Der Begriff “ÖPNV” steht für “Öffentlicher Personennahverkehr”. Er bezieht sich auf das System des öffentlichen Verkehrs, das dazu dient, Menschen in städtischen und ländlichen Gebieten zu befördern. Der ÖPNV umfasst verschiedene Verkehrsmittel, die von der Öffentlichkeit genutzt werden können, darunter Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Regionalzüge.
LVB-Straßenbahn am Wilhelm-Leuschner-Platz. Foto: Ralf Julke
Die Bedeutung des ÖPNV
Zugänglichkeit und soziale Gerechtigkeit: Ein effizienter ÖPNV stellt eine erschwingliche und zugängliche Transportmöglichkeit für Menschen dar, die keinen eigenen PKW besitzen oder diesen nicht nutzen möchten oder können. Dies ermöglicht es Vielen, sich in der Stadt oder Region zu bewegen. Auch Menschen, die aufgrund des Alters oder durch Krankheiten in der Mobilität eingeschränkt sind, haben so die Möglichkeit, an der Gesellschaft teilzunehmen und ihre täglichen Bedürfnisse zu erfüllen.
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Entlastung des Verkehrs: Der ÖPNV trägt dazu bei, den Individualverkehr zu reduzieren, was die Verkehrsbelastung verringert, die Umweltbelastung reduziert und Staus und Verkehrsunfälle minimiert. Mit einer Reduzierung des Verkehrs auf den Straßen geht eine Verbesserung der Lebensqualität der Menschen in den Wohnquartieren einher.
Wirtschaftliche Bedeutung: Der ÖPNV fördert die wirtschaftliche Aktivität, da er Menschen den Zugang zu Arbeitsplätzen, Bildungseinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten und kulturellen Angeboten ermöglicht.
Umweltschutz: Öffentliche Verkehrsmittel sind meist umweltfreundlicher als die Vielzahl an individuellen PKWs, da sie in der Regel weniger Treibhausgasemissionen verursachen. Dies unterstützt die Bemühungen zur Reduzierung der Luftverschmutzung und des Klimawandels.
Stadtentwicklung: Der ÖPNV kann die Stadtentwicklung beeinflussen, indem er die Nutzung von öffentlichem Raum fördert, die Attraktivität von Stadtteilen erhöht und die Abhängigkeit von Automobilen verringert.
Energieeffizienz: Im Vergleich zu privaten PKWs ist der ÖPNV oft energieeffizienter, da er mehr Passagiere pro Fahrzeug transportieren kann.
Die Bedeutung des ÖPNV variiert von Stadt zu Stadt und von Land zu Land, abhängig von der Verfügbarkeit, der Qualität und der Nutzung des öffentlichen Verkehrsnetzes. In vielen urbanen Gebieten – so auch in Leipzig – ist ein gut funktionierender ÖPNV von entscheidender Bedeutung für die Lebensqualität, die Wirtschaft und die Umwelt. Daher wird die Förderung und Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs in vielen Regionen als wichtig angesehen.
In Leipzig übernehmen die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB – Link zur Website und zu unserem Schlagwort LVB) diese Aufgabe, in der Region der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV – Link zur Website und zu unserem Schlagwort MDV).
Randbemerkung: Ein bisschen die Welt verbessern
Der Klimawandel wird immer wieder diskutiert, obwohl die Auswirkungen längst spürbar sind. Schwierig wird es für die meisten Menschen, für sich selbst Dinge zu finden, die sie sofort ändern können – meist ohne großen Aufwand.
Wer sich dafür interessiert, sollte mal die Kosten einer Straßenbahnfahrt einer Autofahrt gegenüberstellen (inkl. Parkgebühren, Versicherungen, Steuern, Tankkosten, …).Hier mal ein Beispiel: Exklusive Studie: Für viele lohnt sich ein Auto nicht
Wir sind überzeugt, dass das Schimpfen vieler Menschen über die “viel zu teuren Ticketpreise” angesichts der immer weiter steigenden Spritpreise an den Zapfsäulen nicht sinnvoll ist. Vielleicht hilft dies ja, in passenden Situationen das Auto doch stehenzulassen und den ÖPNV zu nutzen. Oder das Fahrrad.
Einleitungstext veröffentlicht am: 11.10.2023
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Glaubt man Robert Maihöfner, dem Inhaber der „Löwen-Tanke“, haben sich die Gewerbetreibenden der inneren Jahnallee geschlossen dafür ausgesprochen, dass die Kurzzeitparkplätze vor ihren Geschäften erhalten bleiben. Andere Initiativen forderten zuvor das Gegenteil, unterschrieben von 5.700 Unterstützern einer entsprechenden Petition: geschützte Wege für Radfahrer. Die „Freibeuter“ haben im Stadtrat einen „Runden Tisch“ beantragt, um die verschiedenen Lager miteinander ins Gespräch zu bringen. Es wird um ökonomische Fragen und eine sich wandelnde Stadt gehen.
VideoAufgrund von Falschparkern kommt es auf der Straßenbahnlinie 7 in der Georg-Schwarz-Straße sehr häufig zu Behinderungen und Fahrtausfällen, die sich massiv auf einen großen Teil des öffentlichen Nahverkehrs der Stadtbezirke Alt-West (Alt-Lindenau, Leutzsch) – sowie Böhlitz-Ehrenberg auswirkt. So stellte es ein Bürger zum Begin seiner schriftlichen Anfrage an die Veraltungsspitze am 22. November fest. Was die Verwaltung zu tun gedenke, wurde von Baudezernentin Dotothee Dubrau in der Ratsversammlung mündlich beantwortet.
