeln | Mindestlänge von 16 Zeichen, komplexe Zeichenkombinationen und regelmäßige Rotation. |
VPN-Software aktuell halten | Sicherheitsupdates schließen bekannte Schwachstellen. |
Ungewöhnliche Logins überwachen | Auffällige Anmeldeversuche frühzeitig erkennen. |
Schwarze Listen für verdächtige IPs | Automatisiertes Blockieren bekannter bösartiger IP-Adressen. |
Zero-Trust-Architektur | Jedes Gerät und jede Anfrage muss überprüft und authentifiziert werden. |
Was Unternehmen jetzt tun sollten
1. Sofortige Absicherung der VPN-Zugänge
- MFA aktivieren: Ohne zusätzliche Authentifizierung keine Anmeldung.
- Standardpasswörter ändern: Viele Angriffe erfolgen über schwache Standard-Zugangsdaten.
- Sichere Protokolle verwenden: Falls möglich, auf stärkere Authentifizierungsmethoden wie Zertifikate umsteigen.
2. Netzwerkaktivitäten intensiv überwachen
- Anomalien erkennen: Plötzliche Anmeldeversuche aus fremden Ländern sind ein klares Warnsignal.
- Logging aktivieren: Alle Zugriffe detailliert dokumentieren.
- Sicherheitsanalysen automatisieren: Moderne SIEM-Systeme können Muster frühzeitig erkennen.
3. Angriffsfläche reduzieren
- IP-Whitelisting nutzen: VPN-Zugriffe nur von vertrauenswürdigen IPs erlauben.
- Netzwerk-Segmentierung: Kritische Systeme isolieren, um eine seitliche Ausbreitung zu verhindern.
- Firewall-Regeln anpassen: Nur notwendige Ports und Dienste öffnen.
4. Patching und regelmäßige Sicherheits-Checks
- Firmware und Software aktuell halten: Veraltete Systeme sind eine der größten Schwachstellen.
- Härtung von Netzwerkinfrastrukturen: Minimierung der Angriffsfläche durch deaktivierte unsichere Dienste.
- Regelmäßige Penetrationstests durchführen: Schwachstellen frühzeitig identifizieren.
Fazit
Diese Brute-Force-Kampagne verdeutlicht, wie stark automatisierte Angriffe inzwischen sind. Unternehmen müssen ihre Netzwerke mit einer Kombination aus Zero-Trust-Strategien, Multi-Faktor-Authentifizierung und intensiver Überwachung absichern.
Angreifer setzen auf Quantität und Ablenkung, während sie im Hintergrund weiter vordringen. Wer sich nur auf klassische Passwortsicherheit verlässt, geht ein enormes Risiko ein. Jetzt handeln ist Pflicht.