VideoMit etwas Glück und Willen könnte die Debatte um die zukünftigen Verkehrswege an der „Inneren Jahnallee“ zu einem Musterbeispiel von Bürgerdebatte und Kompromissen werden. Von denen wiederum weiß man ja, dass sie klug gefunden sind, wenn möglichst wenige ein bisschen Schmerzempfinden dabei haben. Und genau darum wird man angesichts des Event-, Studenten-, Schüler- und Berufsverkehrs am knapp 500 Meter langen Teilstück zwischen Leibnizstraße und Waldplatz nicht umhin kommen. Nun geht es darum, wer zum Gesprächsprozess mit allen Betroffenen einlädt und wer alles kommt. Die Stadtverwaltung wurde dazu am 19. September vom Stadtrat bis Ende Februar 2019 verpflichtet.
Von außen sieht es wie eine Machtprobe aus, gar wie ein Scheitern der Pläne, die Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig mit der von ihm eingesetzten ÖPNV-Kommission hatte. Aber tatsächlich legt sein Versuch, die sächsischen Landräte beim Thema Nahverkehr zu einer gemeinsamen Lösung zu bekommen, die Ursachen der sächsischen Nahverkehrs-Misere offen. Ein Thema, das jetzt auch der Verkehrsexperte der SPD-Fraktion, Thomas Baum, anspricht.
Wahrscheinlich spürt es der OBM schon so langsam als sanften Druck im Nacken. Viel zu viele wichtige Konzepte sind in Leipzig viel zu lange aufgeschoben und ausgesessen worden. Im Oktober hat der Stadtrat einhellig das gültige Mobilitätskonzept für Leipzig beschlossen, wohl wissend, dass dafür das LVB-Netz deutlich gestärkt werden muss. Dazu aber braucht es mehr Planungs- und Investitionsmittel. Die aber hat der Finanzbürgermeister noch nicht in den Entwurf zum Doppelhaushalt 2019/2020 geschrieben. Also legen drei Fraktionen jetzt nach.
Gut Ding will Weile haben. Selbst einige Ratsfraktionen wurden schon hibbelig und fragten die Verwaltung entnervt, wo er denn nun bleibe, der neue Nahverkehrsplan. Wo doch selbst OBM Jung jetzt deutlich sagt, dass die Stadt drei riesige Baustellen hat: Wohnen, soziale Infrastruktur und Mobilität. Aber der Entwurf des aktuellen Nachverkehrsplans liegt jetzt endlich vor.
Es ist zwar keine detaillierte Umfrage, die die Umfragewerte auch für einzelne Kommunen ermittelt. Aber das Gesamtbild, das die jüngste Forsa-Umfrage im Auftrag des VCD für deutsche Städte und Gemeinden zeigt, ist deutlich: Die Deutschen empfinden Radverkehr und ÖPNV eindeutig als die Schmuddelkinder der Verkehrspolitik. Hier wird viel zu wenig getan.
Im Juni war die SPD-Fraktion vorgeprescht und hatte einen Antrag gestellt, die Stadt solle die dringend notwendigen Investitionen bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) mit einem jährlichen Zuschuss von 10 Millionen Euro unterstützen. Dafür bekam sie postwendend verbale Unterstützung aus der Linksfraktion. Aber jetzt hat sie ihren Antrag noch einmal überarbeitet – zusammen mit der Freibeuter-Fraktion. Am Freitag, 17. August, erklärten beide, warum.
VideoOb es die brüllende Hitze oder eine „Wird-doch-eh-alles-teurer“-Apathie war – es blieb jedenfalls im kleinen Rahmen mit etwa 40 Teilnehmern. Doch so mancher Passant konnte dann doch das eine oder andere nicht überhören. Die Linke hatte zum Kleinen Willy-Brand-Platz geladen, um am Vortag der erneuten Erhöhung der LVB-Fahrpreise am 1. August 2018 für andere Lösungen im ÖPNV zu werben. Denn auch in diesem Jahr hat es erneut kein grundlegendes Umdenken in der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs gegeben. Bezahlen werden also weiterhin die Fahrgäste der LVB, markant dieses Mal auch beim Stundenfahrschein und dem Monatsabo.
Die SPD hat ein Problem – nicht nur die sächsische. Sie bevorzugt die vorsichtigen Schritte, die Kompromisse und verlässlichen Absprachen. Und damit hat sie auch Erfolge. Lauter kleine Schritte, die aber in der Wahrnehmung des Wählers gar nicht ankommen. Und selbst da, wo sie auf den Tisch hauen könnte, agiert sie mit Kommissionen und Kompromissen. So wie in der Verkehrspolitik in Sachsen. Jetzt drückt die Linsfraktion aufs Gaspedal.
Der Handlungsdruck in der Inneren Jahnallee steigt. Als Thomas Schulze, Leiter der Abteilung Straßenverkehrsbehörde im Verkehrs- und Tiefbauamt, vor einem Jahr zum Unfallgeschehen in der Inneren Jahnallee befragt wurde, sagte er noch: „Das ist kein Unfallschwerpunkt.“ Und ein Jahr drauf hätte er es wohl auch gesagt. Er ist Vorsitzender der Verkehrsunfallkommission. Und die hält sich an strenge Regeln. Die sich aber oft genug als ziemlich weltfremd erweisen.
Nachdem es über drei Jahre nicht voranging an der inneren Jahnallee und sich die Unfälle mehrten, geht es nun Schlag auf Schlag. Während Volker Holzendorfs (Grüne) Petition für einen sogar ganz gegen Pkw abgesperrten Radweg bereits die 2.000er Unterstützermarke unter den Leipzigern übersprungen hat, möchte nun die Linksfraktion im Leipzig Stadtrat Nägel mit Köpfen machen. In einem Antrag vom 15. Juni fordert sie: Die Parkplätze auf der inneren Jahnallee entfallen, es werden beidseitig Radwege geschaffen und eine Extraregelung für die Belieferung der Geschäfte muss her.
Es dauert alles viel zu lange – bei der Radverkehrsplanung, bei der Nahverkehrsplanung, bei der Frage nach den zumutbaren Fahrpreisen. Nachfragen an die Verwaltung treffen immer nur auf ausweichende Antworten. Jetzt preschen Linksfraktion und Grünen-Fraktion in einem gemeinsamen Antrag vor und beantragen die Erhöhung des Zuschusses an die LVB von ungenügenden 45 Millionen Euro auf mindestens 50 Millionen in den Jahren 2019 und 2020.
Man kann ja irrewerden in diesem Metier: Aller paar Jahre wiederholt sich dieselbe Debatte über dieselben Themen mit denselben wilden Argumenten. Und dann fällt sie in sich zusammen und interessiert die üblichen Windmacher die nächsten vier Jahre nicht die Bohne, bis man wieder ordentlich Rabatz macht. Im Februar ereiferte sich ja die halbe Bundesrepublik über das Nonsens-Thema „Fahrscheinloser ÖPNV“.
Als die LVZ jüngst (am 18. April) aus dem Verspätungsdilemma der LVB eine „Die KarLi ist eine Planungs-Katastrophe“-Geschichte machte, tauchte am Rande natürlich wieder die Frage auf: Sind die Straßenbahnen der LVB nicht viel zu langsam? War da nicht jüngst wieder so ein Spaß-Ranking, bei dem die „langsamste Straßenbahn Deutschlands“ gekürt wurde? Die Rote Laterne bekam ja dann irgendwie Bielefeld verpasst.
Am Montag, 26. März, machte der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) öffentlich, was die Gesellschafterversammlung dieses Verbandes am Freitag, 23.März, beschlossen hat. Und das waren – wie gewohnt – heftige Tarifsteigerungen im öffentlichen Nahverkehr – auch in Leipzig.
Am Donnerstag, 15. März, debattierte der Sächsische Landtag über mögliche Dieselfahrverbote in Innenstädten. Während solche Fahrverbote in Städten wie Köln, Hamburg oder Stuttgart relativ real sind, sind Sachsens Großstädte noch ein Stück weit entfernt von so einem Verbot. Und sie haben noch deutlich mehr Mittel gegenzusteuern. Auch wenn dann im Landtag doch wieder wild durcheinander debattiert wurde.
Als das Bundesverwaltungsgericht am 27. Februar feststellte, dass beschränkte Fahrverbote in deutschen Großstädten rechtmäßig sind, wurde die Eile der Bundesregierung, jetzt schnell mal über „kostenlosen ÖPNV“ nachzudenken, verständlicher. Einen Tag später wird auch die zuvor bekämpfte „Blaue Plakette“ forciert. Dabei geht es bei der dicken Luft in den Städten um ein ganz anderes Versagen: die wilde Sparorgie dem Nahverkehr gegenüber.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig und die Frage des innerstädtischen Verkehrs bis hin zum ÖPNV wird sicher auch die Februarsitzung des Stadtrates prägen. Immerhin steht eine durchaus passende Vorlage der Linksfraktion zur Abstimmung. So soll es ein Durchfahrtsverbot für LKW ab 3,5 Tonnen für ganz Leipzig geben, sofern diese keinen Ziel- oder Quellstandort in Leipzig haben. Der zweite Grund neben der Luftreinheit ist die LKW-Maut, welche ab 1. Juli 2018 startet. Diese Debatte und weitere Beschlusspunkte begleitet die L-IZ.de wie gewohnt mit Livestream und Berichten.
Die ganze Nation diskutierte wie wild über die auf einmal am Horizont wolkende Idee, es könnte in Deutschland demnächst „kostenlosen ÖPNV“ geben. Weil das so in einem Brief der Bundesregierung an den EU-Umweltkommissar gestanden hätte. Hatte es aber nicht. Mit fünf möglichen Projektstädten wollte man dazu erst mal reden. Aber die Begeisterung dort hält sich in Grenzen. Was den Bahnkunden-Verband nicht davon abhält, über kostenlose ÖPNV-Nutzung nachzudenken. Oder besser: das, was vorher passieren müsste.
Politik ist eigentlich eine Arbeitsaufgabe, in der gewählte Politiker Lösungen für aktuelle Probleme suchen und finden müssen. Wenn sie es nicht tun, passiert genau das, was am 22. Februar am Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurde: Dann drohen Verbote. Fahrverbote in diesem Fall, weil deutsche Politik das Thema acht Jahre lang komplett verweigert hat. Entsprechend deutlich sind die Kommentare der Umweltverbände zum Urteil vom 27. Februar.
Seit 2010 gelten die Grenzwerte für Stickoxid in Europas Städten. Acht Jahre lang hatten zwei Bundesregierungen Zeit, das Problem zu lösen und die Dieselautobauer in die Pflicht zu nehmen. Seit fast drei Jahren gärt der Dieselskandal. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar war genau so zu erwarten. Danach sind - beschränkte - Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten grundsätzlich zulässig.
Es steht ja so einiges drin in dem Brief, den Dr. Barbara Hendricks, Peter Altmaier und Christian Schmidt am 11. Februar an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella geschickt haben. Aber dass sie jetzt mehreren deutschen Städten kostenlosen ÖPNV schenken wollen, stand nicht drin. Hätte auch gar nicht stehen können. Das Geld steht nirgendwo im Bundeshaushalt bereit. Aber der Brief war ein Zeichen. Eine Art Winken in höchster Not: Denn seinen ÖPNV hat Deutschland sträflichst vernachlässigt.
Der Brief, den die Bundesminister Barbara Hendricks, Peter Altmaier und Christian Schmidt am 11. Februar an EU-Kommissar Karmenu Vella schickten, hat ja mittlerweile ein ganzes Land in Aufregung versetzt, weil unter anderem darin steht, dass man erwäge, „zusammen mit den Ländern und der lokalen Ebene“ ÖPNV kostenfrei zu machen. Oder fahrscheinlos? Da streiten sich die Geister. Aber auch Stadtrat Dieter Deissler findet, dass sich Leipzig bei so einem Projekt bewerben sollte.
Es rauschte ja wie ein Wirbelwind durch alle Medien: Die Bundesregierung wolle auf einmal kostenlosen ÖPNV für alle. Selbst Zeitungen, die sich noch nie mit den wirklichen Nöten von ÖPNV-Nutzern, Kommunen, Pendlern und Sozialticket-Nutzern beschäftigt haben, bläkten am Dienstag, 13. Februar: „Kostenloser ÖPNV für alle!“ Man fühlte sich wie auf einem Basar, auf dem schrille Clowns gleich mal das ganze Inventar anpriesen: „Alles für umme, Leute! Greift zu!“ Eine Republik voller Jahrmarktclowns.
Die Debatte um den „kostenlosen ÖPNV“ lenkt auch den Blick auf den bürokratischen Unfug, den ÖPNV-Nutzer in Sachsen tagtäglich erleben. In jedem Verbandsgebiet gelten andere Tarife und Beförderungsbedingungen. Wer Tarifgrenzen überschreitet, zahlt ordentlich drauf. Seit der Landkreis Bautzen nicht mehr mit einem Zipfel im Zweckverband Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) sein will, kocht auch in der Lausitz der Ärger hoch.
Eigentlich war es nur ein schnell mal ausgedachter „Vorschlag“, den die geschäftsführenden Minister Barbara Hendricks (SPD, Umwelt), Christian Schmidt (CSU, Verkehr) und Peter Altmaier (CDU, Kanzleramt) da in allerletzter Minute an die EU-Kommission schickten, um Deutschland vor Strafen wegen der schmutzigen Luft in vielen Städten zu bewahren. Aber die Debatte im Land zeigt: Das Thema brennt. Es ist überfällig, endlich wieder ÖPNV-Politik zu machen. Und Leipzig sollte eine Modellkommune für fahrscheinlosen ÖPNV werden, fordert Ute Elisabeth Gabelmann.
Der Fahrgastverband PRO BAHN freut sich über die Erkenntnis der Bundesregierung, mit deutlich mehr Öffentlichem Personen-Nahverkehr (ÖPNV) einen wesentlichen Beitrag zur Schadstoffreduzierung der innerstädtischen Luft zu leisten. Aber so einfach, wie es sich die Regierung denkt, geht es nicht. Schon gar nicht so schnell, dass man damit von heute auf morgen die Probleme der Luftbelastung löst.
Da schreiben drei gelangweilte Minister einen Brief nach Brüssel, machen einen Vorschlag, für den nirgendwo Geld vorgesehen ist – und ein ganzes Land bricht in Jubel aus. Was ist das für eine Republik geworden? Auch in Leipzig ist der Jubel groß. Aus gutem Grund. Die hiesigen Politiker wissen, wie wichtig ein attraktiver ÖPNV für eine Großstadt ist, die nicht im Stau ersticken möchte. Aber muss er denn kostenlos sein?
Am 22. Februar wird es ernst. Dann steht die bundesdeutsche Verehrspolitik in Leipzig vor Gericht in Leipzig. Dann verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über die Revisionen der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegen die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Aber auch wenn es scheinbar nur um Fahrverbote in Köln und Stuttgart geht, steht damit auch die verkorkste Verkehrspolitik der letzten beiden Bundesregierungen im Rampenlicht. Vor dem Hintergrund eines Briefes an die EU gleich mehrfach.
Auf einmal ist große Hektik ausgebrochen in Berlin, schreiben Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) einen Eilbrief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella, um die drohende Klage der EU-Kommission wegen der dicken Luft in deutschen Städten abzuwenden. Und mit dem kostenlosen ÖPNV steckt ein richtig fettes Versprechen in dem hastigen Briefchen.
Politisches Denken ist eigentlich Denken in Alternativen und Variablen. Aber wer hat da in Mathematik schon aufgepasst? Wer hat sich das gemerkt? Dass derzeit in Leipzig so schräg über Mobilität debattiert wird, liegt auch an der fehlenden mathematischen Kompetenz vieler Diskussionsteilnehmer. Sie können sich nicht vorstellen, was 10 oder 100 Millionen Fahrgäste mehr im ÖPNV bedeuten. Sie sitzen im Auto und denken Auto. Und möchten den Nahverkehrsplan gern zerschießen.
„Uns freut, dass der Freistaat Sachsen die Verkehrsunternehmen in der Region Leipzig und Nordsachsen dieses Jahr mit mehr Mitteln – insgesamt 43,4 Millionen Euro – unterstützt", freuten sich am Donnerstag, 18.Januar, die Leipziger Landtagsabgeordneten Holger Mann und Dirk Panter (beide SPD). Kurz zuvor hatte das SPD-geführte Verkehrsministerium die Summe für das ÖPNV-Landesinvestitionsprogramm 2018 bekannt gegeben; 136,7 Millionen Euro. Das klingt viel. Ist es aber nicht.
Das Grundproblem an der ÖPNV-Strategiekommission, die am 15. Dezember 2017 endlich ihren Abschlussbericht vorlegte, war ihre Zusammensetzung. Wer wieder nur die Vertreter aller Verkehrsverbünde, der Fraktionen und der Ministerien in so ein Gremium beruft, der bekommt am Ende genau das, was jetzt auch der VCD beklagt: einen mutlosen Vorschlag, der vor allem das Bestehende bestätigt. Will ja keiner seinen Einfluss verlieren oder seine Mitglieder erschrecken.
Bei den Stellungnahmen zum am Freitag, 15. Dezember, vorgelegten Bericht der ÖPNV-Strategiekommission merkt man, wie sehr die Sichtweisen auseinanderklaffen. Die einen scheinen schon happy, wenn man den ÖPNV irgendwie am Laufen halten und ein paar nützliche Dinge wie das Bildungsticket bekommen kann. Die anderen hatten ein wirklich modernes und attraktives Konzept erwartet – und bekamen eine halb verhungerte Maus.
Ziel der im Mai 2015 gegründeten ÖPNV-Strategiekommission war eigentlich die Entwicklung einer Gesamtstrategie für einen leistungsfähigen, kundenorientierten und wirtschaftlichen ÖPNV in Sachsen. Die Erwartungen waren hoch. Die Enttäuschung am Freitag, 15. Dezember, war entsprechend groß. Das 180-seitige Ergebnis schwankt zwischen einem ängstlichen „Weiter so“ und einem ebenso ängstlichen „Wir könnten ja mal“ für die Zukunft.
„Investitionen in den Nahverkehr, neue Radwege und mehr Ladestationen für E-Autos!“ Das ungefähr ist der Strauß von Möglichkeiten, mit denen die Bundesregierung glaubt, die Luftgrenzwerte in deutschen Städten minimieren und (Diesel-)Fahrverbote vermeiden zu können. 1 Milliarde Euro sollen dafür im „Dieselfonds“ zur Verfügung gestellt werden, so ein Ergebnis des nunmehr dritten „Dieselgipfels“ am 28. November. Der Bahnkundenverband hat da noch ein paar andere Ideen.
Wir haben das Thema nicht ohne Grund groß auf die Tafel gehoben. Es ist ein Thema, bei dem die Bewohner des Freistaats tagtäglich merken, wie ihre Lebensqualität eingeschränkt wird. Wenn der Bus nicht mehr hält im Dorf, die Zugverbindung gestrichen wird und Schulen, Ärztehäuser, Supermärkte nur noch mit dem Auto erreichbar sind, dann ist was falsch gelaufen im Sparkonzert. Was selbst die sächsischen NaturFreunde empört.
Das sechste der am Dienstag von OBM Burkhard Jung vorgestellten Mobilitäts-Szenarien für Leipzig ist nicht nur das auf den ersten Blick teuerste, es ist auch rechtlich nicht umsetzbar. Es hat nämlich mit dem 2014 gestarteten Versuch zu tun, neue Finanzierungsquellen für den ÖPNV aufzutun – wie zum Beispiel das heiß diskutierte Bürgerticket.
Die sechs Mobilitäts-Szenarien, die die Stadtratsfraktionen am Samstag, 28. Oktober, in einem Workshop erstmals diskutieren, beschreiben vor allem Möglichkeitsräume, wie Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes betont. Am Ende wird es der Leipziger Stadtrat sein, der im Frühjahr 2018 beschließt, welches Szenario Leipzig als Möglichkeitsraum betritt. Es kann auch passieren, dass alle feststellen: Leipzig kann alle seine Träume begraben.
Das Szenario einer richtigen Fahrradstadt Leipzig ist natürlich sehr konsequent gedacht. Aber eigentlich für Leipzig kein Weihnachtsmärchen. Denn andere Städte – man denke an Münster oder Kopenhagen – schaffen locker Fahrradanteile am Verkehr von über 30 Prozent. Leipzig, obwohl es flach in der Mitteldeutschen Tiefebene liegt und ideale Bedingungen zum Radfahren hätte, kommt gerade mal auf die Hälfte.
Die beiden Mobilitätsszenarien, die bei den LVB ein Weiterso beschreiben (bei dem die Kosten trotzdem steigen), sind in allen sechs vorgestellten Szenarien natürlich die preiswertesten. Ungefähr nach dem Motto: Was kann sich eine arme Stadt wie Leipzig eigentlich noch leisten? Ziemlich deutlich zeigen alle beide: Wenn Bund und Land sich bei der ÖPNV-Finanzierung nicht bewegen, bekommt Leipzig massive Verkehrsprobleme.
Auf das Szenario kommt man, wenn man den Wunsch vieler LVB-Fahrgäste aufnimmt, dass die Fahrpreise endlich mal gedeckelt werden. Das würde wohl dazu führen, dass die Fahrgastzahlen noch schneller steigen – nur das Angebot nicht. Das System würde schon in den nächsten Jahren aus den Nähten platzen. Und trotzdem teurer werden. Denn was die Fahrgäste nicht extra bezahlen, muss die Stadt als zusätzlichen Zuschuss geben.
Sechs Mobilitätsszenarien haben Leipzigs Verkehrsplaner erarbeitet, um überhaupt erst einmal griffige Visionen für die Leipziger Verkehrsentwicklung bis 2030 zu entwickeln. Alle sechs gehen davon aus, dass Leipzigs Bevölkerung bis 2030 so weiterwächst wie bisher und dann 700.000 Menschen in der Stadt leben. Unterwegs sind noch viel mehr. Und wenn Leipzig Pech hat, fahren die meisten im Auto und der Stau verstopft die Stadt.
Das Mega-Thema im Verkehr wird nicht E-Auto heißen. Es wird ÖPNV heißen. Denn nur so lässt sich überhaupt ein Ansatz von nachhaltigem Verkehr in modernen Städten und Landschaften herstellen. Noch immer hat Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) sein Nahverkehrskonzept für Sachsen nicht vorgelegt. Dafür kritisierte ihn am Donnerstag, 28. September, der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion Marco Böhme.
Die Debatte drehte sich am 7. September 2017 in der Ratsversammlung darum, ob man dem Unternehmen Leipziger Verkehrsbetriebe zu enge Fesseln anlegt, wenn man der Verhandlung für die Planung im Jahr 2018 die Maßgabe mitgibt, dass die Preise auf keinen Fall erhöht werden dürfen. Die Linke brachte eben diesen Antrag in den Stadtrat ein, auch, um den Druck auf die kommenden Entscheidungen im Herbst dieses Jahres für nächstes Jahr zu verstärken. Und somit weitere jährliche Kostensteigerungen von 4,9 bis 6 Millionen Euro dieses Mal noch vor jeder weiteren Planung nicht von den Fahrgästen zu verlangen.
Für FreikäuferManchmal hat man das Gefühl, Politiker haben gravierende Probleme, das Funktionieren moderner Gesellschaften in ihrer Komplexität zu erfassen. Kaum stecken die Diesel-Autobauer wegen Schummelei allesamt in der Klemme, wird emsig die Zukunftstechnologie Diesel beschworen. Weil tausende Arbeitsplätze dran hängen, wie auch Verkehrsminister Martin Dulig am 30. August beschwor. Aber was hat das eigentlich mit der Zukunft der Städte zu tun?
Seit Donnerstag ist der Entwurf zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept „Leipzig 2030“ zur Diskussion freigegeben. In Vielem bleibt er – notgedrungen – vage. Denn etliche Pläne, auf denen er aufbaut, sind noch immer in Arbeit. So wie der Nahverkehrsplan. Dabei attestiert selbst das Stadtentwicklungskonzept, dass man hier wertvolle Jahre einfach vertrödelt hat.
Für FreikäuferDie Katze ist aus dem Sack: Am Montag, 21. August, vermeldete die „Mitteldeutsche Zeitung“, dass sämtliche sogenannten „alternativen Finanzierungsvorschläge“, mit denen zusätzliches Geld in den ÖPNV gespült werden sollte, vom Tisch sind. Das heiß diskutierte „Bürgerticket“ (das die MZ verräterischerweise „Zwangsticket für alle“ nennt) genauso wie der Rest der Vorschläge. Sie werden allesamt nicht weiter verfolgt. Und nun?
Für FreikäuferEs war nicht der erste Vorstoß der Linksfraktion zu einem Tarifmoratorium für die LVB. Und es ist auch nicht der erste, dem Leipzigs Verwaltung mit völligem Unverständnis begegnet. Sie hält einen Auftrag an den OBM, in dem Gremium des MDV gegen eine Erhöhung der Fahrpreise zu stimmen, für rechtswidrig. Eine Feststellung mit Tücken. Selbst wenn sie auf den ersten Blick stimmt.
Für FreikäuferEigentlich müsste es im neuen Nahverkehrsplan der Stadt eine wichtige Rolle spielen: Wie bindet man die Unternehmen im Leipziger Norden besser an den ÖPNV an? Aber der neue Nahverkehrsplan steckt immer noch in der Verwaltung fest, hat über ein Jahr Verspätung. Und im Norden muss weiter improvisiert werden. Deswegen kommt jetzt noch eine PlusBus-Vorlage in den Stadtrat, in der man auch lauter unvollendete Überlegungen zum Leipziger Norden lesen kann.
Zum Entwicklungskonzept für den Clara-Zetkin-Park gehören natürlich auch Überlegungen, wie man mit dem ÖPNV besser hinkommt, ob man mit Straßenbahn oder Bus vielleicht besser hinkommen könnte, als das jetzt der Fall ist. Könnte man. Aber das verhindert die alte Verkehrspolitik in Leipzig. Und so gibt es auch ein Pünktchen „Ergänzung ÖPNV“ im Konzept, in dem mit traurigem Ton abgehandelt wird, warum mehr ÖPNV für den Park derzeit nicht zu machen ist.
Wenn eine Stadt so wächst wie Leipzig, dann erhöhen sich umgehend auch alle Zahlen im Verkehr. Bis hin zu den Autos, die in den Straßen stehen. Das war ja schon im Dezember die kleine Überraschung im damals vorgestellten Quartalsbericht Nr. III/2016: Nicht alle Autos, die in Leipzig herumstehen, sind tatsächlich auch in Leipzig registriert. Die tatsächliche Pkw-Zahl liegt 15 bis 20 Prozent über der amtlichen.
Da hat OBM Burkhard Jung ja was gesagt an diesem 24. April nach der Sitzung des Präsidiums des Deutschen Städtetages in Leipzig: Die Schallgrenze für die Fahrpreise im ÖPNV ist erreicht. Nicht nur Leipzig hat das Problem. Aber hier kommt es jetzt wieder zum Kräftemessen im Stadtrat. Am Mittwoch, 17. Mai, liegt der Antrag der Linksfraktion für ein Tarifmoratorium auf dem Tisch.
Für manchen Leipziger Politiker klang erstaunlich, was am Dienstag, 25. April, aus der Präsidiumssitzung des Deutschen Städtetages in Leipzig zu hören war. Die Linksfraktion im Leipzier Stadtrat zum Beispiel war baff. Mit Erstaunen habe man die Stellungnahme zu Umweltplakette und ÖPNV vernommen, da in der jüngsten Vergangenheit die Handlungen des Oberbürgermeisters, welcher Mitglied im Präsidium des Deutschen Städtetages ist, diesen Forderungen widersprechen würden.
Warum sollte man es nicht deutlich sagen? Die letzten Bundesregierungen haben – was die deutschen Städte betrifft – eine kontraproduktive Politik gefahren. Sie haben sie nicht nur bei der Luftbelastung im Stich gelassen, sondern noch viel stärker bei der Verkehrsbelastung. Alle Städte leiden unter der miserablen Finanzierung des ÖPNV. Auch das war Thema bei der Leipziger Sitzung des Deutschen Städtetages am Dienstag, 25. April.
Man kann ja jahrelang darüber schreiben, dass Leipzig blindlings hineinläuft in eine Wohnungsklemme, dass tausende preiswerte Wohnungen fehlen werden. Aber was hilft das, wenn gewählte Politik mit der Wünschelrute Politik macht? Zumindest klang ziemlich dramatisch, was da am Mittwoch, 19. April, bei einem Forum, zu dem die SPD ins Neue Rathaus eingeladen hatte, verkündet wurde.
„Arm, sexy und willig“, am Ende kam dann die große Pleißestadt Leipzig doch noch auf einen knappen Nenner. Denn was sich derzeit staut an ungelösten Problemen in Leipzig, das ist das Ergebnis aus Jahren der Verzögerung, des Abwartens, Abwägens, Zögerns. Aktuellstes Thema: der Nahverkehr. Stoff gleich für mehrere Artikel in der neuen „Leipziger Zeitung“. Nr. 42 liegt morgen am Kiosk und im Lieblings-Laden.
Uns fehlt ja immer irgendwas. Immer wieder haben wir das dumme Gefühl, dass in Umfragen der Stadt nur die Hälfte abgefragt wurde und das Wichtigste fehlt. Auch in der Befragung von 5.000 älteren Leipzigern für die Umfrage „Älter werden in Leipzig 2016“. Nicht nur nach den arbeitenden Senioren über 65 hat man nicht gefragt, man hat auch das Mega-Thema Mobilität verpennt. Wirklich verpennt.
Es ist nicht unbedingt ein Geniestreich, was die Autoren des Standpunkt-Papiers der Friedrich-Ebert-Stiftung „MOBILITÄT 2050 – demokratisch, nachhaltig und digital vernetzt“ da zusammengeschrieben haben. Dazu kommen sie aus viel zu unterschiedlichen Interessengruppen. Und sie wollen niemandem wehtun, auch wenn sie von „einer längst überfälligen Verkehrswende“ schreiben.
Augenscheinlich haben doch wieder fast alle Kollegen auf den großen Aufreger geschaut: Kriminalität und Sicherheit in Leipzig. 48 Prozent der befragten Leipziger nannten es in der „Bürgerumfrage 2016“ als „größtes Problem“. Das schien wie eine Bestätigung für die wilde Kriminalitätsberichterstattung in der Stadt. Oder ist es vielleicht andersherum?
Am Donnerstag, 23. März, hat die IHK zu Leipzig wieder ein paar Daten aus ihrer Verkehrsstudie bekannt gemacht und daraus eine lange Forderungsliste für die Stadt abgeleitet, die vor allem Investitionen in neue Straßen bedeutet. Doch dieselben Daten können auch zu völlig anderen Erkenntnissen und Lösungen führen, stellt Franziska Riekewald, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Stadtrat, fest.
Wie fließt zusammen, was zusammengehört? Das ist die Frage, mit der sich die Verkehrsplaner großer Städte heute zwingend beschäftigen müssen. Sonst ersticken die Städte im Verkehr. Seit der Diskussion um den City-Ring liegt das Thema auch in Leipzig wieder auf dem Tisch. Und unübersehbar steuert alles wieder auf eine Kollision der Unvereinbarkeiten zu. Weil eins unübersehbar fehlt: eine echte Vision.
Das neue Konzept „Leipzig – Stadt für intelligente Mobilität“ sollte zwar heute von Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht vorgestellt werden. Aber der Bürgermeister musste sich krank melden. Dabei wartet hier ein Berg Arbeit. Denn wenn Leipzig seine Klimaschutzziele erreichen will, muss der Umstieg auf alternative Antriebsarten viel schneller vorangehen. Und die Wirtschaft muss mit ins Boot. Das ist der Hauptzweck des Konzepts.
Die Gesellschafterversammlung des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) hat am Montag den 20. März das getan, was sie immer tut, wenn der Frühling kommt: eine neue Preiserhöhung der Fahrtarife im ÖPNV und damit auch für die Leipziger Verkehrsbetriebe, selbst Gesellschafter des Verbunds, beschlossen. Auch gleich ist der 1. August, dieses Mal 2017 nach 2016, 15, 14 usw.. Gründe, welche der MDV in seiner Mitteilung zu den neuen Zahlen mitteilte, gibt es sicherlich.
Natürlich muss man sich über den Verkehr in einer Stadt wie Leipzig Gedanken machen. Das ist überfällig. Die Probleme von heute sind die unterlassenen Investitionen von gestern. Und damit sind ganz bestimmt nicht fehlende Parkhäuser und Tiefgaragen gemeint. Denn 2016 hat Leipzig eine Schwelle überschritten. Eine, die deutlich zeigt, wie spät dran Leipzigs Verkehrspolitik ist.
Wer einen zukunftsfähigen ÖPNV haben will, der muss ihn bezahlen. So einfach ist es eigentlich. Und so schwer. Und ganz bestimmt hätte OBM Burkhard Jung dereinst nicht erwartet, dass es die SPD-Fraktion im Stadtrat sein wird, die sagen wird: So geht es nicht! Man sichert den ÖPNV nicht mit „alternativen Finanzierungsquellen“. Und man stopft damit auch keine selbst verursachten Löcher.
Seit 2015 befinden sich Leipzigs Fraktionen in einem seltsamen Modus. Wie eine Mohrrübe wurde ihnen das Versprechen präsentiert, man könne den Leipziger ÖPNV mit „ergänzenden Finanzierungswegen“ sichern. Selbst Linksfraktion und Grünenfraktion glauben an das Heilsversprechen – und haben jetzt gemeinsam einen Antrag gestellt, den OBM in die Spur zu schicken.
Natürlich geht es nicht um einen zweiten City-Tunnel. Erwähnen wir es an dieser Stelle einfach mal: Als OBM Burkhard Jung am Dienstag, 28. Februar, von einem zweiten S-Bahn-Tunnel schwärmte, bat er die versammelte Presse auch: „Bitte zitieren Sie mich nicht: Jung will zweiten S-Bahn-Tunnel.“ Aber genau so wurde er dann doch zitiert. Seitdem diskutiert die Stadtgesellschaft wieder wie blöde über einen zweiten Tunnel.
Das ist wieder so ein schönes Thema zum Festbeißen: Braucht Leipzig einen zweiten City-Tunnel in Ost-West-Richtung? Kann man so die Leipziger Verkehrsprobleme lösen? Es ist so ein altes Leipziger Riesenprojekt, mit dem man von den eigentlichen Problemen des Tages ablenken kann. Daran erinnern mitten in dieser neuen, irrelaufenden Diskussion Grüne und Linke.
Da hat aber der Wirtschaftsjournalist Helge-Heinz Heinker was angerichtet, als er bei einer Pressekonferenz mit Oberbürgermeister Burkhard Jung am Dienstag, 28. Februar, mal so beiläufig nach neuen Tunnelbauplänen fragte. Und siehe da: Der OBM lässt zumindest darüber nachdenken. Und das gibt jetzt richtig Feuer im Stadtrat.
Eigentlich sollte Leipzig schon längst drinstecken in der Diskussion um den neuen Nahverkehrsplan. Im Spätsommer 2016 hätte der Vorschlag mit drei verschiedenen Szenarien vorliegen sollen. Unruhig, dass das Papier nicht vorlag, wurden die Fraktionen erst im Februar. Am Dienstag, 28. Februar, hat OBM Burkhard Jung jetzt zumindest angedeutet, woran das liegt.
Die Vorlage der Szenarien zum Leipziger Nahverkehrsplan verzögert sich – um mindestens ein halbes Jahr. Das kann vorkommen. Besonders dann, wenn der Stadtrat eine deutliche Verschärfung der Bedingungen definiert, was Leipzigs Stadtrat ja getan hat, als er den Grünen-Antrag mehrheitsfähig machte, der eben drei verschiedene Szenarien für Leipzigs Stadtverkehr forderte. Drei mögliche Visionen. Die Verwaltung selbst packte noch was drauf.
Eigentlich klang es richtig berauschend, was das Sächsische Verkehrsministerium am Mittwoch, 8. Februar, gemeldet hat: „Auch im Jahr 2017 wird die Investitionsförderung für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf hohem Niveau fortgeführt. Der diesbezügliche Startschuss erfolgte heute mit der Vorstellung des Landesinvestitionsprogramms im ÖPNV-Beirat.“ Verglichen mit einigen Vorjahren war das wirklich eine gute Nachricht.
Manchmal muss man ja auch mal bei Anderen lesen, wie die das sehen mit dem ÖPNV und so. Kann ja sein, wir sitzen hier in Leipzig in unserem Mustopf und sehen die Dinge völlig falsch. In ihrer neuesten Ausgabe hat sich jetzt die „Zeit“ einmal das Angebot in den deutschen Großstädten vorgeknöpft. Leipzig kommt dort – was zu erwarten war – natürlich nicht in der Spitzengruppe vor.
So geht es einfach nicht weiter mit dem Leipziger ÖPNV. 2017 ist das Entscheidungsjahr, in dem sich zeigen muss, ob Leipzig einen zukunftsfähigen ÖPNV bekommt oder weiter ein System behält, in dem es vorn und hinten nicht reicht. Der neue Nahverkehrsplan soll Ende des Jahres beschlossen werden und der Ökolöwe sammelt jetzt die Ideen und Vorschläge der Leipziger, wie das Ganze besser werden kann.
Carsten Schulze-Griesbach hat sich Zeit gelassen, um die Anfang Dezember vom MDV vorgestellten sechs „alternativen Finanzierungsmodelle“ genauer unter die Lupe zu nehmen. Er hat es gründlich gemacht. Und wenn die Ratsmitglieder aus dem Tarifgebiet des MDV seine Analyse lesen, dürfte ihnen die Lust, auch nur eins der vorgeschlagenen Modelle zu beschließen, schnell vergehen. Auch das hochgehypte „Bürgerticket“ ist nur eine versteckte Tariferhöhung, nichts anderes.
LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug aus Ausgabe 38Für alle LeserWer sich die sechs Vorschläge des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) in Ruhe anschaut, wird schnell feststellen: Eine tiefgehende strukturelle Veränderung des Angebotes an die Fahrgäste ist nicht darunter, Preissenkungen auch nicht und eine massive Angebotsverbesserung wird eher angedeutet, als ehrlich durchgerechnet. Die meisten der immerhin 200.000 Euro teuren Ideen zielen nach zwei Jahren grübeln, studieren und forschen darauf ab, einen neuen Topf zu finden, der die Löcher stopfen soll, die die fehlenden Steuergelder im ÖPNV gerissen haben und weiter reißen werden.
LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug aus Ausgabe 38Für alle LeserZwei Jahre hat der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) an den möglichen alternativen Finanzierungskonzepten für den MDV im Raum Leipzig und Halle gearbeitet. Rund 200.000 Euro haben die sechs in Auftrag gegebenen Gutachten gekostet, die jetzt den Lokalparlamenten des Geltungsgebietes vorliegen. Alle sechs Vorschläge haben Vor- und Nachteile. Alle sechs gehen davon aus, dass die öffentliche Hand die Kostensteigerungen bei Bahn und Bus nicht mehr ausgleichen wird und die Fahrgäste jede weitere Kostensteigerung tragen werden müssen. Wenn sich nichts ändert.
Es drängt auf die Tagesordnung und die Stadt Leipzig kann nicht länger ausweichen: Wenn der ÖPNV auch in der wachsenden Stadt funktionieren soll, dann muss der Ausgleichsbetrag an die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) steigen. Und zwar ab 2018 um 3 Millionen Euro. So haben es linke und grüne Fraktion gemeinsam beantragt. Und sie bleiben dabei, auch wenn die Verwaltung meint, das Geld sei gar nicht da.
Das Projekt „LZ TV“ (LZ Television) der LZ Medien GmbH wird gefördert durch die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
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